Missbraucht
zuckenden Frank Baumel mit zertrümmertem Schädel vor sich liegen. Das war doch auch kein Mord .
Nicoletta hatte ihn die letzten zwei Nächte enttäuscht. Sollte er und konnte er ihr überhaupt noch glauben. Sie hatte mehr zu diesem Ilia gehalten als zu ihm, sie hatte es zugelassen, dass dieses Arschloch ihn nur herumkommandierte und ihn wie einen kleinen Jungen behandelte. Und was war mit dem Sex, von dem Ilia gesprochen hatte und den sie nicht geleugnet hatte? War sie wirklich dazu gezwungen worden? Natürlich war sie gezwungen worden, warum sollte sie sich sonst auf so was einlassen, sie waren doch bis zu diesem Zeitpunkt glücklich miteinander.
Uwe wollte nicht weiter nachdenken, er musste sich auf das Fahren konzentrieren und hatte Mühe, die Augen offen und die Gedanken klar zu halten.
Gut, das Uwe fährt und die Schnauze hält, dachte sich Nicoletta. Sie hatte den Kopf gegen die Seitenscheibe gelehnt und schaute ins Dunkle, während in ihrem Kopf die Gedankenzentrale auf Hochtouren lief. Alles, aber auch wirklich alles war schief gelaufen. Nicoletta hatte Uwe schon abgehakt, sie musste sich nur noch einen Plan durch den Kopf gehen lassen, wie sie es am besten anstellte. Sollte sie den Doktor einweihen? Dr. Heb war ein kluger Mann, ihm würde bestimmt was einfallen und schließlich ging es auch um seinen Kopf. Nicoletta drehte sich zu Uwe hin und schaute ihn kurz an. Er war kein großer Verlust, sie würde jemand Neues finden. Andererseits dachte sie, dass das Glück vielleicht doch auf ihrer Seite wäre. Wenn die Bude samt den beiden Leichen abgebrannt ist, was soll groß passieren? Baumel wäre immer noch verschwunden und dreihundert Kilometer weiter weg, wäre ein Rumäne verschwunden, wer würde die beiden Fälle schon in Zusammenhang bringen? Dieser Gedanke war wesentlich angenehmer. Sie schaute Uwe nochmals an, lächelte und überlegte. Nicoletta kam zu dem Schluss, dass sie ihm noch ein bisschen Zeit lassen würde. Dabei ahnte sie nicht, dass der Brand in Achern längst gelöscht war.
*
25.06.1994
Sie gaben sich alle erdenkliche Mühe und arbeiteten alles gewissenhaft ab, aber außer den Bildern aus dem Tresor, fand das Team von der Spurensicherung nichts mehr. Entgegen Richards Annahme, dass Frank Baumel im Besitz eines Waffenscheins war, konnten sie keine diesbezüglichen Bestätigungen in den Unterlagen finden. Wahrscheinlich war die Waffe illegal im Besitz des Politikers.
"Und nun?", Peter Michel stellte die Frage an die Staatsanwältin.
"Die Bilder und die Pistole nehmen wir mit, der Rest kommt wieder in den Tresor. Außerdem werden Sie den Computer mitnehmen und untersuchen Herr Michel, das hat oberste Priorität. Wir versiegeln das Haus und dann fahren wir zurück", sagte Frau Heuss.
"Eine klasse Idee, genauso machen wir es", frohlockte Richard und gab seiner Partnerin, der Polizeimeisterin einen Klaps auf die Schulter.
"Spinner!", sagte Sandra und schüttelte den Kopf. Alle lachten.
Sie verließen das Haus gemeinsam, unterhielten sich noch kurz bei den Wagen und fuhren getrennt voneinander ihre Wege. Die Beamten Götze und Mees hatten sich spontan in Absprache mit Hauptkommissar Wagner für einen erneuten Besuch bei Herrn Dr. Heb entschlossen, während die anderen zu ihren Dienststellen unterwegs waren.
Richard rauchte schon die zweite Camel, seit sie Baumels Haus verlassen hatten, aber ein Verlangen nach einem Bier konnte er nicht unbedingt feststellen. Das beruhigte ihn. Es war später Nachmittag. Sie nahmen den direkten Weg zum Büro von Dr. Heb. Auf der Treppe begegnete ihnen Frau Stromberg mit ihrer, laut eigener Aussage, in der Küchenhierarchie tiefer eingestuften, Arbeitskollegin Nicoletta.
"Hallo Frau Stromberg, hätten Sie einen Moment Zeit für meine Kollegin?", sagte Richard intuitiv. Sandra schaute ihn genauso überrascht an, wie es Karin Stromberg tat.
Aber niemanden der übrigen Drei bemerkte den wachen Blick von Nicoletta Tschetschowa.
"Ah, ich weiß nicht. Na, wenn es nicht zu lange dauert."
"Nein, wird nicht lange dauern. Ein, zwei Fragen." antwortete die Beamtin.
Sandra reagiert genau richtig , dachte sich der Kriminalkommissar und sagte: "Gut Sandra, rede du kurz mit Frau Stromberg und ich geh schon mal hoch zum Doktor. Komm nach, wenn du fertig bist." Richard ließ die Frauen allein und machte sich auf zu Herrn Heb.
"Sie können schon vorausgehen, ich möchte mit Frau Stromberg alleine sprechen", forderte Sandra Nicoletta unmissverständlich auf, sie mit
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