Miss Wyoming
mehr den Mumm, bei anderen Sendern Klinken putzen zu gehen. Dafür war ich zu alt. Und wenn man im Wettergeschäft alt ist, wird man entweder ganz schnell zu einem verschrobenen Eunuchen, oder man geht. Also bin ich gegangen.«
»Zeigen Sie mal her.« Sie setzte sich hin. »Legen Sie Ihren Fuß auf meinen Schoß.«
Eugene stellte den Kopierer ab, und Stille erfüllte die Luft wie hart gewordenes Acryl. Er setzte sich Susan gegenüber auf einen Stuhl, schwang sein Bein hoch und ließ es in ihren Schoß fallen.
Susan sagte: »Mom hat mir eingebläut, nie ein Wort oder einen Satz zu sagen, ohne mir vorzustellen, dass ich von einem Preisrichter belauscht werde. Daher werde ich mein ganzes Leben lang von einer unsichtbaren Flottille von Seifenoperndarstellerinnen, Chevy-Händlern, Kostümdesignerinnen und TV-Wetteransagern verfolgt, die jedes Wort registrieren, das ich von mir gebe. Das ist mir in Fleisch und Blut übergegangen. Ähnlich wie bei Leuten, die von ihren Eltern gezwungen wurden, zwanzig Mal zu kauen, bevor sie ewas herunterschlucken - und schon macht ihnen die Zwanzig das Leben zur Hölle.« Sie sah Eugene in die Augen: »Tut es weh, wenn ich das mache?« Langsam wurde die Atmosphäre von der Ich-glaub-ich-träume-Aura erfüllt, die guten Sex begleitet. »Nein. Stellenweise spüre ich es überhaupt nicht. Stellenweise fühlt es sich an wie eine ganz normale Berührung und ...« Susan schaute ihm in die Augen und übte stärkeren Druck aus, aber nun ging sie gezielter zu Werke und knetete die beiden ledrigen Flächen der Sohle und die zarten Stellen zwischen den Zehen.
»Ich hab Sie in jener Nacht gesehen - bei der Misswahl. Sie haben gezwinkert. Ich hab fast einen blauen Fleck davon bekommen«, gestand Susan. Ihre Hände schlössen sich um seine Knöchel. Sie starrte ihn durchdringend an: »Ich habe diese Woche eine Menge durchgemacht. Ich möchte duschen, Eugene.«
Er stieg ihr voran die Kellertreppe hoch und führte sie ins Badezimmer. Susan drehte das saubere, heiße Wasser auf, und im Nu waren sie nackt und nass und fielen übereinander her wie balgende Hunde. Susan spürte, dass ihre Haut wie erlöst aufschrie, als wäre sie lange Zeit dem Ersticken nahe gewesen, und sie fühlte sich wie in einem rasend schnellen Aufzug. Sie prallten gegeneinander und schwitzten dabei Wut, Lust und Einsamkeit in ungekannter Intensität aus, bis das Wasser schließlich kalt wurde und sie aus der Badewanne stiegen. Eugene öffnete einen Schrank, der zu Susans Überraschung frische Handtücher enthielt.
Ein paar Minuten später suchte sie in Renatas ehemaligem Schrank nach etwas zum Anziehen. »Ich werde mir eine von diesen Bob-Mackie-Roben hier ausleihen. Wie ich sehe, hat sie ihre Sachen hier gelassen.« Hunderte von Kleidern und Ensembles hingen an einem automatischen Förderband, wie man es aus der chemischen Reinigung kennt. Die Sachen vollführten einen kleinen Hüpfer, als Susan das Gerät an-und wieder ausstellte. »Junge, Junge, wenn Mom das sehen könnte!«
»Herrje, stell das Ding ab. Das Geräusch ist wie die Erkennungsmelodie einer Serie, die ich mir nicht mehr angucke.«
»So schlimm kann sie doch nicht gewesen sein.« »Du warst doch auch mal verheiratet.«
»Bin ich nach dem Gesetz immer noch. Wir haben uns nicht scheiden lassen.«
»Ein Rockstär, ja? Der ist bestimmt hart drauf.«
»Chris? Hart ja, aber nicht bei mir. Er ist stockschwul. Ich habe ihn geheiratet, damit er eine Green Card bekam und ich in der Nähe seines katholischen und sehr verheirateten Managers Larry Mortimer bleiben konnte.« Sie hörte auf, mit dem Förderband zu spielen.
Eugene wählte eine Nummer auf dem schnurlosen Telefon, um Lebensmittel zu bestellen. »O Gott.«
»Was?«
»Du bist wirklich echt«, fragte er. »Und nicht...?«
Er legte sich aufs Bett und starrte den Deckenventilator an. »Ich hab hier das große Los gezogen. Meine Zeit gehört mir allein. Ich muss mich nicht ...«
»Was?«
»Mit Menschen abgeben«, stieß Eugene hervor.
Susan sah ihn an. »Stimmt. Du hast wirklich das große Los gezogen.«
Nun sahen sie beide an die Decke und hielten Händchen. Eugene fragte: »Was haben die Zielgruppenvertreter über dich gesagt?«
»Was meinst du?«
»Du weißt schon. Die Zielgruppenvertreter. Die Leute, die sie geholt haben, damit sie dich auseinander nehmen, weil der Sender wissen wollte, was dich zu dir macht.« Susan wurde neugierig. »Wozu?«
»Ich erzähl dir, was sie über mich gesagt haben.
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