Missbraucht
Sandra machten sich, nachdem sie die wertvollen Preziosen bewundert hatten, daran, den Inhalt der Umschläge und die Dokumente zu überprüfen.
Der Kommissar sah sich gerade den Stapel der Unterlagen an, in der Hoffnung etwas Verwertbares zu finden, als ihn Sandras Bemerkung jäh aufhorchen ließ.
"Guck mal an, dieses Schwein!", sagte die Polizeimeisterin und hielt sowohl ihrem Partner Mees als auch der Staatsanwältin Heuss je eine Fotografie hin. Ein kurzes Schweigen verschaffte sich Platz im Raum, Peter Michel und Klaus Sassen schauten sich verblüfft an und warteten gespannt darauf, was die Kollegen in den Händen hielten.
"Kinderpornos, da schau an", Kommissar Mees hatte mit vielem gerechnet, doch das war ihm nicht in den Sinn gekommen.
"Puh!", die Staatsanwältin atmete heftig aus. "Das ist harte Kost."
"Hier alles voll, beide Kuverts sind voll mit den Fotos", sagte Sandra und schaute sich die Fotografien an.
"Jetzt haben wir aber ein Fass aufgemacht. Junge, Junge!", sagte der Kommissar.
Die Staatsanwältin, die nun einen ganzen Stapel der Fotos in den Händen hielt, sagte gar nichts. Sie sah sich jedes Bild an. Es waren nicht nur Farbfotos, viele der Bilder waren schwarz-weiß. Auf den ersten Blick sah es aus, als wenn es sich einfach um eine Sammlung handelte, eine abstruse, abartige Sammlung übelster Sorte. Und das diese Bilder im Tresor eines angesehenen Kommunalpolitikers gefunden wurden, ließen den Fall in einem anderen, wenn auch immer noch rätselhaftem Licht erscheinen. Außerdem war jetzt eine ganz andere Dimension erreicht.
Peter Michel rief die beiden Kollegen, die noch im oberen Stockwerk waren zu sich, und klärte sie über den neuen Sachverhalt auf. Sein Team bestand aus Profis, nach einer kurzen Ansprache von Michel wussten sie, wonach es in erster Linie zu suchen galt. Ihr Augenmerk galt jetzt vorrangig den Akten in den Regalen und den Unterlagen, Dokumenten und Briefen im Haus, die sie nun genauer unter die Lupe nahmen.
"Ich werde zuerst mit dem Oberstaatsanwalt telefonieren, wird doch wohl eine längere Sache werden", sagte Frau Heuss und ging in die Küche. Sie wollte die Verantwortung für diese delikate Angelegenheit nicht übernehmen, denn sie war sich der Brisanz, die der Fall mit einem Mal bekommen hatte, bewusst.
"Jetzt wird es aufregend für die Frau Staatsanwältin", sagte Richard, als Frau Heuss die Tür zur Küche hinter sich schloss. "Aber ich werde den Alten vorsichtshalber auch mal informieren. Schau du dich noch bisschen mit um Sandra.
Richard klingelte den Polizeidirektor an und klärte ihn kurz über den Sachverhalt auf.
Es kam ihm vor, als könne er spüren, wie sein Chef förmlich anfing zu kochen.
"Mann Richard, kannst du dir vorstellen, was los sein wird in den nächsten Tagen? Ich darf gar nicht daran denken. Was für eine Scheiße!
Der Kommissar antwortete mit einem: "Tja, hm!"
"Seht, dass ich genug Infos bekomme, ich sehe schon die Pressemeute, wie sie über uns herfällt", Direktor Mertes malte sich offensichtlich das bevorstehende Szenario als Inferno aus.
Richard sah seinen Chef vor sich, wie er sich windet vor Hilflosigkeit und in Selbstmitleid zerfloss. Er musste grinsen und konnte es sich einfach nicht verkneifen:
"Chef, soll ich erst den Bericht über meinen Unfall fertigmachen, oder soll ich weiter den Fall bearbeiten?"
Richard wusste natürlich, dass ihr Fund ihn das Wochenende kosten würde. Jetzt hatte die Sonderkommission die Hinweise, die nötig sein konnten, um in dem Fall weiter zu kommen. Dafür würden am Sonntag bestimmt alle Kräfte eingesetzt .
"Mees! Machen sie ihre Arbeit und machen sie sie gut", der Direktor brüllte es fast ins Telefon. "Ausgerechnet Kinderpornos! So eine Scheiße." Polizeidirektor Mertes legte auf.
*
18.06.1994
Nicoletta ließ Uwe fahren. Zu sagen hatten sie sich nichts. Das lag nicht nur daran, dass sie müde und kaputt waren, schließlich waren sie fast achtundvierzig Stunden auf den Beinen, sondern auch daran, dass jeder jetzt diese Ruhe brauchte, um die Ereignisse zu rekapitulieren und seine Schlüsse daraus zu ziehen. Dafür bot sich die Fahrt in der Dunkelheit geradezu an.
Uwe war zum Mörder geworden. Er hatte zwei Menschen getötet, wobei man bei Ilia eigentlich von einem Unfall sprechen musste. Okay, er hätte ihm gerne die Fresse poliert, aber er wollte ihn doch nicht aufspießen. Und bei Baumel? Der war doch schon so gut wie tot, den hab ich doch erlöst , dachte Uwe und sah wieder den
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