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Missbraucht

Missbraucht

Titel: Missbraucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Berk
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betreiben würde. Das war nicht fair. Nicht fair Sandra gegenüber und nicht fair, dem kleinen toten Jungen gegenüber.
    Koepp würde Nicoletta Tschetschowa und Uwe Stromberg als Täter präsentieren, das war klar. Als die beiden, die für den Tod von Frank Baumel und des kleinen Mathaes verantwortlich waren und wahrscheinlich auch die zweite Leiche im Schwarzwald auf dem Gewissen hatten. Warum sie allerdings versucht hatten Doktor Heb umzubringen, erschloss sich ihm nicht. War er ihnen auf die Spur gekommen und warum erschoss Nicoletta ihren Komplizen? Es gab noch einige offene Fragen, über die zurzeit wohl nur die Frau Auskunft geben konnte oder Friedhelm Heb. Dabei blieb abzuwarten, wie es gesundheitlich um den Doktor stand.
    Richard war wirklich fertig. Er nahm noch einen Schluck Kaffee, zog sich aus, stellte den Wecker und legte sich schlafen. Es war zwei Uhr.

    *

30.06.1994
    Punkt S echs wurde er vom schrillen Alarmton seines Weckers aus dem Schlaf gerissen. Richard brauchte nicht lange. Er war sofort wach. Zuerst setzte er Kaffee auf und dann ging er ins Bad. Seine Gedanken switchten zwischen Sandras Befindlichkeit und dem anstehenden Tag hin und her. Er nahm sich vor, im Laufe des Vormittags im Krankenhaus anzurufen, um sich nach ihrem Zustand zu erkundigen und sobald die Pressekonferenz vorbei war, würde er sie besuchen. Jetzt galt seine Konzentration erst einmal dem Kaffee und seinen Ausführungen zum Fall. Den Kampf mit Nicoletta spürte er doch mehr als gedacht. Der Kommissar musste beim Sitzen sein Gewicht ständig verlagern, da er je nach Sitzposition ein ziemliches Stechen im linken Hüftbereich bemerkte. Die Schmerzen waren das Abfallprodukt vom Aufprall gegen die Tür. Sein Gesicht hingegen war trotz Nicolettas Schläge kaum in Mitleidenschaft gezogen. Eine leichte Verfärbung unterhalb des linken Auges konnte man bei genauem Hinsehen erkennen und die Unterlippe hatte einen kleinen Riss davon getragen. Ansonsten war er optisch unversehrt.
    Die WM hatte er komplett ausgeblendet. Richard war zu 100 % auf den Fall fixiert.
    Er trank zwei große Tassen Nescafe, zog sich zwischendurch an und verließ schon um zehn vor sieben das Haus. Um 07 Uhr 05 war er im Büro. Seine erste Sorge galt Sandras Blumen. Er hatte das Gefühl, das er nun verantwortungsvoller mit ihnen umzugehen hatte. Der Kommissar setzte sich an seinen Schreibtisch, nahm ein leeres Blatt und fing an zu arbeiten. Richard fasste alles zusammen und konstruierte auf dem Papier Zusammenhänge, aus den Informationen, die er bisher hatte.
    Sollten die Journalisten Wind davon bekommen haben, dass er die Frau überwältigt hatte, stand er im Mittelpunkt des Interesses, soviel war klar. Deshalb würde der Oberstaatsanwalt alles versuchen, ihn so weit aus der Schusslinie zu nehmen, wie nur irgendwie möglich. Koepp würde alles daran setzen, sich selbst in den Fokus der Journalisten zu rücken, um den größten Ruhm abzugreifen. Die Zeitungen, das Fernsehen und der Rundfunk konnten dann das strahlende Bild eines erfolgreichen Oberstaatsanwalts unter die Leute bringen. Eigentlich war es Richard egal, nur musste es ausgerechnet Koepp sein? Mit dem Arschloch hatte er noch eine Rechnung offen, aber er konnte sich nicht dazu durchringen, die öffentliche Bühne der Pressekonferenz dafür zu missbrauchen. Es war die Arena, die sich der Oberstaatsanwalt selbst gebaut hatte. Nirgends sonst kann ich ihn so vernichtend schlagen , überlegte er und merkte, dass die Gedanken an Koepp ihn vom wesentlichen ablenkten. Richard konzentrierte sich wieder auf seine Aufzeichnungen. Er war trotz der kurzen Nacht erstaunlich gut in Form, die Aufbereitung seiner Ermittlungen ging ihm prima von der Hand. Um Punkt Acht hatte er auf vier DIN A4 Seiten alle Fakten, Zusammenhänge und Vermutungen nachvollziehbar zusammengestellt. Er machte sich auf den Weg in das Büro von Paul Mertes.
    Peter Michel und Klaus Sassen hatten schon an einem kleinen Konferenztisch Platz genommen.
    "Morgen zusammen", sagte Richard und hörte sich dabei so motiviert an, dass die Kollegen ihn mit erstauntem Lächeln ansahen.
    "Morgen", echote es zurück.
    "Wow, du bist ja direkt mal pünktlich, damit habe ich überhaupt nicht gerechnet", bemerkte der Polizeidirektor merklich erfreut.
    "Und fit wie ein Turnschuh obendrein", ergänzte Michel. Richard hatte bloß ein schelmisches Grinsen für die Kommentare übrig.
    "Um zehn treffen wir uns in Montabaur mit den Kollegen und dem Oberstaatsanwalt samt

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