Missbraucht
gehalten."
"Und woher willst du so genau wissen, dass es die Uhr ist, die fehlt?"
"Richie ... es war eine Rolex, wir haben doch die Rechnung. Uwe Stromberg trägt eine Rolex am Arm, eine Submariner. Glaubst du etwa, dass sich Stromberg als kleiner Hilfshausmeister eine Rolex leisten könnte?"
"Vielleicht war es eine Fälschung. Was glaubst du, wie viele davon im Umlauf sind?", Richard harkte nach.
"Das wäre mehr als ein Zufall. Bei Baumel fehlt exakt eine Rolex Submariner und Stromberg trägt zufälligerweise einen Blender, genau von diesem Modell. Also das willst du mir jetzt nicht wirklich erzählen", die Polizeiobermeisterin kämpfte um Anerkennung für ihre erfolgreiche Ermittlungsarbeit.
Ein kurzer Moment des Schweigens, es schien, als müssten beide kurz rekapitulieren.
"Gute Arbeit Sandra. Ich bin stolz auf dich", Richards Lob war nicht gelogen. "Echt gut gemacht. Also pass auf den Stromberg auf, lass ihn nicht aus den Augen, aber unauffällig, hörst du."
"Natürlich, ich bin doch keine Anfängerin."
"Gut Mädchen, dann sehen wir uns nachher noch", sagte Richard und kappte mit einem einfachen Fingerdruck die Verbindung.
*
29.06.1994
Martina Heb hasste es, bei diesen Temperaturen in ihrer Wohnung zu sitzen. Es war nicht so, dass sie die Hitze nicht ertragen konnte, denn die dicken Außenmauern ihrer Wohnung im Altbau des Wohnheims hielten die Zimmer recht kühl, selbst bei diesen hochsommerlichen Wärmegraden. Ihrem eigenen Anspruch nach, würde es ihr viel mehr zustehen, den Nachmittag mit Freundinnen in einem klimatisierten Café zu verbringen oder zumindest sonnengeschützt im Außenbereich eines solchen zu sitzen und Leute zu beobachten. Dementsprechend gestylt verbrachte sie selbst die einsamsten Nachmittage in ihrer Wohnung. Zu einem beigen Rock, der ihr bis zu den Knien reichte, trug sie eine zartrosa seidene Bluse und schwarze Sandaletten. Das Haar war perfekt frisiert und außerdem hatte sie Schmuck angelegt, den eine normale Hausfrau wohl nur an Heiligabend oder zur Hochzeit ihrer Kinder getragen hätte. Vom Outfit her passte sie eher nach Düsseldorf auf die Kö, als hier nach Montabaur, wo sie hinter den Mauern des Jugendheims ein tristes Dasein frönte. Sie fühlte sich wie Dornröschen, sie musste nur richtig wachgeküsst werden. Beim Gedanken daran erwischte sie sich beim Lächeln und es war ihr kindlich peinlich. Gut, dass sie niemand sehen konnte . Sie zog es ernsthaft in Erwägung, sich einen Liebhaber zu suchen, dann könnte sie wenigstens solche langweilige Nachmittage wie diesen überbrücken. Außerdem würde ihr der Sex auch nichts schaden. Endlich einmal ausbrechen aus diesem goldenen Käfig, in den sie sich aber letztendlich selbst hinein gesperrt hatte. Und nicht nur das, eigentlich trug sie die Schuld daran, dass in ihrer Ehe mit Friedhelm der Sex nur noch als das stattfand, was man unter "ehelichen Pflichten" verstand. Dabei dachte sie oft darüber nach, dass sie gerade jetzt in einem Alter war, indem sie Sex mehr denn je genießen konnte und wollte. In ihrer Fantasie liefen Bilder eines Films ab, der ihr die Schamesröte ins Gesicht trieb. Je mehr sie sich damit auseinandersetzte, umso mehr konnte sie sich damit anfreunden. Irgendwann, wenn sie genug Mut gesammelt hatte, wollte sie die Erfüllung noch erleben. Aber nicht mit Friedhelm . Sie erwischte sich immer häufiger bei diesem Gedanken und musste dann zwangsläufig lachen. Wie hielt sie es nur mit diesem Langweiler aus, ob wohl noch mehr Ehen, so monoton wie die Ihrige, verlaufen würden, fragte sie sich immer öfter. Es gab Tage, da gingen ihrem Ehemann Herrn Dr. Friedhelm Heb fast die gleichen Gedanken durch den Kopf. Oft hätte er, wer weiß was dafür gegeben, den Feierabend nicht mit seiner Frau verbringen zu müssen. Aber an diesem Tag sollte Martina ihm zu einer unfreiwilligen Helferin in einem heimtückischen Plan werden.
Vom Büro aus wählte er seine Frau an, die gerade dabei war, in den auf dem Esszimmertisch ausgebreiteten Urlaubskatalogen Angebote für den nächsten Kurzurlaub zu studieren. Einfach wieder raus hier und sowieso, der Aufenthalt in Frankfurt hatte ihr gut getan. Außerdem ist es eine gute Gelegenheit Männer kennenzulernen. Sie lächelte, da klingelte das Telefon. Sie hob den Hörer ab und richtete dabei instinktiv ihr Haar, als ob sie begutachtet werden würde.
"Ja, Heb", meldete sie sich.
"Hier auch. Ich bin es", meldete sich der Doktor. Ihm war es genauso peinlich, wie es ihr
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