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Missing Link

Missing Link

Titel: Missing Link Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walt Becker
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zusammengeworfen worden. Jeder, der hier einen zwei Meter tiefen Graben zieht, kann nicht leugnen, dass die vernichtende Gewalt des Wassers, zusammen mit heftigen Erdbewegungen, diese unterschiedlichen Arten von Knochen angehäuft und sie mit Tonscherben, Geschmeide, Werkzeugen und anderen Gegenständen vermischt hat.«
    Örtliche Legenden unterstützten die Vorstellung einer Naturkatastrophe, die die Stadt vom See getrennt hatte. Jack starrte auf die schwarze Silhouette der Anden, die den See umrahmten, und hing seinen Gedanken nach.
    Erst als er tief durchatmete, fand er in die Gegenwart zurück. Er brauchte genaue Zahlen über das Alter des Tempels und die Lage des Tors. Er würde keine zweite Gelegenheit erhalten. Er wusste, dass Tiahuanaco sein Geheimnis erst am Morgen der Tagundnachtgleiche preisgeben würde, egal, was das Hologramm enthüllt hatte.
    Jack saß allein am Tisch in der Kabine. Zwei Laternen unterstützten das flackernde Kabinenlicht, das im Takt mit dem Hämmern der Schiffsmaschine heller und dunkler wurde.
    Auch seine Augen hatten den Takt aufgegriffen und öffneten und schlossen sich in der warmen Kabine im Rhythmus des Motors. Die meisten aus der Gruppe hatten sich in den dreckigen Kojen des Ruhebereichs aufs Ohr gehauen. Auch Jack wären die schmuddeligen Matratzen recht gewesen, aber er brauchte jede Sekunde vor der Dämmerung für seine Berechnungen. Auf dem Kombüsentisch lag eine Karte von Tiahuanaco. Sein Notizbuch - geöffnet auf der Seite mit seinen Skizzen von der Dogon-Begräbniszeremonie - hatte er auf seinem Schoß. Er hatte gerade seine letzten Berechnungen abgeschlossen - die Frage, wo das Tor aufgebaut werden musste. Jack spürte zwei Hände auf seinen Schultern.
    Warme Finger kneteten die Verspannungen in seinem Rücken, massierten den angespannten Muskel zwischen seinem Hals und seinen Schultern. Samantha war wach geworden. Sie hatte sich in die Koje hinter Jack verzogen, nachdem sie schon mal eingeschlafen war, während sie Jack bei seinen Berechnungen geholfen hatte. Jack schloss die Augen. Für einen Moment war er wieder in Princeton - und erhielt die gleiche wundervolle Massage, die er spät nachts auf dem Campus immer von ihr bekommen hatte. »Wie geht’s voran?«, fragte sie.
    »Es geht so«, antwortete er müde.
    Seine Augen erneut geöffnet, schaute er immer wieder auf die Diagramme auf der Seite vor sich. Es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren. Dann, als wäre sie sich erst jetzt ihres Tuns bewusst, hörte sie mit Massage auf und setzte sich ihm gegen- über. Sie wirkte verlegen. »Wir haben noch eine Stunde«, sagte sie.
    »Ich weiß.«
    Jack hatte gerade mit dem Kapitän geredet, der versprochen hatte, dass sie in vierzig Minuten anlegen würden. Das ließ den Wissenschaftlern zwanzig Minuten, um zu den Ruinen zu gelangen, und weitere zwei Stunden, das Tor zu errichten, bevor die Sonne über die Andenkämme steigen würde.
    Eine Weile schwiegen beide. Samantha rutschte nervös hin und her. »Die Erdpräzession ist also der Schlüssel«, sagte sie schließlich.
    »Der Schlüssel zu allem«, entgegnete er. »Der Beweis ist überwältigend.« Jack kratzte sich mit dem Stift am Kopf. »Die Mythen über die großen Katastrophen hängen alle mit den Zahlenwerten der Erdpräzession zusammen, als ob sie uns einen kosmischen Countdown für weitere mögliche Kataklysmen geben wollten. Viele verwenden das Bild von der Mühle, die sich immer weiterdreht - vielleicht unsere Reise um die Sonne. Eine Mühle, die immer wieder entzweigeht ...«
    »Und man findet diese Zahlen in den Mythen der ganzen Welt?«
    Jack nickte.
    »Sellers untersuchte den Osiris-Mythos der alten Ägypter. Sie entdeckte, dass er die entscheidenden Zahlen enthielt, um den Verschiebungen der Tagundnachtgleichen zu folgen, und zwar 360, 12 und 30.«
    »Das sind fünf Tage weniger, als das Jahr hat«, warf Samantha ein.
    Jack lächelte. »Eine Formulierung in dem Mythos sagt tatsächlich, dass die fünf Extratage >vom Mond gewonnen worden sind<. Deshalb hat das Jahr dreihundertfünfundsechzig Tage. Aber weiter hinten im Mythos taucht die verblüffendste Zahl auf. Die 72. Dem Mythos zufolge hat >die Gottheit des Bösen, bekannt als Seth, eine Gruppe von Verschwörern in einem Komplott zur Ermordung von Osiris angeführte Die Zahl dieser Verschwörer war 72.«
    »Warum ist diese Zahl so bedeutend?«
    »Es ist die auffälligste Zahl bei der Erdpräzession. In 72 Jahren wandert die Tagundnachtgleiche um ein Grad

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