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Missbraucht

Missbraucht

Titel: Missbraucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Berk
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Deshalb lösten sie ihre kleine konspirative Sitzung zum Verdruss, der ohnehin nur spärlich erschienenen Vertreter aus der heimischen Wirtschaft umgehend auf.
    "Frau Heuss kommen sie, wir müssen nach Montabaur", sagte Koepp, während er den beiden Männern die Hand schüttelte und ihnen ohne Worte unmissverständlich klar machte, dass er ihr Mann sei und die Angelegenheit im Sinne der Partei bearbeiten würde. Zusammen mit den Politikern verließen sie das Kurhaus und trennten sich mit einem Händedruck voneinander. Frau Heuss und Herr Koepp stiegen in ihren Dienstwagen und fuhren Richtung Westerwald. Ihrem dunkelblauem BMW folgte in einem respektablen Abstand der Dienst Mercedes von Herrn Jung. Die Herren von der FSU wollten sich die Chance auf eine sensationelle Festnahme und der vielleicht damit verbundenen Möglichkeit auf Publicity genauso wenig nehmen lassen, wie der Oberstaatsanwalt. Außerdem setzten sich nur Minuten später, zwei Reporter der hiesigen Lokalzeitung und ein immer "Gewehr bei Fuß" stehendes Fernsehteam eines
    Regionalsenders , Richtung Montabaur in Bewegung. Allesamt waren sie von dem umtriebigen Herrn Göttert informiert worden.

    *

29.06.1994
    Aus den Augenwinkeln heraus konnte Nicoletta die beiden Silhouetten erkennen. Instinktiv wusste sie, dass es die Polizei war. Ihr blieb nicht mehr die geringste Zeit. Ohne die Tür zu schließen und das Licht auszumachen, begann sie zu rennen.
    Weder der Kommissar noch der Polizeiwachtmeister hatten auf die Schnelle erkennen können, dass es sich bei der Person, die versuchte zu flüchten, um eine Frau handelte. Sie mussten, aus dem Hellen kommend, plötzlich in den dunklen langen Gang schauen und so schnell konnten sich ihre Augen nicht auf die neuen Gegebenheiten umstellen..
    "Halt, bleiben sie stehen!", rief Jürgen Stumpf und hörte sich dabei schon fast erschöpft an.
    Keine Reaktion. Die kurzen, schnellen Schritte der flüchtenden Gestalt hallten durch den dunklen Gang. Die beiden Beamten hatten gute Karten um die Verfolgung zu gewinnen, aber ein kurzer Blick von Jürgen Stumpf in die offenstehende Tür ließ ihn abrupt abbremsen. Ein zweiter Blick genügte, um ihn ein lautes, schrilles "Herr Mees, Hilfe!" ausstoßen zu lassen. Der Kommissar, der glaubte einen leichten Bodengewinn gegenüber der flüchtenden Person ausgemacht zu haben, stoppte aufgrund des fürchterlichen Schreis seines Kollegen und machte wutschnaubend kehrt.
    "Was ist los, ich hatte ihn fast!", keuchte Richard und stützte sich für einen Moment tief Luft holend auf die Knie.
    Wieder ein lautes, fast verzweifeltes Schreien aus dem Schuhputzkeller : „Mensch, kommen sie her!", Stumpfs Stimme klang verzweifelt.
    Als Richard durch die Tür trat, packte ihn das blanke Entsetzen.
    Er stand in einer großen Blutlache, rechts neben ihm lag eine Leiche mit zerfetztem Gesicht und vor ihm hing der Körper von Friedhelm Heb, den sein Kollege mit ganzer Kraft ein Stück hochhielt, um dem Strick die Spannung zu nehmen.
    "Helfen sie mir, ich kann ihn allein nicht ewig halten", schnaubte Stumpf aufgeregt.
    Mit zwei Schritten war Richard bei ihm, umklammerte Hebs Oberschenkel und half den Körper des Doktors hochzuhalten.
    "Lösen sie den Strick, solange habe ich ihn noch", forderte Stumpf seinen Kollegen keuchend auf.
    Richard stieg auf den Stuhl und versuchte sich an dem Knoten. Vergebens, der Knoten war viel zu stramm.
    "Ich schaffe es nicht, Scheiße!", brüllte der Kommissar. "Ich versuch, die Schlinge am Hals zu lösen." Der Polizeimeister konnte den Doktor durchaus noch halten, aber am gelegentlichen Zucken, das durch dessen Körper lief, spürte er, dass Heb mit jeder Sekunde, gegen den Tod kämpfte. Richard schaffte es wieder nicht.
    "Kommen sie runter vom Stuhl. Stellen sie ihn unter seine Füße."
    Richard tat wie von dem jungen Mann befohlen, aber es brachte sie nicht weiter. In dem Augenblick, als Stumpf dachte, er könne loslassen, merkte er, dass der Doktor vorn überzukippen drohte. Es war fast wie Comedy. Außerdem verloren sie jede Menge Zeit. Zu zweit fixierten sie Hebs Körper und hielten ihn in Balance. Dann stieg Richard entschlossen neben Heb auf den Stuhl, nahm seine Dienstwaffe, spannte mit der anderen Hand den Strick und schoss. Das war der Augenblick, in dem die Bewunderung des Polizeimeisters Stumpf für seinen Kollegen von der Kripo astronomische Höhen erreichte. Mit größten Mühen schaffte es Richard vom Stuhl zu steigen, nicht ohne sich von Stumpf halten

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