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Missbraucht

Missbraucht

Titel: Missbraucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Berk
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damit abzufinden und er haderte herum. Erst dann fragte er, wie es generell um seine Kollegin stand und wie die Operation verlaufen war.
    "Es hat sie ziemlich übel erwischt, aber sie wird wieder auf die Beine kommen."
    "Gott sei Dank", Richard atmete tief durch.
    Der Blick des Doktors wurde skeptischer, als er fortfuhr.
    "Herr Kommissar, Klartext! Inwieweit ihre Kollegin ihren Beruf weiterhin ausüben kann, vermag ich nicht zu sagen, klar ist, dass sie anhaltende Beeinträchtigungen ihrer Organfunktionen davontragen wird. Der hohe Blutverlust ist nicht das Problem, aber sie hat durch den Stich schwere Verletzungen im Bauchbereich erlitten, die es notwendig machten, eine Teilresektion der Leber vorzunehmen und ..."
    " ... und was?"
    " ... und ihr die Milz zu entnehmen."
    Richard spürte, wie seine Knie wankten und musste schlucken. Er wusste zwar nicht, was das für Sandra konkret bedeutete, aber ihm war klar, dass eine Organentnahme weitreichende Folgen hatte. Für einen Polizisten im aktiven Dienst besonders. Er blieb für den Moment stumm und schaute den Arzt mit halb offenem Mund nur an. Doktor Ziemer war ein guter Mediziner, er bemerkte, dass er den Kommissar geschockt hatte.
    "Wie gesagt Herr Mees, sie ist über den Berg und das ist erst einmal das Wichtigste. Sie wird es überleben und sie wird sogar recht gut damit leben können, aber inwiefern die Ausübung des Polizeiberufs beeinträchtigt wird, vermag ich als Chirurg nicht zu beurteilen."
    Richard zerriss es das Herz. Er wusste, wie sehr Sandra ihren Beruf liebte. Sie war gerne Polizistin, auch dann, wenn sie über die schlechte Bezahlung, die vielen Überstunden und denn unüberschaubaren Papierkram herzog. Er konnte sich vorstellen, wie Sandra, auf diese Nachricht reagierte. Alles, nur nicht jetzt anfangen sentimental zu werden.
    "Lassen Sie sie mich trotzdem einmal sehen ... nur ganz kurz."
    Dr. Ziemer bemerkte, wie mitgenommen und geschockt der Kommissar auf seinen Bericht reagierte und gab schließlich Richards Wunsch nach.
    "Okay, zwei Minuten! Aber Sie sprechen sie nicht an."
    "Nein, ich möchte sie nur sehen."
    Der Doktor nickte und rief eine der Schwestern zu sich.
    "Der Kommissar bekommt zwei Minuten, nicht länger." Der Arzt schüttelte Richard die Hand und ging zurück zu der Kaffeerunde.
    "Kommen Sie mit", forderte die Schwester ihn auf und ging voran. Leise öffnete sie die Tür und gab Richard ein Zeichen einzutreten.
    Sandra war bis zum Hals zugedeckt. Sie schlief schon wieder fest und atmete ganz ruhig in schöner Regelmäßigkeit. Eine Menge Schläuche hatte man ihr an Mund, Nase und den Armen angelegt. Weitere verloren sich unter der Bettdecke. Die dazugehörige Batterie von Infusionsflaschen konnte Angst einjagen. Die Schwester trat ans Bett und überprüfte kurz routinemäßig die Apparaturen.
    Richard schaute seine Kollegin mit wässerigen Augen an. Einmal hatte er das Gefühl, sie hätte den Kopf leicht in seine Richtung gedreht und er hätte ein leichtes Zucken in ihren Mundwinkel gelesen. Der Kampf gegen den Klos, der in seinem Hals steckte, forderte den ganzen Kerl. Ein letzter Blick in ihr Gesicht. Dann drehte er sich um und verließ das Zimmer.
    Auf dem Gang nesselte er eine Camel aus der Packung und rauchte trocken. Die Schwester kam kurz nach ihm heraus und schloss die Tür hinter sich.
    "Glauben Sie, ich könnte sie morgen besuchen?"
    "Versuchen Sie es einfach. Vielleicht können sie wieder kurz zu ihr", das Lächeln der jungen Frau tat ihm gut. Er lächelte artig zurück, bedankte sich und machte sich auf zum nächsten Münzfernsprecher, um ein Taxi zu rufen. Es dauerte knapp fünfzehn Minuten. Die Zeit bis dahin vertrieb er sich mit Rauchen und Nachdenken. Er bemühte sich, die Geschehnisse der vergangenen Stunden in einen erklärbaren Zusammenhang zu bringen. Aber das Unterfangen erwies sich als vergeblich, die Gedanken an Sandra waren zu frisch und ließen seine Konzentration auf den Fall sofort wieder wie ein Kartenhaus zusammenbrechen. Es war zwecklos, er musste erst einmal seine Gefühle runterfahren und sich ablenken.
    Richard disponierte um und ließ sich zu Manni fahren. Ohne große Worte nahm er an der Theke Platz und bestellte sich ein Gedeck. Manni kannte den Kommissar gut genug, um zu wissen, dass Konversation in dieser Situation sich nur auf das Nötigste beschränken sollte. Dieses Einfühlungsvermögen schätzten seine Stammgäste und machte ihn zu einem hervorragenden Wirt. Richard nahm sich fünfundvierzig

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