Missbraucht
für Ilia war. Der Rumäne zeigte eine Kaltblütigkeit, die Uwe erschrecken ließ und gleichzeitig wütend machte.
"Halt die Fresse du dummer Arsch", der Rumäne war wütend. Nicht wegen Uwe, der interessierte ihn gar nicht, sondern mehr über sich selbst und darüber, dass er die Ringe nicht von den Fingern ziehen konnte. Trotz der Leichenstarre dachte Ilia zu wissen, wie er Baumels Finger beweglich machen konnte. Er ballte sie erst leicht zu einer Faust, um sie dann geradezubiegen. Aber die Ringe ließen sich nicht abziehen. Ilia sah, dass es teure Ringe waren und er hatte auf keinen Fall vor, sie dem Toten zu überlassen. Kleine Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Er versuchte es mit allen Kräften, aber er schaffte es nicht.
"Versuch es mit Wasser und Seife", Nicoletta fieberte mit. Uwe sah sie mit dem gleichen entgeisterten Blick an, mit dem er vorher Ilias Treiben beobachtet hatte. Ilia wusste, dass ihr Vorschlag nicht helfen würde. Die Finger waren wie der restliche Körper leicht aufgedunsen. Da half weder Wasser noch Seife.
Ilia fing an zu schwitzen, das und der Umstand, dass seine Anstrengungen an die Ringe zu kommen vergebens waren, machte ihn wütend. "Scheiß drauf!", in diesem Moment hatte Ilia jegliche Hemmschwelle verloren. Er war zu allem entschlossen. Seine Wut war in seinen dunklen Augen abzulesen, die nun den Raum zu sondieren schienen. Er fixierte das Beil, das neben einigen anderen Werkzeugen an der gegenüberliegenden Wand hing. Ilia stand auf, ging festen Schrittes zur Wand und nahm es aus der Halterung. Für Uwe ging das zu schnell, er konnte sich nicht vorstellen, was jetzt passierte. Mit dem Beil in der Hand ging Ilia zurück zur Leiche und stieß mit dem Fuß beide Arme vom Körper weg. Dann schlug er mit der Erbarmungslosigkeit eines Soziopathen zu.
Uwe glaubte nicht, was er sah und hielt sich instinktiv die Hände vor den Mund. Zu spät, es nutzte nichts mehr. Er erbrach sich durch die Finger. Nicoletta war genauso fassungslos. Sie hatte ihrem alten Partner vieles zugetraut, doch das überstieg ihr Vorstellungsvermögen.
Mit zwei gewaltigen Schlägen trennte Ilia der Leiche die Hände ab.
In Uwes Gesicht stand das blanke Entsetzen. Was war das für ein Schwein? Nicoletta schluckte, sagte aber nichts. Ihr Blick wanderte zwischen Ilia, Baumel und den beiden auf dem Boden liegenden Händen hin und her. Sie arbeitete hart an sich, um keine Schwäche zu zeigen.
Ilia ging zwei Schritte zurück, legte das Beil auf den Tisch und nahm sich eine weitere Tüte aus der Schublade. Es war, als ob er von jetzt auf gleich seinen Adrenalinspiegel wieder auf Normalzustand gefahren hatte. Er nahm sich die Tüte und packte die abgeschlagenen Hände ein. Der Rumäne ging auf Uwe zu und blieb vor ihm stehen. Er schaute seinem einen Kopf größeren Gegenüber eiskalt in die Augen, tippte ihm auf die Brust und sagte:
"Und du, du machst die Scheiße hier sauber und dann packst du das Paket ein, die Sache mit seinen Fingerabdrücken hat sich damit ja auch erledigt."
Nicoletta war immer noch regungslos und schaute Ilia zu, wie er die Tüte einfach in eine der Schubladen von der Werkbank verschwinden ließ. Dann sagte sie zu Uwe:
"Komm, ich helfe dir."
Sie hatte erkannt, wie sich die Spannung zwischen den beiden Männern mehr und mehr aufbaute und zu explodieren drohte. Ilia bemerkte es wohlwollend und Uwe war für ihre Unterstützung dankbar. Es war nicht Sympathie ihm gegenüber, es war einfach nur kühle Berechnung. Aber außer ihr wusste das nur Ilia.
"Wickelt ihn in die Folie", sagte er, " … anständig Klebeband drum und zum Schluss schön verschnüren. Auch die Füße!“ Nicoletta wischte zuerst Uwes Erbrochenes auf und dachte darüber nach, mit welch einem Weichling sie es zu tun hatte. Auf der anderen Seite stand Ilia, dessen monströses Verhalten ihr langsam, wie das eines eiskalten Psychopathen vorkam.
Dann machte sie sich daran, zusammen mit Uwe die mehr und mehr verstümmelte Leiche von Frank Baumel einzutüten. Ilia trank derweil Kaffee.
*
24.06.1994.
Richard schlief schlecht und wurde sehr früh schweißgebadet wach. Er rekelte sich noch eine Stunde unruhig in seinem Bett hin und her, bis er schließlich den Entschluss fasste, aufzustehen. Richard Mees hatte lediglich drei Stunden festen Schlaf gehabt, viel zu wenig um richtig fit zu sein. Als er aufwachte, war ihm schon unterschwellig bewusst, was die Schweißausbrüche zu bedeuten hatten. Sein Körper hatte
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