Missing Link
Wand greifen zu können. Endlich fanden seine Finger Halt, und er zog sich aus dem wirbelnden Strom.
Hinter ihm kämpfte Ricardo mit wilden Kraulbewegungen im Wasser und kam mit rasender Geschwindigkeit auf ihn zu.
»Abstoßen!«, rief Jack. »Stoß dich ab!«
Mit dem Rücken gegen die Wand gestützt, streckte Jack seinen Arm Richtung Wasser aus. Seine Hand umschlang Ricardos Unterarm in dem Moment, als er vorbeigetrieben wurde. Beinahe wurde Jack durch die Kraft wieder ins Wasser gezogen, doch er konnte die Finger seiner freien Hand gerade noch in einen Spalt zwischen zwei Steinen stecken.
»Schwimm, Ricardo ... ich kann dich ... nicht mehr lange halten.«
Ricardo war an Jack und an der Treppe vorbei gegen die Wand getrieben worden. Er tauchte mit seinem Kopf gegen die Strömung an und versuchte sich den Weg mit seinem freien Arm zurückzutasten. Jack wurde die Treppe wieder runtergezogen.
Er biss die Zähne zusammen und versuchte verzweifelt Ricardo hochzuzerren. Sein Arm zitterte.
Er konnte Ricardo nicht mehr halten.
In dem Bruchteil einer Sekunde musste Jack eine wichtige Entscheidung treffen. Er musste entweder die Wand oder seinen Freund loslassen. Etwas in ihm erhob Anspruch auf sein Überleben, gab jedoch zu Gunsten einer stärkeren Kraft nach - Loyalität. Er würde Ricardo nicht loslassen. Er glitt noch eine Stufe hinab, seine Finger rutschten die Wand entlang. Vielleicht können wir zurückschwimmen, wenn die Ebene ganz mit Wasser gefüllt ist und die Strömung nachgelassen hat, dachte Jack.
Doch plötzlich wurde er von zwei Händen am Kragen gepackt.
Samantha stemmte sich mit aller Kraft gegen die Stufen und zog Jack zurück in die Sicherheit. Ihre Stiefel rutschten auf dem glatten Stein, doch Jack bekam mit seinen Füßen Halt und bot alle Kraft auf, um sich hinaufzuhieven. Ricardo schlang einen Arm um Jacks Knie und fiel auf die Treppe.
»Was ist passiert?«, rief Samantha.
»Eine Springflut, verstärkt durch die Sprengung, vermute ich.« Jack massierte seinen Arm, um ihn wieder zum Leben zu erwecken. »Eine Stützmauer muss eingebrochen sein. Der ganze Komplex wird in ein paar Minuten unter Wasser stehen.«
»Dann nichts wie raus hier«, sagte Samantha.
Die drei hatten die große Halle schon halb durchquert, als Jack aus der Ferne eine gedämpfte Stimme vernahm. Er hielt inne.
»Habt ihr das gehört?«
»Könnte ein Stöhnen sein«, meinte Samantha.
»Es kommt von dort drüben.« Ricardo deutete auf eine kleine Nische hinter einer Reihe riesiger Stützpfeiler.
Hinter einem Stapel ausgepackter Kisten und Schrottteilen fanden sie Bongane.
Sein Haar war mit Blut durchtränkt, das auf seiner Kopfhaut und seinem Hals geronnen war. Er versuchte aufzustehen, doch Jack hielt ihn zurück.
»Nicht bewegen, Bongane. Du bist verletzt.«
»Wir müssen hier raus«, stöhnte Bongane.
Samantha untersuchte den Schädel des Mannes. Sie fand einen sieben Zentimeter langen Spalt direkt hinter seinem linken Ohr. Die Haut um die Wunde war angeschwollen und säumte wie zwei Kämme eine Talsohle aus Blut und Schädelmasse. »Sieht ziemlich tief aus«, sagte Samantha, während sie auf die Wunde drückte. »Keine Sorge. Wir schaffen dich hier raus, sobald wir die Blutung gestoppt haben.«
»Keine ...« Bongane drehte sich zur Seite und versuchte aufzustehen. ». Zeit.«
»Es ist Zeit genug«, beruhigte ihn Jack, der seinen Kopf stützte.
Ricardo sah sich das Hemd des Zulus über dessen Bauch genauer an - auch die weiße Baumwolle war blutdurchtränkt.
Vorsichtig zog er das Hemd nach oben und säuberte die Stelle, aus der das Blut sickerte, mit seinem eigenen Ärmel.
»Es ist eine Austrittswunde«, sagte Ricardo. »Auf Bongane ist geschossen worden.«
»Geschossen?«
Jack wurde übel. Bongane kämpfte immer noch. Seine Finger tasteten nach etwas, das zwischen zwei großen Kisten lag.
»Was ist das?«, fragte Jack.
Ricardo schob die Kisten zur Seite und hob einen langen Draht in die Höhe. »Zündschnur«, antwortete er.
»Zündschnur?« Jack blieb bei Bongane, dessen Kopf in seinem Schoß lag. »Was ist passiert?«
Samantha und Ricardo zogen immer mehr Zündschnur heraus, die sich zwischen dem Schotter hindurchschlängelte.
»O Scheiße!«, fluchte Ricardo.
Die Schnur endete in kleinen, an dreien der Stützpfeiler befestigten Päckchen. Direkt daneben lag François tot in seinem eigenen Blut.
Ricardo untersuchte die Taschen, die hinter der Expeditionsausrüstung versteckt worden waren. Klötze
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