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Missbraucht

Missbraucht

Titel: Missbraucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Berk
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nicht entziehen. Er war verblüfft, wie Nicoletta das alles hinbekommen hatte, und konnte es eigentlich gar nicht glauben.
    "Kommen sie Herr Doktor", forderte ihn Nicoletta noch einmal auf und gab ihm mit ihrer Hand zu verstehen mit zu kommen.

    *

29.06.1994
    Richard tänzelte eher, als das er ging. Immer wieder drehte er sich in dem verglasten Gang um und schaute nach hinten zum Eingang, in der vagen Hoffnung zufällig etwas von Stromberg oder dem Jungen zu sehen. Durch das Glas der Scheiben brezelte die Sonne, die nun ihre ganze Kraft entfaltete. Richard fühlte sich wie durch Wasser gezogen, so war er am schwitzen. Dabei fing Jürgen Stumpf an, ihn mit seiner permanenten Fragerei zu nerven, was Richard nun gar nicht gebrauchen konnte. Der Kommissar rekapitulierte im Schnelldurchgang den Fall und versuchte die Zusammenhänge zwischen Baumel, Mathae und Stromberg zu konstruieren. Er spürte, dass irgendetwas nicht stimmte an dem Fall. Er hatte plötzlich das untrügliche Gefühl, dass Uwe Stromberg aus welchem Grunde auch immer befürchtete, dass man ihm im Nacken saß. Eigentlich unmöglich, warum sollte er ahnen, dass er verhaftet werden sollte. Beim Gedanken daran wurde es Richard noch heißer und ungemütlicher. Im Hinterkopf begann er sich Vorwürfe zu machen. Habe ich Zeit liegen gelassen? Was ist mit dem Jungen? Er war lange genug Polizist und ihn beschlich mehr und mehr eine Ahnung, dass Mathae in höchster Gefahr war, auch wenn er sich noch keinen Reim darauf machen konnte, welche Verbindung zwischen Uwe Stromberg und dem Jungen bestand. Als sie den Flur hinter sich gelassen hatten und in der großen Aufenthaltshalle standen, schauten sie sich an. Ratlosigkeit stand ihnen im Gesicht geschrieben. Ihre Hektik und ihr Aktionismus endeten hier. Richard musste sich eingestehen, dass ihre Suche nach Uwe völlig planlos war. Sie hatten keinen Hinweis, der ihnen wenigstens einen Anhaltspunkt hätte geben können, in welche Richtung sie sich begeben mussten. Sie wussten ja nicht einmal, ob Stromberg den Jungen noch bei sich hatte, geschweige denn, ob Stromberg sich überhaupt noch im Gebäude oder auf dem Gelände befand.
    "Was machen wir?", fragte Stumpf, die die Hände in die Hüften gestemmt hatte und da stehend, wie zum Sprung bereit. Richard hätte schreien können. Er antwortete nicht, sondern kniff die Augen zusammen, presste die Lippen aufeinander und schüttelte mit dem Kopf. Er versuchte nachzudenken, aber es mündete in Fehlversuchen.
    "Scheiße, verdammte!"
    Alles war ruhig, niemand war zu sehen. Einige der Heimbewohner waren noch in den Studiersälen, in denen die Hausaufgaben gemacht wurden. Der weitaus größte Teil der Jugendlichen befand sich inzwischen beim Abendessen im Altbau. Hingegen war der komplett neue Gebäudeteil um diese Uhrzeit wie ausgestorben. Durch eine der Scheiben erblickte der Polizeimeister kurz Oberkommissar Wagner, der ihm mit ausgebreiteten Armen und achselzuckend zu verstehen gab, dass die Suche auf dem Außengelände bis dato nicht von Erfolg gekrönt war.
    Der Kommissar wollte sich gerade auf einen der Stühle setzen, die rings um den mit allerlei alten Comics und Brettspielen beladenen Tisch standen, als sie einen dumpfen Knall hörte. Eine kurze Pause, dann wieder. Diesmal zweimal ganz kurz hintereinander. Richard sah sich blitzschnell in alle Richtungen um. Er hatte zwar nicht mehr das beste Gehör, aber er war lange genug bei der Polizei, um dieses Geräusch auf Anhieb zu identifizieren. Das waren Schüsse! Man hätte glauben können, es wäre die Abendglocke gewesen, denn es war fast Punkt 18 Uhr. Kommissar Mees und der junge Polizeimeister schauten sich kurz an und nahmen Tempo auf.
    "Das kam von unten, denke ich", rief Richard Stumpf zu und gab die Richtung vor. Zwei, drei Stufen auf einmal nehmend, stürmten sie nebeneinander die Treppe zum Keller hinunter, wobei sich der junge Kollege in Sachen Schnelligkeit dem Kommissar klar geschlagen geben musste.

    *

29.06.1994
    Nicoletta öffnete die Tür zum Schuhputzraum, trat vor und machte dann einen Schritt zur Seite. Sie hatte den Doktor am Arm gefasst und nach sich gezogen. Im Augenblick, als sich die Tür schloss, das Licht anging und Dr. Heb spürte, dass sich eine Hand auf seinen Mund legte und sich ein mächtiger Arm, mit der Kraft einer Anaconda um seinen Oberkörper schlang, war alles eins. Gegen den urwüchsigen Druck, den Uwes Arme ausübten, gab es kein Ankommen seitens von Friedhelm Heb. Mit weit

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