Missbraucht
haben."
"Ich versteh das nicht. Sollen die Kinder was mit Baumels Verschwinden zu tun haben?", fragte der Doktor kopfschüttelnd.
"Keine Ahnung. Aber wir müssen allen Spuren nachgehen und ich glaube, dass ein Zusammenhang besteht. Ich bin mir sogar sicher", antwortete Sandra und schaute fast bettelnd auf die Flasche Wasser.
"Was ist nun mit dem Schlüssel, würden Sie ihn mir geben?"
"Ach so der Schlüssel, hier bitte." Heb zog einen ganzen Bund aus der Tasche und löste Baumels Wohnungsschlüssel vom Ring.
"Danke Herr Doktor. Dürfte ich hier irgendwo mal die Toilette benutzen?" fragte Sandra und lächelte Heb mädchenhaft an.
"Natürlich. Wenn Sie die Treppe runter gehen, sind auf der linken Seite im Flur zwei Besuchertoiletten."
Sandra deutete so etwas wie einen Knicks an und verließ das Büro. Sie musste nicht für kleine Mädchen, sie hatte nur Durst und war froh, als sie in der Toilette ihren Mund unter den Wasserhahn des Handwaschbeckens halten konnte. Das Wasser war herrlich kalt und tat ihr gut.
*
25.06.1994
14:00 Uhr! Jetzt schlug die Stunde des Jägers in Friedhelm Heb. Wenn er überhaupt noch eine Chance haben wollte, musste er handeln, und zwar schnell. Stromberg musste weg. Sofort und für immer. Mathae musste auch weg, aber das würde er nicht übers Herz bringen, dafür fehlte ihm noch der letzte Rest Entschlossenheit. Er musste schnellstens eine Lösung finden. Die Zeiger der Uhr zeigten auf fünf vor zwölf. In seinem Kopf fuhr eine Achterbahn mit wahnsinniger Geschwindigkeit. Tausend Möglichkeiten arbeitete er in Sekundenschnelle ab.
Kaum hatte Sandra Götze sein Büro verlassen, machte er sich auf den Weg in die Küche. Er hoffte darauf, dass er Nicoletta antreffen würde. Normalerweise musste sie um diese Zeit noch arbeiten, aber wie alles im Moment gegen ihn lief, hatte er fast die Befürchtung, dass sie krank oder im Urlaub war. Hoffentlich nicht jetzt, mach, dass sie da ist, ging es ihm durch den Kopf.
Dr. Heb stieß die Tür förmlich auf. Mit seinen raumgreifenden Schritten suchte er die große Küche ab. Er vergaß dabei nicht, Frau Stromberg und eine Kollegin, die gerade dabei waren, die Servierwagen für das Abendessen mit Geschirr zu bestücken, im Vorbeigehen zu grüßen. Nicoletta sortierte Besteck in dafür vorgesehenen Schubladen.
"Frau Tschetschowa kann ich Sie einen Augenblick sprechen?", sagte Dr. Heb in nachdrücklichem Ton.
Nicoletta war sichtlich überrascht. Der Chef ließ sich selten in der Küche blicken und wenn, handelte es sich in der Regel um einen Routinerundgang. Sie bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Heb sah völlig aufgelöst aus. Der Schweiß schien in Strömen seinem Oberkörper hinunterzulaufen, wie sie beim Anblick seines Hemdes mutmaßen konnte.
" Äh ... natürlich. Worum geht es?", etwas anderes fiel ihr so plötzlich nicht ein.
"Es sind ein paar Unregelmäßigkeiten mit Ihrer Abrechnung zu klären. Scheinbar hat sich ein Fehler eingeschlichen.", Dr. Heb war selbst über sich erstaunt, wie schnell ihm ein plausibler Vorwand eingefallen war. "Wenn Sie mich bitte in mein Büro begleiten würden."
Nicoletta schaute verdutzt in die Richtung ihrer Kolleginnen und zuckte fragend mit den Schultern. Dann nickte sie Herrn Heb zu und entledigte sich der Schürze, die sie auf der metallenen Anrichte ablegte. Gemeinsam mit Dr. Heb verließ sie die Küche. Eigentlich war es sonderbar, dass der Chef seine Angestellten selbst abholte, aber weder Karin Stromberg noch ihre Arbeitskollegin nahmen weiter Notiz von diesem Umstand.
Sie kam kaum hinter Heb her, solch ein Tempo legte er auf dem Weg zurück in sein Büro vor. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, fragte Nicoletta wohl wissend, dass etwas Außergewöhnliches passiert war:
"Was ist denn los?"
"Was habt ihr mir denn für einen Scheißdreck aufgetischt? Von wegen, Leiche versenkt und so! Alles gelogen! Der Doktor war nahe an einem lautstarken Tobsuchtsanfall.
"Uwe, sie haben Uwe!", die Antwort reichte. Nicoletta wusste, was das bedeutete.
"Was? Ich habe ihn doch heute Mittag noch gesprochen."
"Wo?"
"Wir haben uns in der Mittagspause getroffen, es war alles klar."
"Ist er noch am Arbeiten?", fragte der Doktor und schloss das offen stehende Fenster, obwohl ihnen niemand zuhören konnte.
"Ja, ich denke schon. Er hat nichts anderes gesagt."
"Er muss weg. Sofort." Hebs Stimme hatte nun den gleichen entschlossenen Klang, wie in jener Nacht, in der, Frank Baumel erschlagen
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