Mission Ares
Entwicklungsstufe über dem Moonlab.
Ohne die Erfahrungen von Moonlab und Skylab in
langfristigem Betrieb wäre die Mars-Mission undenkbar.
Sie erreichten die Messe. Der Kunststofftisch war am
Gitterrost befestigt, und die Besatzung hatte fünf Sitze bereitgestellt. Sie setzten sich an den Tisch, hakten die Beine unter die Streben der Sitze, und Stone richtete die Kamera so aus, daß sie die ganze Gruppe erfaßte.
Nun wurde die Vorstellung erst richtig eröffnet.
Flaggen wurden ausgetauscht, einschließlich einer UN—
Flagge, welche die Sojus mitgebracht hatte und die Apollo wieder zur Erde mitnehmen würde. Jede Besatzung hatte halbierte Gedenkmünzen aus Aluminium und Stahl
mitgebracht, die Muldoon und Wiktorenko nun
gemeinschaftlich zusammenfügten. Dann wurden Schachteln
mit Saatgut aus den jeweiligen Ländern ausgetauscht: die Amerikaner überreichten eine hybride Weißfichte, und die Sowjets Schottische Kiefer, Sibirische Lärche und Nordische Tanne.
Nun war es Zeit für das rituelle Mahl. Weil am Tag der
Ankunft die Amerikaner Gastgeber waren, wurden den
Kosmonauten in den üblichen Plastikbeuteln Kartoffelsuppe, Brot, Erdbeeren und Grillfleisch serviert. Das Essen wurde von gekünsteltem Gelächter und verkrampften launigen Sprüchen begleitet. Morgen waren die Russen an der Reihe und würden den Amis – wie Stone aus eigener Anschauung wußte – Fisch, Fleisch und Kartoffeln aus Dosen, Schmelzkäse, Trockensuppe, püriertes Gemüse und Haferschleim aus Tuben vorsetzen; außerdem würden Nüsse, Schwarzbrot und Dörrobst gereicht werden.
Beim Essen blickte Stone skeptisch in die Kamera, die ihn aus überhöhter Position anglotzte. Wie alle bisherigen Weltraum-PR-Aktionen würde auch diese wieder ein Reinfall werden. Mein Gott, sagte er sich. Hoffentlich guckt niemand zu.
»Natürlich«, hob Wiktorenko nun an, »gilt auch hier das Wort des Philosophen, der da sagt, das Wichtigste bei einem guten Mahl ist nicht, was man ißt, sondern mit wem man speist.«
Dann holte er fünf Metallampullen aus einer Tasche seiner Kombination. ›Wodka‹ stand auf den Ampullen. Die Astronauten leckten sich gierig die Lippen, und nachdem sie die Ampullen dann geknackt hatten, stellten sie fest, daß sie mit Borschtsch gefüllt waren, den sie nun grinsend in die Kamera hielten. Ein russischer Scherz… Zum Totlachen, dachte Stone und rang sich ein Grinsen ab, das kläglich mißglückte.
Nachdem die Reste der Mahlzeit beseitigt waren, endete die Fernsehübertragung. Schließlich mußte die Besatzung sich auch einmal entspannen. Doch Bob Crippen, der an diesem Tag als Capcom Dienst tat, meldete sich aus Houston:
»Moonlab, wir haben eine Überraschung für euch. Sprechen Sie, Mister President; Sie sind mit Moonlab verbunden.«
Der vertraute Georgia-Dialekt drang aus dem Lautsprecher:
»Guten Abend, meine Herren. Oder sollte ich lieber ›Guten Morgen‹ sagen? Ich melde mich aus dem Oval Office im Weißen Haus. Dies ist wohl das bemerkenswerteste
Telefongespräch, Joe, seit John Kennedy mit Ihnen und Neil Armstrong auf dem Mond gesprochen hat. Das ist nun schon elf Jahre her…«
Die Besatzungen saßen am Tisch und blickten mit starrem
Lächeln in die Kamera.
Carters Ansprache war mit Banalitäten gespickt und wollte überhaupt kein Ende nehmen. Solowjow und Wiktorenko waren erschüttert. Carter war ja noch dämlicher als Breschnew.
Es wäre nicht so schlimm, sagte Stone sich, wenn wir nicht wüßten, daß Carter bald abtreten wird. Und daß er das Raumfahrtprogramm immer voll unterstützt hat.
Nun widmete Carter sich jedem einzelnen Astronauten und
Kosmonauten. »Na, Joe. Ich glaube, das ist Ihr erster Flug seit elf Jahren.«
»Ja, Sir, das ist mein erster Flug seit der Mondlandung. Es ist wundervoll, wieder im Weltraum zu sein.«
»Hätten Sie vielleicht einen Rat für die jungen Leute, die hoffen, bei späteren Weltraum-Missionen mitzufliegen?«
Muldoons Gesicht war wie aus Stein gemeißelt. Stone wußte genau, was er dachte. Klar. Mach dich nicht selbst zum Trottel, indem du der NASA am Zeug flickst. »Nun, Sir, ich würde sagen, der beste Rat, den ich ihnen geben kann, ist der, daß sie sich für ein Ziel entscheiden und es dann mit aller Kraft anstreben sollten…«
Solange Carter nicht fragt, ob er seine Frau vermißt, sagte Stone sich, wird Muldoon Ruhe bewahren; es wußte nämlich jeder in Houston, daß Jill ihn ein paar Monate vor dem Start verlassen hatte. In der Zeitung hatte es aber
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