Missing Link
Komplexes verflüssigt und den Gang überflutet. Du bist direkt vor meinen Augen verschwunden. Ich dachte, ich ...« Sie schwieg einen Augenblick. »Wir dachten, wir hätten dich verloren. Das Wasser hat dich den Schacht hinuntergezogen.«
»Ich erinnere mich nur an den stinkenden Matsch.«
»Der Matsch hat dir das Leben gerettet. Er muss ein Meter hoch gewesen sein, als du unten gelandet bist.«
»Unten?«
Samantha nickte.
Erinnerungsfetzen kamen zurück. »Es gibt eine zweite Ebene, Samantha.«
»Ich weiß.«
»Wie hast du .«
»Wir hatten nur fünfundfünfzig Meter Seil. Die reichten nicht, um zu dir runterzukommen. Nachdem du mit der Taschenlampe ein Signal gegeben hast, haben wir Verlängerungskabel zusammengebunden, bis das Seil lang genug war und ich bis zu dir runter konnte.«
»Du bist den Schacht hinuntergeklettert?«
»Mit meinem roten Hintern kann ich’s dir beweisen.«
»Wie bin ich wieder hochgekommen?«
»Das war eine der leichteren Übungen. Wir haben die Treppe genommen.«
»Die Treppe?« Jack versuchte sich noch mehr aufzusetzen.
»Ruh dich lieber aus.« Sie reichte ihm drei Vicodin- Tabletten. »Nimm das hier.«
Widerwillig fügte sich Jack. »Was für eine Treppe?«
Samantha schwieg einen Augenblick. »Morgen.« Sie beugte sich vor und küsste Jack leicht auf die Stirn. »Morgen.« Dann ging sie zum Zeltausgang.
»Warte! Samantha!« Jack versuchte aus dem Bett zu steigen. Er wollte mehr wissen. Er wollte von der unglaublichen Sache berichten, die er in der von Schlamm überfluteten Kammer gesehen hatte, aber der Schmerz in seinem Brustkorb war stärker. »Mir geht’s doch gut!«, sagte er - allerdings nur zu sich selbst. Samantha war schon fort.
Pierce hatte den Atem angehalten.
Nur wenige Sekunden bevor er in seinem Nachtsichtgerät einen Körper erkannte, der um die Ecke der Pyramide bog, hatte er den Rauch der Zigarette bemerkt. Eine kurze Berührung auf seinem Rücken signalisierte, dass Miller, der die Flanke der Pyramide im Auge behalten hatte, der Wachposten ebenfalls nicht entgangen war.
Von der vierten Stufe der Pyramide aus mit guter Sicht in die Grube hatte Pierce in dem schwachen Licht nur ein paar Fotos machen können. Die Spezialkamera mit dem riesigen Objektiv zitterte in seiner Hand. Er konnte die Figur deutlich erkennen - und der Mann, über dessen rechte Schulter eine Uzi hing, ging direkt auf ihn zu. Sollten sie sich bewegen? Das Licht des fast vollen Monds würde sie verraten, falls der Typ zu nahe kam. Entweder sie müssten die Sache erst mal abbrechen oder vollkommen still stehen bleiben, doch Pierce hatte keine Möglichkeit, sich mit seinem Partner zu verständigen. Als der Wachposten immer noch näher kam, blieb Pierce instinktiv regungslos stehen. Er betete darum, dass auch Miller dies tun würde.
Miller tat es.
Der Mann ging um die andere Seite der Grube herum - in nur zwanzig Meter Entfernung. Pierce konnte seine Waffe nicht rausziehen, ohne dass er ihre Position auf der Stufe verraten würde. Er atmete so flach und so langsam wie möglich. Der Wachposten hielt an. Nach einem weiteren Zug an seiner Zigarette schnippte er die Kippe auf den Dreckhaufen neben der Grube, während er genau in ihre Richtung blickte. Keine Bewegung, sagte Pierce und versuchte mit seinem Geist den Aufpasser zu zwingen, umzukehren, als besäße er telepathische Kräfte.
Vielleicht kann ein menschliches Gehirn in einer angespannten Situation solche Meisterstücke vollbringen, dachte Pierce kurz darauf, denn ein paar Sekunden später ging der Wachposten den Weg um die Öffnung zurück und verschwand hinter der Pyramide.
Pierce signalisierte Miller nur mit einer Handbewegung, dass sie sich zurückziehen sollten. Die erste Fotoserie müsste ausreichen - ihre gewagte Mission wurde zu riskant. Als sie hinter dem Erdhaufen waren, rannte Miller in Richtung des Wasserlaufs, den sie als Deckung beim Anschleichen an die Ausgrabungsstelle benutzt hatten. Pierce folgte mit in der dünnen Luft brennenden Lungen. Schließlich verschwanden die beiden Männer in dem flachen Wasserlauf westlich des Lagers. Das schmerzhafte Adrenalin, das ihn ein paar Sekunden zuvor durchströmt hatte, wandelte sich in reine Heiterkeit, den Ansporn, den Pierce als Spion dringend nötig hatte. Doch er konnte ihn nur kurz genießen. Als er den Abhang hinunterrutschte, bemerkte er zwei Gestalten, die sich unterhalb von ihm einen Kampf lieferten.
Veronica blieb stehen, blickte auf den Platinmond und fragte
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