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Missgeburt

Missgeburt

Titel: Missgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William C. Gordon
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überzogen, an deren Enden Notizzettel befestigt waren. Perkins trug einen neuen dreiteiligen Anzug im Cable-Car-Stil, der ihm allerdings auch nicht besser passte als sein alter – ein Ärmel war fast drei Zentimeter länger als der andere. Mit seinem frisch gebügelten weißen Hemd und dem mit Pomade gebändigten Haar sah er allerdings insgesamt manierlicher aus als sonst.

    »Wir wissen inzwischen, woher das Gemälde ursprünglich stammt. Die Deutschen haben es 1944 aus einer Kirche in Rom gestohlen. Seht ihr die weißen Striche auf dem Foto? Sie führen alle zu Details, die dazu herangezogen wurden, seine Echtheit zu prüfen. Das Einzige, was wir noch nicht feststellen konnten, ist, wie es hierhergeraten ist. Was hat euch diese Frau erzählt? Wie ist es in ihren Besitz gelangt?«
    »Sie hat behauptet, es für gewisse Dienstleistungen von einem ihrer Kunden erhalten zu haben«, antwortete Bernardi.
    »Gewisse Dienstleistungen?« , fragte Perkins mit einem anzüglichen Grinsen.
    »Sie ist eine Domina«, sagte Samuel lachend. »Möchtest du sie mal kennenlernen?«
    Perkins rückte seine Krawatte zurecht. »Und wisst ihr auch, wer dieser Kunde war?«
    »Nein. Das wollte sie uns nicht verraten. Sie meinte, das wäre vertraulich. Außerdem sahen wir zum damaligen Zeitpunkt keine Veranlassung, dieser Frage weiter nachzugehen.«
    Perkins straffte sich in den Schultern und verkündete mit einem selbstgefälligen Grinsen: »Vlatko Nikolić war ein kroatischer Ustascha-General, der wegen zahlreicher Kriegsverbrechen gesucht wird. Das Gemälde ist von seinen Fingerabdrücken übersät, und der Besitz von Beutekunst gilt in den USA als eine schwerwiegende Straftat, die auf bundesrechtlicher Ebene verfolgt wird. Noch strengere Strafen stehen allerdings auf das Verstecken eines Kriegsverbrechers. Wenn also dieser Nikolić tatsächlich ein Kunde dieser Domina ist, könnte es für die Dame ganz schön haarig werden.«
    »Das dürfte nicht ihr einziges Problem sein«, erklärte Bernardi.
    »Der D.A. hat vor, sie wegen Meineids und schwarzer Magie unter Anklage zu stellen.«
    »Dann sollten wir vielleicht zusehen, dass wir sie uns vorher noch vorknöpfen. Sobald nämlich offiziell Anklage gegen sie erhoben wird, wird sie bestimmt kein Wort mehr sagen, und
dann erfahren wir vielleicht nie, wie sie an das Bild gekommen ist.«
    »Bist du sicher, dass das Gemälde nicht bloß eine billige Fälschung ist?«, fragte Samuel.
    »Es ist zweifellos echt, ein überaus wertvolles Kunstwerk!« Perkins schwelgte in seinem Triumph, denn es waren seine Leute gewesen, die herausgefunden hatten, woher das Gemälde stammte.
    »Können Sie uns auch schon seinen ungefähren Wert nennen?«, fragte Bernardi.
    »Es ist unbezahlbar«, erklärte Perkins. »Im wahrsten Sinn des Wortes unbezahlbar.«
    »Und von wem stammt das Bild?«, wollte Samuel wissen. »Von einem bekannten Maler?«
    »Ich habe mir seinen Namen irgendwo aufgeschrieben. Sage ich Ihnen später.«
    »Hat es einen Titel?«, fragte Bernardi.
    »Auch den bekommen Sie von mir.«
    Samuel war klar, dass Perkins keine Informationen über das Gemälde herausrücken wollte, damit sie in der Sache nichts unternehmen konnten, ohne ihn zu ihren Ermittlungen hinzuzuziehen. Aber er war bereit, dieses Spiel mitzuspielen. »Wer hätte das gedacht? Dass ein solches Meisterwerk in einer dubiosen Kirche im Mission District auftaucht, wo es ein Scharlatan als Bühnenrequisit verwendet.«
    »Vergiss aber bitte nicht, meinen Beitrag zu seiner Identifizierung entsprechend zu würdigen, wenn du in der Zeitung darüber berichtest«, rief Perkins dem Reporter in Erinnerung.
    »Kann ich denn schon darüber schreiben?«, fragte Samuel.
    »Dazu müsste ich allerdings den Titel des Gemäldes und den Namen des Künstlers kennen.«
    »Das darf vorerst noch keinesfalls an die Öffentlichkeit dringen«, erklärte Bernardi. »Falls deine Vermutungen zutreffend sind und zwischen dem Gemälde und den ungeklärten Morden
an dem jungen Mann und dem Prediger tatsächlich ein Zusammenhang besteht, würden wir uns damit nur selbst die Chancen verbauen, den oder die Mörder zu fassen.«
    »Die oberste Entscheidungsgewalt in diesem Fall liegt bei mir«, versetzte Perkins, der nicht begeistert war von der Vorstellung, auf die öffentliche Anerkennung für seinen Erfolg warten zu müssen.
    »Aber Sie kennen auch die ungeschriebenen Regeln über das Vorgehen in einem solchen Fall, Mr. Perkins«, entgegnete Bernardi bestimmt. »Ebenso

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