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Missing Link

Missing Link

Titel: Missing Link Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walt Becker
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nicht stattfand. So etwas war einfach nicht möglich - das Schicksal meinte es zu gut mit ihm. Welche Gerechtigkeit ihm widerfuhr! Doch die Aussicht, die gesamten Funde zu verlieren, hatte ihn seltsam inspiriert. Er kam sich wie eine Ameise vor, davon besessen, ihre Kolonie zu schützen, eine von Flutwasser bedrohte Kolonie, falls sie die Sachen nicht auf eine höhere Ebene schafften.
    Hin und her. Hin und her.
    Zwölf Stunden am Stück war Jack mit Packen beschäftigt. Sein Unterkiefer tat weh, und auch seine Rippen meldeten sich wieder; die Wirkung der Medikamente hatte nachgelassen. Er hatte die Reihenfolge, in der die Ausrüstung die schwierige Wasserstrecke überwinden sollte, immer wieder geändert - doch die endlosen ausgetretenen Stufen blieben eine Herausforderung. Die Gruppe hatte eine Reihe von Sauerstoffbehältern in regelmäßigen Abständen zwischen die Ebenen gestellt.
    In der extremen Höhe war es mörderisch, die schweren Sachen die Treppen hochzuschleppen.
    Den Fusionsreaktor zu verpacken und zum überfluteten Gang zu bringen hatte länger gedauert als erwartet, ging aber einigermaßen gut. Das Gerät mit der Holzkiste, die sie darum herum gebaut hatten, musste über dreihundert Kilo wiegen. Baines und François hatten einen provisorischen Karren aus ein paar Holzstücken und den Gummireifen von einem der Gasgeneratoren zusammengebastelt.
    Das Fusionsgerät durch das Wasser zu transportieren war jedoch eine ganze andere Geschichte. Fast zwei Stunden brachten sie damit zu, das Floß für das zusätzliche Gewicht zu verstärken und Ausleger zu bauen, um es zu stabilisieren. Abwechselnd wateten sie durch das kalte Wasser und montierten die Zusatzteile. Länger als fünf Minuten konnte keiner dem eisigen Griff standhalten. Die Decken und heißen Laternen oben auf der Treppe boten wenig Linderung - sie erinnerten nur an den quälenden Schmerz, der sie bei der nächsten Runde in dem dunklen Nass erwartete.
    Als die Kiste endlich auf der anderen Seite war, waren sie überzeugt, sie würden nie wieder auftauen.
    Der Wasserspiegel stieg mehr oder weniger konstant.
    Jack notierte sich, wie lange es dauerte, bis die einzelnen Stufen unter Wasser standen. Es schien, als würde Ricardos Berechnung von achtundvierzig Stunden zutreffen, obwohl Jack feststellte, dass das Wasser ab und zu unterschiedlich schnell stieg.
    Der Fusionsreaktor war bereits eine Treppe hinaufgehievt worden und stand nun im Gang auf der zweiten Ebene. Keiner hatte momentan die Kraft, ihn auf die erste Ebene zu transportieren. Samantha und Jack schafften die Kisten mit den Genkarten und den drei Skeletten an die Oberfläche. Wenn sie diesen Ort mit etwas verließen, sagte Samantha, dann mit diesen Knochen.
    Nach vierzehn Stunden entschied die Gruppe, dass ein wenig Schlaf unabdingbar war. Die Müdigkeit hatte bereits zu allzu vielen Fehlgriffen geführt. Abwechselnd sollte jeder vor der nächsten verzweifelten Kletterpartie eineinhalb Stunden schlafen.
    Als Jack in das Mannschaftszelt trat, lag Samantha tief schlafend auf ihrem Feldbett - gleich neben ihrer kostbaren Aluminiumkiste. Jack beobachtete sie eine Weile, bevor er sie weckte. Ihr Gesicht war dreckverschmiert, und ihre Kleidung hing neben einer tragbaren Gasheizung. Ihre Härte, die Strenge - alles schien im Schlaf von ihr abzufallen. Den Schreck einflößenden und einschüchternden Menschen aus dem akademischen Establishment von Princeton - die grimmige, unabhängige Frau, die ganz versessen darauf war, sich gegen die von Männern dominierte Welt aufzulehnen - konnte Jack in ihr nicht mehr erkennen.
    Er betrachtete ihr leicht gelocktes braunes Haar, ihre kleine Nase, die bei jedem Atemzug wie die eines Hasen zuckte. Er liebte sie immer noch. Diese Liebe konnte man ihm nicht nehmen - kein zweites Mal in seinem Leben.
    »Samantha.« Er weckte sie mit einer sanften Berührung.
    Erschrocken schnellte sie auf ihrem Feldbett in die Höhe. Es dauerte nur Sekunden, bis ihr Blick den entschiedenen Ausdruck zurückerlangt hatte. »Danke«, sagte sie. »Wie geht’s voran?«
    »Gut«, antwortete Jack. »Ricardo hat die Wrackteile durchgesehen und das rausgezogen, was er für das Wichtigste hält - im Sinne der Technik. Mit etwas Glück könnten wir bis zum Morgen zehn Prozent aus dem Schrottlager bergen.«
    »Wie spät ist es jetzt?«
    »Viertel nach fünf.«
    Samantha schwang ihre schlanken Beine über den Rand des
    Feldbetts und zog ihre schmutzige, feuchte Hose darüber. »Zumindest haben

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