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Mission Ares

Mission Ares

Titel: Mission Ares Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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verblichen, und die Gebäude machten einen heruntergekommenen und geradezu unheimlichen Eindruck.
    York sagte sich, daß die Einheimischen es als Schock
    empfunden haben mußten, als die NASA per Dekret des
    Präsidenten vor zwanzig Jahren hier gelandet war.
    Die Neubauten waren im Ranchhaus-Stil errichtet worden,
    hübsche kleine Bungalows mit winzigen Vorgärten. Die
    Siedlung war grün, gepflegt und vermittelte den Eindruck von Wohlstand.
    »Mein Gott«, grunzte York. »Der amerikanische Traum von
    1962. Das Häuschen im Grünen, Mum und zwei Kinder,
    Grillfeste und ein Segelboot. Wie bei den Waltons.«
    »Nein.« Priest lächelte hinter der Sonnenbrille. »Dies ist Astronauten-Territorium. Dann wäre der Vergleich mit ›bezaubernde Jeannie‹ schon zutreffender. Aber du gibst dem Ort überhaupt keine Chance, Natalie.«
    »Nicht?«
    »Nein. Clear Lake ist eine Art wissenschaftliche Gemeinde.
    Zum einen haben wir das JSC und dann noch die chemische
    Industrie im Umland. Hier gibt es mehr Doktoren pro
    Quadratmeter als in den meisten Orten außerhalb der
    Universitätsstädte. Du wirst dich hier sicher heimisch fühlen.«
    »Hör auf, mich aufmuntern zu wollen, Ben.«
    »Das will ich gar nicht. Glaub mir. Du hast es noch sehr gut angetroffen. Die ›Sternen-Stadt‹ in Moskau, wo die Kosmonauten leben, hat mehr Ähnlichkeit mit einer
    Kaserne…«
    Die Siedlungen, die Ben ihr zeigte, hießen The Cove, El
    Dorado, Lakeshire Place und The Leeward. Sie machten
    keinen schlechten Eindruck, und die besseren Wohngegenden hatten sogar einen Zugang zum Strand. Doch die Inneneinrichtung hatte ödes Einheitsformat: die Wohnungen waren die reinsten Kaninchenställe, mit schwächlichen Klimaanlagen, billiger Möblierung und geschmacklosen
    Bildern an den Wänden.
    Sie entschied sich für ein Viertel namens Portofino. Die Architektur war zwar genauso langweilig wie überall sonst, doch es gab immerhin einen großen, sauberen Swimmingpool, den sie unbedingt bald ausprobieren wollte.
    Nachdem sie die Formalitäten erledigt hatte, ließ die
    Vermieterin – eine kompakte Frau mit starkem texanischen Akzent und einem neckischen T-Shirt – die beiden in der Wohnung allein.
    York spürte, daß Ben sich innerlich von ihr distanzierte.
    Sie ging zum Fenster. Die Luft war so stickig, daß das Atmen schwerfiel. Der Himmel war dicht bewölkt, und der zu erwartende Regen würde die Hitze erst recht speichern.
    Sie spürte, wie eine dumpfe Niedergeschlagenheit sie
    überkam, so drückend wie die Luft. Was will ich überhaupt hier in diesem lausigen Apartment und in dieser verdammten Männer-Stadt?
    Nachdem sie das Gebäude wieder verlassen hatte, sah sie ein Auto, dessen Scheiben von der hohen Luftfeuchtigkeit beschlagen waren.
     
    Freitag, 8. Dezember 1978
    Wasatch, Utah
     
    Beim Anflug auf Salt Lake City hatte Gregory Dana einen
    spektakulären Blick auf den See. Zuflüsse glitzerten wie Schneckenspuren, und menschliche Siedlungen zeichneten sich als verschwommene graue Flecken entlang der Straßen ab. Es war ein klarer Morgen, und der blaue Himmel schien bis auf die Wüste weit vor dem Flugzeug hinabzureichen.
    Dana stellte sich vor, auf einem fremden Planeten zu landen, einer Welt mit sengend heißen Wüsten und vereinzelten Binnenmeeren.
    Für die meisten Menschen, so sagte er sich, stellte die
    komplexe Welt der menschlichen Gesellschaft das gesamte
    Universum dar, losgelöst vom physikalischen Unterbau. Die meisten Menschen entwickelten nie eine Perspektive: das Bewußtsein, daß ihr Leben in einer dünnen Luftschicht auf einer kleinen, rotierenden Felskugel ablief, daß ihr Bewußtsein im Vergleich zu den geologischen Zeiträumen dem Flackern einer Glühlampe glich, daß sie ein Universum bewohnten, das sich aus Zuständen entwickelt hatte und unausweichlich in Zustände zurückfallen würde, die nicht die geringste Übereinstimmung mit den ihnen bekannten Verhältnissen aufwiesen.
    Allein schon der Blick aus der Luft vermittelte dem
    Flugreisenden eine Perspektive, die früheren Generationen verwehrt gewesen war. Wenn der Raumflug uns ein Bewußtsein unserer wahren Natur vermittelt, dann wird das allein die Kosten schon rechtfertigen, sagte er sich.
    Er ließ den Blick durch die Kabine schweifen. Die meisten Reisenden – selbst diejenigen, welche der NASA angehörten und wie er am Raumfahrtprogramm beteiligt waren – hatten sich hinter Unterlagen, Büchern oder Zeitungen verschanzt.
     
    Morton Thiokol hatte einen Wagen

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