Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Missbraucht

Missbraucht

Titel: Missbraucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Berk
Vom Netzwerk:
dann ein besonders hübsches Gimmick, dass seine Sympathie für das Gasthaus noch verstärkte. Über den Urinalen war an einer Pinnwand aus Kork die neuste Ausgabe der BILD-Zeitung angebracht. Richard musste lachen und zollte dem Ideengeber stillen Respekt, wegen dieses originellen und leicht skurrilen Einfalls.
    Als er draußen wieder Platz nehmen wollte, unterhielt sich Heyne gerade angeregt mit zwei Männern. Sie wurden ihm vom Oberkommissar als Acherner Kollegen vorgestellt, die mit den Offenburger Beamten zusammen am Fall Sakic/Baumel arbeiteten und ihre Mittagspause ebenfalls hier verbrachten. Man kannte sich gut.
    Das Bier war eine Erlösung. Oberkommissar Heyne genoss ein Rumpsteak mit extra viel Zwiebeln, das seine Transpiration nur noch mehr zu provozieren schien, dazu eigenartigerweise Käsespätzle und einen Salat des Hauses, der aufgrund der weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Soße ein Muss für alle Besucher war. Richard wollte sich mit einem großen Salat zufriedengeben, fühlte sich aber dermaßen bedrängt von seinem Kollegen, dass er dazu Flammkuchen mit Zwiebeln und Speck bestellte. Flammkuchen war ihm zwar vom Namen her geläufig, aber er hatte eine völlig falsche Vorstellung davon, was es war. Richard stellte sich eine Art Zwiebelkuchen vor und war erstaunt, als man ihm das Gericht servierte, dass es ihn viel mehr an eine Pizza, als an einen Kuchen erinnerte. Die Württemberger hatten diese Spezialität offenbar aus dem benachbarten Elsass annektiert, woher das Gericht, der allgemeinen Überlieferung nach stammte. Daher fehlte der Flammkuchen auf keiner gut ausgestatteten Speisekarte im hiesigen Raum, wie Heyne ihn aufklärte. Eigentlich hätte Richard einen Wein dazu trinken müssen, aber soweit ging seine Neugier auf die regionalen kulinarischen Genüsse dann doch nicht. Er blieb beim Weizenbier, das seiner Meinung nach auch hervorragend dazu passte.
    Aus einem Weizen wurden drei, dafür brauchten sie nur etwas mehr als eine knappe Stunde. Eine stolze Leistung für zwei Beamte im Dienst, die beide selbst noch fahren mussten. Das Bier tat ihrer Zusammenarbeit gut. Die beiden Kommissare wurden sich richtiggehend sympathisch und während des Essens entwarfen sie revolutionäre Pläne hinsichtlich des Polizeidienstes im Allgemeinen und der ihnen zustehenden Besoldung im Besonderen. Den Fall Baumel/Sakic ließen beide außer Acht, obwohl schon längst jeder von ihnen an einer Strategie für die weitere Vorgehens- oder besser, Umgehensweise arbeitete. Heyne gehörte ganz offensichtlich zur Kategorie der Schnellesser. Nach einer Stunde hatten sie getrennt bezahlt und nahmen für die Rückfahrt nach Offenburg diesmal die Autobahn, da Richard langsam drängte. Nicht aber ohne noch vorher von Oberkommissar Heyne durch die Illenau chauffiert zu werden. Das ließ sich Heyne keinesfalls nehmen und Richard bemerkte während der kurzen Sightseeing Tour und auf der Rückfahrt, wie der Offenburger Kollege darin aufging, ihn über die Geschichte des historischen Gebäudekomplexes aufzuklären. Sofort, nachdem sie nach Offenburg zurückgekommen waren, verabschiedete sich Richard von seinem Kollegen und trat um 13 Uhr die Heimreise an. Während der Fahrt nach Koblenz zog Richard Resümee.
    Die Fahrt nach Achern zum Fundort der Leichen hätte er sich sparen können, sie hatte keine weiteren Aufschlüsse gebracht. Der Fairness halber bleibt anzumerken, dass in Richards Kopf bei seinen Recherchen am See, längst die Festnahme und das Verhör von Uwe Stromberg im Fokus standen. Seine Konzentration hatte er unterschwellig längst heruntergefahren, denn für ihn war der Fall geklärt. Aus diesem Grund war die Dienstreise insgesamt natürlich als grandioser Erfolg zu werten, dachte er sich, als er in dem von der Sonne aufgeheizten Passat auf der Autobahn unterwegs war. Es war brütend heiß in dem Wagen und zu allem Überfluss musste Richard feststellen, dass das Gebläse seinen Geist aufgegeben hatte. Aus diesem Grunde war mit einer Verbesserung seiner Situation bis Koblenz nicht zu rechnen. Richard überlegte, ob er Uwe Stromberg noch am Abend festnehmen sollte oder erst am nächsten Tag. Stromberg würde nicht untertauchen, warum auch? Er konnte nicht ahnen, dass er überführt und zur Strecke gebracht war. Eine Verhaftung am gleichen Abend sah Richard als puren Aktionismus an. Morgen hatten sie alle Zeit der Welt, warum also heute so die Welle machen, würde nur ein ellenlanger Tag werden. Richard hatte

Weitere Kostenlose Bücher