Missbraucht
Gefolge, um uns abzustimmen. Also lasst uns mal sehen, was wir haben", eröffnete Mertes offiziell die Besprechung, "Richard, du hast das meiste beigetragen, schieß los."
Richard nickte kurz und begann anhand seiner Unterlagen mit seinem Bericht.
"Alles deutet darauf hin, dass Nicoletta Tschetschowa, eine Angestellte des Jugendheims und Uwe Stromberg, ihr Liebhaber, der ebenfalls im Heim beschäftigt ist, Frank Baumel getötet haben. Ich geh mal davon aus, dass Frau Tschetschowa die treibende Kraft bei der Tat war. Das ist aber bis jetzt aber nur eine Vermutung von mir. Als Motiv dürfte Habgier infrage kommen. Baumel hatte am Morgen 25000 Mark von seiner Bank abgehoben und irgendwie werden die Beiden wohl Wind davon bekommen haben. Warum sie die Leiche bis nach Achern geschafft oder Baumel erst dort ermordet haben, darüber können wir zum jetzigen Zeitpunkt nur spekulieren. Aber es ist mit angrenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die zweite in diesem Zusammenhang aufgefundene Leiche dort unten im Schwarzwald in irgendeiner Verbindung zu der Frau stand. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen, aber dass es sich bei dem Toten um einen Rumänen handelt, davon können wir nach den Ermittlungsergebnissen unserer Schwarzwälder Kollegen zum jetzigen Zeitpunkt ausgehen. Dies dürfte ein Indiz dafür sein, dass sich die Frau und der Tote kannten. Warum der Mann am Brandort an die Wand genagelt wurde, wird uns wohl nur Frau Tschetschowa erzählen können. Alles Weitere ist Stand jetzt, ohne eine Aussage der Frau, spekulativ. Für die Gründe, warum Uwe Stromberg erschossen wurde und warum der Doktor im Keller hing, gibt es noch keine Erklärung. Wir müssen die Frau befragen. Zu dem Tod des Jungen könnt ihr wohl mehr sagen als ich, ich habe nur meine Vermutungen, die ich aber an offizieller Stelle ohne weitere Beweise nicht vorbringen werde. Ihr wisst warum. Ich glaube einfach, dass dieser Baumel ein Riesenschwein war."
Die anderen sahen ihn überrascht über die klare Ansage, für einen Moment wie entgeistert an. Richard machte eine ganz kurze Pause und trank einen Schluck Wasser, aus einem der kleinen Fläschchen, die in der Mitte des Tisches abgestellt waren. Dann fuhr er fort.
"Wir waren ihnen ganz nah. Wären wir zehn Minuten früher gewesen, war Stromberg vielleicht noch am Leben. Auf ihrer Flucht muss die Frau dann auf Sandra getroffen sein, die nicht ahnen konnte, dass Frau Tschtschowa eine mehrfache Mörderin ist und deshalb völlig unvorbereitet auf sie zuging. Sandra wurde ...", erneut stockte Richard, er musste schlucken und etwas Wasser trinken, "... ebenso niedergestochen und liegt schwer verletzt im Krankenhaus, wie der völlig unbeteiligte junge Mann auf dem Parkplatz, mit dessen Auto die Tschetschowa ihre Flucht fortsetzte."
"Der Mann ist übrigens immer noch nicht über den Berg, er hat sehr viel Blut verloren und sein Zustand ist weiterhin kritisch", klärte der Polizeidirektor die Runde auf. Die Beamten registrierten es mehr professionell als betroffen und Richard berichtete weiter.
"Zusammen mit einem Kollegen habe ich die Frau verfolgt und sie, bevor sie flüchten konnte, in ihrer Wohnung in Montabaur gestellt und überwältigt." Richard beendete seinen Bericht und im Zimmer herrschte kurzzeitiges Schweigen. Es schien, als ob sich die vier Polizisten das Ausmaß der gestrigen Aktion nochmals vor Augen führten. Keiner von ihnen hatte bis dahin Ähnliches erlebt.
"Okay! Danke Richard! Michel, was habt ihr?", forderte der Direktor den Mann von der Spurensicherung auf, seinerseits den Stand der Ermittlungen vorzutragen. Michel berichtete ebenso routiniert über die Auswertung der bisherigen kriminaltechnischen Untersuchungen. Er informierte über die Spuren von den Tatorten, von Baumels Wohnung und der Wohnung der Frau, die natürlich fast die ganze Nacht über nach weiterem Beweismaterial untersucht worden war. Die Auswertung der dort vorgefunden Spuren hatte jedoch bis jetzt noch keine nennenswerten neuen Erkenntnisse zutage gebracht. Fest stand, dass die Frau über eine große Anzahl gefälschter Papiere verfügte und im Besitz einer größeren Summe Bargeld war. Außerdem ist bei ihr Munition gefunden worden, die für die Waffe, mit der Stromberg erschossen wurde, geeignet war.
"Nun gut, das ist doch schon einiges. Mit dem, was die Kollegen aus Montabaur noch haben, können wir die erste Neugier der Journalisten zufriedenstellen. Bis jetzt ein gutes Ergebnis Leute."
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