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Missing Link

Missing Link

Titel: Missing Link Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walt Becker
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Dorn.
    »Ja«, antwortete Jack mit auf seine Notizen gerichtetem Blick.
    Die Ruinen lagen auf einer gemauerten Terrasse und verliefen wie die meisten antiken Bauten von Ost nach West - in einer Linie mit der Sonne. Die Anlage wurde von einer Steinmauer umfasst, entlang der in gleichmäßigen Abständen riesige Monolithe - über dreieinhalb Meter hoch - wie überdimensionale steinerne Finger aus der Erde sprossen. Rennend führte Jack die drei hinter die Akapana-Pyramide, von deren Größe Samantha äußerst beeindruckt war.
    »Die sind ja riesig«, meinte sie, während sie die Megalithe des Fundaments berührte.
    Jack war schon außer Atem, verlangsamte aber sein Tempo dennoch nicht. »Tiahuanaco scheint über Nacht wie aus dem Nichts entstanden zu sein«, erklärte er. »Die Einwohner sagten, diese riesigen Steine seien zum Klang von Trompeten wie durch Geisterhand durch die Luft getragen worden. Einige dieser Steine wiegen über hundert Tonnen. Die Spanier waren verblüfft. Keine menschliche Kraft hätte sie transportieren können.«
    »Die verarschen mich wohl«, sagte Ricardo mit wegen der dünnen Luft pfeifender Stimme.
    Die Unterhaltung wurde durch die Erregung erstickt. Die mysteriöse Umgebung füllte die Leere. Sie mussten die Genauigkeit der alten Architektur, die bloße Größe der Megalithe erst verarbeiten.
    Schließlich entfernten sie sich von der Pyramide, die fast zweihundertfünfzehn Meter lang war und sie düster von oben herab bedrohte, und gingen einen leicht abschüssigen Weg hinunter, der zum »Tempel der aufrecht stehenden Steine« führte.
    Sie kamen an einem kleineren, eingefallenen Tempel gleich hinter dem Kalasasaya vorbei. Jack erklärte, die quadratische Vertiefung habe den unterirdischen Tempel verdoppelt, obwohl niemand verstehen konnte, welchem Zweck er gedient hatte.
    Fünfundvierzig Wächter umgaben die rechteckige Einfassung und vermittelten den Eindruck einer riesigen Einpfählung, doch Jack wusste, dass die dreieinhalb Meter hohen Pfeiler einem guten, aber nicht weniger wichtigen Zweck gedient hatten - der Messung der Position der Erde im Weltall. In der Mitte der Einfassung ragte eine Steinplattform, die sich in einer Linie mit dem Haupttor befand, über die Westreihe der Pfeiler hinaus. Auf der anderen Seite der Westreihe durchbrachen zwei schwarze Steinbauten die perfekte Symmetrie.
    »Das ist das Sonnentor.« Jack zeigte auf die hintere Ecke des Tempels, wo ein wuchtiger Steinbogen aus der Gebirgssteppe herausragte. »Wir haben nicht viel Zeit. Ich muss die letzten Berechnungen überprüfen, bevor ihr mit dem Bau des künstlichen Tors beginnt. Ricardo, du musst bei den Maßen genau sein - wir haben nur einen Versuch.«
    Dann rannte er in Richtung des Sonnentors.
    Samantha, Ricardo und Dorn traten durch die Einfassung. Die drei wirkten scheu, als zögerten sie auf Grund des wundervollen Bildes, das sich ihnen bot, während sie die riesigen Pfeiler abschritten, die der roten Erde entsprangen.
    »Sieht wie eine Festung aus«, kommentierte Dorn.
    »Das haben die Archäologen auch immer geglaubt«, sagte Ricardo. »Bis sie erkannten, um welch perfekten Zeitmesser es sich hier handelt. Eine Schweizer Uhr aus Ruinen, wenn man so will.«
    Samantha trat an eine Steinfigur.
    »Dieses Monument wird El Fraile genannt - der Mönch«, flüsterte Ricardo.
    »Warum flüsterst du?«, fragte Samantha - ebenfalls flüsternd.
    Er wusste es nicht. »Mir war einfach danach.«
    Niemand sagte etwas dagegen.
    Das Glimmen hinter den Anden war heller geworden, als die drei ihre Betrachtung der Statuen fortsetzten, als wäre es verboten, wegzugehen, ohne alles gesehen zu haben. Das Sonnentor stand mehr als hundert Meter entfernt. Das Bauwerk war erst in heutiger Zeit vornübergekippt im Lehm gefunden und wieder aufgestellt worden, obwohl niemand die ursprüngliche Position kannte. In der Ferne inspizierte Jack das andere große Monument, doch Samantha konnte ihre Augen nicht vom El Fraile abwenden. Sie rieb an dem verwitterten Sandstein. Selbst im Licht des Morgengrauens bildete das Rot einen Kontrast zum grauen Boden. Die Figur war über zwei Meter hoch. Sie betrachtete das Gesicht. Es war menschlich, androgyn.
    »Die Augen«, sagte Ricardo, »sie sind so groß.«
    Auch sie bemerkte die riesigen Augen; unproportioniert gegenüber dem Rest des Gesichts, starrten sie einen an, als würden sie um die Lösung eines Rätsels bitten. Was war an ihnen so anziehend? Samantha kriegte eine Gänsehaut von

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