Miss Wyoming
Aniston die Aufnahmen um drei Tage verschoben hat, weil sie eine Brustwarzenreizung hatte.«
»Weißt du, woran mich das erinnert?«, fragte Susan, während sie mit einem Finger am Rand eines Glases Erdnussbutter entlangfuhr. »An letzten Monat, als du das Gerücht in Umlauf gebracht hast, Keanu Reeves sei von reversen Fleischfressermikroben befallen.«
»Das war echt ein Klassiker, was?«
»Als ob das Gehirn nicht wüsste, welches Bild es sich daraus zusammenreimen soll.« Susan probierte die Erdnussbutter und fand sie köstlich.
»Das sind die coolsten Gerüchte«, sagte Randy. »Wie das, was ich mir zu Helen Hunt ausgedacht habe - dass sie sich operativ die Überreste eines verkümmerten Biberschwanzes vom unteren Ende der Wirbelsäule entfernen lassen musste.«
»Noch so ein Klassiker.« Susan raffte eine Schachtel Ritz-Cracker und ein paar Äpfel zusammen. Sie küsste Randy auf die Stirn, verstreute ein paar Krümel auf seine Tastatur und stapfte dann nach oben.
Randy war ein Gerüchtemakler. Bis die 90er anbrachen, hielt er sich für ein Klatschmaul, aber vor allem betrachtete er sich, was viel aufschlussreicher ist, als eine Null, eine Art außerirdisches Kind der Liebe, das auf der Schwelle eines Siedlungshauses in Eerie, Pennsylvania, ausgesetzt wurde, wo es zu einem tolpatschigen, menschenscheuen Jungen heranwuchs. Randy lag dreißig Prozent über dem landesweit für seine Größe empfohlenen Körpergewicht, und er besaß eine so dermaßen Eerie-untypische Empfindsamkeit, dass er noch nicht einmal den Klassenclown oder das treudoofe Maskottchen für die grausamen hübschen Mädchen spielen konnte. Die Einzigen, mit denen er sich je anzufreunden versuchte, waren die burschikosen Zynikerinnen, mit denen er die Mademoiselle auseinander pflückte und die offenbar ausschließlich mit verheirateten Männern Affären hatten - Mädchen, die Eerie, kaum dass sie mit der High-School fertig waren, den Rücken kehrten.
Randy hatte es nicht fertig gebracht, aus Eerie auszubrechen.
Dafür hätte er einen Teufel, den er kannte, gegen einen unbekannten eintauschen müssen. Als Teenager war er dem Teufel, mit dem er auf keinen Fall etwas zu tun haben wollte, 1982 in einer Fernsehdokumentation zum ersten Mal begegnet. Der Teufel war vielleicht fünfzehn Sekunden lang auf dem Bildschirm, aber das reichte.
Fünfzehn Jahre später beherrschte dieser Teufel immer noch sein Denken, in Form eines kranken, schwulen Klons, der ausgemergelt, schnauzbärtig und dahinsiechend das Tor zur Hölle bewachte. Er vollführte knochige, lockende Disko-Hüftschwünge, und seine Haut war von den pflaumenfarbenen Flecken des Kaposi-Sarkoms übersät. Seine Augen hatten sich durch eine Zytomegalie-Virusinfektion in eine gallertartige weiße Masse verwandelt. .
In Randys Phantasie trug der kranke Mann von zirka 1985 an Chaps und einen Cowboy-Hut. Ungefähr 1988 begann er Randy jedes Mal, wenn dieser an ihn dachte, mit toten weißen Augen zuzuzwinkern. Wenn der Cowboy für das Erwachsensein stand, dann wollte Randy damit nichts zu tun haben. Wenn das das Symbol für Sex war, dann würde er Mönch werden. Und aus diesem Grund hatte er Eerie nicht verlassen, wo es trotz allem, was gegen dieses Kaff sprechen mochte, anscheinend wenigstens keine AIDS-Kranken gab. Aber dann begann er im Laufe der Jahre den Teufel überall zu sehen, wo er ging und stand. 1988 küsste er eines Nachts auf einem Rastplatz vor Altoona einen Lastwagenfahrer. Randy kapselte sich emotional völlig ab und verbrachte die nächsten fünf Jahre damit, auf den Tod zu warten. Als dieser ausblieb, kam er zu dem Schluss, dass er weiterleben würde, aber sein Leben würde eins ohne Liebe und Zuneigung sein, abgesehen von der, die seine zwei spindeldürren, milchkaffeefarbenen Afghanen Camper und Willy ihm schenkten. Er hatte sie als Welpen von der Ladefläche eines 1984er LeBaron weggekauft, der vor einem Liz-Claiborne-Factory-Outlet parkte. Die Fahrerin, ein Hippiemädchen, behauptete, die Welpen würden noch am selben Nachmittag ertränkt, wenn sie bis dahin kein Zuhause gefunden hätten, denn Gott habe sie nach Long Island gerufen, wo sie Teenagern die Haare flechten und den Sonnenaufgang beobachten sollte.
Als er älter wurde und eine Glatze und Falten bekam, meinte Randy, er verdiene keine Liebe und Zuneigung, weil er in all den Jahren keinen Mut bewiesen, nicht gelitten und nicht für das Gute gekämpft hatte. Die neuere, jüngere, hübschere Generation erschien auf
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