Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Missing in Action

Missing in Action

Titel: Missing in Action Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
Vom Netzwerk:
gutem Beispiel voranzugehen.
    »Holen wir unsere Waffen, retten wir unsere Freunde.«

19
    Als der Morgen anbrach, kletterten sie das Seil aus Lianen empor. Vielleicht war ihnen doch irgendeine Gottheit gnädig gewesen und hatte ihnen diesen Weg offen gelassen.
    An der Kante der Klippe sah John hinab auf die Ebene unter ihnen, die sich grün und einladend vor ihnen ausbreitete. Dann wandte er sich ab und blickte in den roten Dschungel. Dort lag ihr Ziel.
    Schweigend überprüften sie die Ausrüstung, sortierten den Teil aus, der den Tauchgang nicht überstanden hatte, und bereiteten sich vor. Es war keine Zeit für große Worte; sie alle waren Profis und wussten ebenso gut wie John, wie ihre Chancen standen. Nicht gut – das brauchte niemand auszusprechen.
    Mit dem vertrauten Gewicht des Sturmgewehrs in den Händen schritt John los. Jamie, Grasse und Cao trugen die erbeuteten Laserwaffen des Scoutteams, während sich Bull seinen Blaster und ein Sturmgewehr umgehängt hatte.

    Die Munition war knapp, aber das wussten sie, seit sie gelandet waren.
    »Wir gehen zurück zur Absturzstelle, und dabei müssen wir mit Opposition rechnen. Ich gehe davon aus, dass Braddock einige seiner Leute am Shuttle gelassen hat, um Nachzügler einzukassieren. Vielleicht sind auch HK-Teams im Wald, wenn sie nicht ihre gesamten Leute in die Höhlen runterschicken wollten.«
    Es war ein alter Begriff aus seiner Zeit bei den Interventionskommandos. Damals waren sie HK-Teams gewesen, Hunter-Killer, die Ziele aufspürten, jagten und neutralisierten. Wobei Neutralisieren eher ein Euphemismus gewesen war.
    Schweigend liefen sie weiter. Die kurzen Sätze, die gesprochen wurden, waren Johns Befehle und die knappen Bestätigungen der anderen. Er verlangte volle Konzentration von allen, und sie folgten ihm. Trotz ihrer Erschöpfung kamen sie überraschend schnell voran. Tief in sich fand John eine Energiequelle, die ihn seine Schmerzen vergessen ließ, und er ahnte, dass es den anderen ebenso erging.
    Er wollte Rache. Vergeltung für die Menschen, die er verloren hatte, obwohl sie ihm vertraut hatten. Rache für die Qualen und die Strapazen. Genugtuung für all das Leid und Pech, das ihnen seit ihrer Ankunft auf Tordesillas widerfahren war. Und bei diesen Gedanken sah er nur ein Gesicht vor sich: Braddock, mit der Zigarre im Mundwinkel, überheblich grinsend. Der Mann war zu einem Symbol für alles geworden, was ihnen zugestoßen war. Selbst der Dschungel, die Kreaturen,
der Absturz gingen in Johns Vorstellung auf seine Kappe. Es war an der Zeit, die Rechnung zu begleichen.
    Als sie zum ersten Mal haltmachten, dämmerte es schon. Die Kreaturen des Dschungels – bis auf die allgegenwärtigen Riesen-Moskitos – hatten sie weitgehend in Ruhe gelassen. Es war nur der gleiche, mühselige Kampf gegen die Natur gewesen wie auf dem Hinweg.
    Zu erschöpft, um weiterzumachen, brachen sie schließlich zusammen. Sie schlangen etwas Proteinbrei herunter, kalt, geschmacklos, aber der Körper verlangte nicht nur, sondern schrie regelrecht nach Nahrung. Dann teilte John die Wachen ein und rollte sich einfach auf dem Boden zusammen. Lange konnte er sich nicht ausruhen, bis er selbst mitten in der Nacht an der Reihe war, Wache zu halten, aber es genügte, um Geist und Körper zumindest etwas zu beleben.
    Als er am Ende seiner Wache sah, wie alle mehr oder minder friedlich schliefen, weckte er niemanden, sondern übernahm einfach auch noch die letzte Schicht. Zwar konnte er die Müdigkeit noch in den Knochen spüren, aber sein Geist war zu beschäftigt, um viel Schlaf zu finden, und er gönnte es seinen Leuten, sich nach all den überstandenen Strapazen ein wenig auszuruhen. Er selbst saß auf einem umgestürzten Baumstamm, lauschte in die Nacht und schmiedete Pläne. Verschiedene Szenarien liefen in seinem Kopf ab, die wenigsten davon erfreulich. Nur eines hatten sie gemeinsam: In allen gab es Tote.

    Drei Stunden vor Sonnenaufgang weckte John sein Team. Als Bull feststellte, dass er seine Wache verschlafen hatte, gab es einen vorwurfsvollen Blick, aber natürlich sprach der Sergeant seine Gedanken nicht aus, und John übersah die säuerliche Miene des Beta geflissentlich.
    »Esst was, dann macht euch fertig. In fünfzehn Minuten ist Aufbruch. Mein Plan ist es, vor Sonnenaufgang am Shuttle zu sein.«
    Das Mahl fiel nicht üppiger aus als am Vorabend und bestand nun aus Vitamin- und Proteinriegeln und Wasser. Die Früchte der Urwaldbäume in all ihren

Weitere Kostenlose Bücher