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Missgeburt

Missgeburt

Titel: Missgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William C. Gordon
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im Sinaloa. Er traf schon um halb elf im Club ein, weil er vorher noch etwas trinken und einem der Mädchen ein paar Fragen stellen wollte. Dank der Beschreibung, die er von ihr hatte, erkannte er sie sofort – Mitte zwanzig, mit einer gebleichten Strähne in ihrem dunklen Beehive, hohen Wangenknochen und einer beachtlichen Oberweite. Sie saß in der Cocktail Lounge mit fünf anderen jungen Frauen am Ende der langen Bar, und da der Platz neben ihr frei war, setzte sich Samuel einfach neben sie, ohne einen Plan für sein weiteres Vorgehen zu haben.
    »Na, haste auch einen Namen, schöner Mann?«, sprach sie ihn prompt an.
    »Samuel. Und du?«
    »Veronica. Na, wie sieht’s aus? Lädste mich vielleicht auf ’nen Drink ein?«
    »Aber sicher, klar. Was hättest du gern?«
    »Das Übliche, Charlie.«
    Der Barkeeper, ein Mann in den Fünfzigern mit grauem Haar und rundem Gesicht, knallte ein Glas mit etwas, das aussah wie gefärbtes Wasser, in dem zwei Cocktailkirschen schwammen, vor ihr auf den Tresen. »Macht drei Dollar.«
    Samuel zuckte angesichts dieses Wucherpreises innerlich zusammen, war aber schlau genug, nicht zu protestieren. Er zog einen Zehner aus der Tasche und klatschte ihn auf den Tresen. »Was darf’s für Sie sein, Mister?«, fragte der Barmann.
    »Einen Scotch on the rocks, bitte.«
    »’n Bulle biste aber nich, oder?«, fragte Veronica argwöhnisch. White Trash, dachte Samuel aufgrund ihrer Diktion spontan,
wahrscheinlich noch vor der achten Klasse von der Schule abgegangen. Er musste lachen, und beinahe wäre ihm herausgerutscht, dass er für einen Cop zu abgebrannt sei. Aber er beherrschte sich gerade noch rechtzeitig und sagte stattdessen: »Nein, ich habe nur gehört, dass man hier gut Frauen kennenlernen kann; außerdem soll die Show ganz große Klasse sein. Ich bin Handelsvertreter.«
    »Macht Spaß, mit dir zu quatschen, Samuel. Spendierste mir noch einen?« Sie hatte ihr seltsames gefärbtes Etwas bereits ausgetrunken und hob den Arm.
    Der Barkeeper war umgehend mit Nachschub zur Stelle und forderte unnachgiebig: »Drei Dollar.«
    »Preise haben die hier vielleicht«, brummte Samuel in sich hinein und blätterte drei weitere Dollar auf den Tresen.
    Veronica lächelte. »Is eben nix umsonst im Leben.«
    »Und was genau hättest du so alles zu bieten?«, fühlte Samuel vor.
    »Hängt ganz davon ab, was de willst.«
    Samuel überlegte kurz. Da er nicht jetzt schon auf den wahren Grund seines Annäherungsversuchs zu sprechen kommen wollte, beschloss er, ihr zunächst weiter Hoffnungen machen. »Am liebsten würde ich eigentlich ein bisschen mit dir reden.« Das hörte sich selbst für ihn ziemlich idiotisch an, zumal er nicht leugnen konnte, dass ihre Reize nicht ohne Wirkung auf ihn blieben.
    »Kannste meinetwegen auch haben«, sagte sie, »wenn dir für so was deine Kohle nicht zu schade ist.«
    »Wie viel würde mich der Spaß kosten?«
    »Zwanzig Dollar die Stunde, und du zahlst das Zimmer.«
    »Okay. Sollen wir?«
    »Mein Chef will aber, dass du mich vorher zum Essen einlädst und dir die Show mit mir ansiehst. Was dagegen?«
    »Nein, nein, überhaupt nicht.« In Gedanken zählte Samuel bereits das Geld, das er noch in seiner Brieftasche hatte. Er machte
sich Sorgen, es könnte nicht reichen, um sich die gewünschten Informationen zu beschaffen.
    »Keine Angst, du brauchst mir nur zwei Drinks an der Bar und eine Flasche Wein zum Essen auszugeben. Das kannste dir doch hoffentlich leisten, oder nich?«
    »Klar doch. Das bist du mir allemal wert.« Das meinte Samuel sogar tatsächlich ernst, denn inzwischen stand für ihn fest, dass er bei ihr an der richtigen Adresse war.
    Kurz vor Mitternacht wurden er und Veronica schließlich in einen kleinen Saal gelotst. Sie bekamen einen guten Platz in Bühnennähe. Das mexikanisch angehauchte Essen, mit viel Guacamole und Hühnchen-Enchiladas, war ganz auf den Geschmack der Touristen abgestimmt, und die Flasche Wein, die dazu serviert wurde, taugte zwar nicht viel, ließ sich aber trinken. Samuel konnte es kaum mehr erwarten, endlich zur Sache zu kommen, aber während der Vorstellung war an Reden nicht zu denken. Außerdem machten ihm die halbnackt auf der Bühne herumturnenden Frauen und seine zunehmend häufigeren Blicke in Veronicas Ausschnitt die Sache nicht eben leichter.
    Um halb zwei war die Vorstellung endlich vorbei. Die Luft im Saal war zum Schneiden, und die Zuschauer schienen glücklich und zufrieden. Veronica packte Samuel am Arm, führte

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