Mission Ares
hinzu.«
Der Nebenraum hätte eigentlich als Operationszentrale für die Mondspaziergänge dienen sollen. An den Wänden hingen Checklisten für die Besatzungen sowie Aufnahmen der
Landezone, die von Orbiter-und Apollo-Missionen stammten.
Das Gebiet hieß Fra Mauro und war im lunaren Hochland
gelegen: der erste, auch in wissenschaftlicher Hinsicht
interessante Ort, an dem ein Raumschiff landen sollte. Noch war er unberührt.
Bei Michaels Eintreffen saßen Muldoon und Agronski an
einem großen walnußförmigen Tisch im Mittelpunkt des
Raums. Agronski, dürr bis zur Magersucht, blätterte in ein paar Notizzetteln, die er aus der Aktentasche geholt hatte; Muldoon standen vor Müdigkeit Ringe um die Augen, und er hatte die großen, kräftigen Hände auf dem Tisch gefaltet. Er schaute Michaels ungeduldig an. Josephson wuselte herum und schenkte Kaffee ein.
Michaels setzte sich auf einen Stuhl, und die promovierte Hilfskraft schenkte ihm Kaffee ein. Dann zog Josephson sich zurück und überließ die drei sich selbst.
Michaels stellte Muldoon Agronski vor. »Leon, Joe gehört zur ReserveBesatzung für Apollo 14 und soll als Kommandant von Apollo 17 fliegen. Joe, ich habe Sie eingeladen, um uns auf die Sprünge zu helfen.«
Das ist der zweite Amerikaner auf dem Mond, Agronski, du schmallippiges Arschloch, sagte Michaels sich. Sieh ihn dir nur an! In voller Lebensgröße und doppelt so mutig! Eine lebende Legende! Bekunde ihm ein wenig Respekt!
Bei den Lichtstrahlen, die den Raum durchzuckten, war
Michaels nicht in der Lage, Agronskis Augen hinter der
dünnrandigen Brille zu erkennen.
Joe Muldoon sah Michaels düster an. Muldoons Blick aus
diesen blauen Augen in dem massigen Schädel mit dem
schütteren Haar sprach Bände: er hielt Michaels für einen Sesselfurzer, der Muldoon an einem Tag wie diesem nur die Zeit stahl. Wo er – Muldoon – doch viel lieber in Gebäude 5
oder in der MOCR bei den anderen Jungs gewesen wäre und
sich Gedanken um die Rettung der Besatzung dort draußen
gemacht hätte…
Mein Gott, sagte Michaels sich plötzlich. Vielleicht habe ich einen Fehler gemacht. Wenn Muldoon an die Decke geht, wird das eine mittlere Katastrophe. Er warf Muldoon einen beschwichtigenden Blick zu.
Agronski übergab Michaels ein Dokument aus seiner
Aktentasche. »Es tut mir leid, Oberst Muldoon; ich hatte nicht mit Ihrer Anwesenheit gerechnet. Ich habe nur zwei Exemplare dabei.«
Muldoon musterte den Wissenschaftlichen Beirat mit seinem Raubvogelblick, doch der schien das nicht zu bemerken.
Bei dem Dokument handelte es sich um eine Kopie aus
mehreren Originalunterlagen mit handschriftlichen
Eintragungen und dem Siegel des Präsidenten auf der ersten Seite.
»Dies ist die Ansprache, die der Präsident im März halten wollte«, sagte Agronski. »Eine formelle Erwiderung auf den Bericht der ›Arbeitsgruppe Raumfahrt‹. Aber er hat sie zurückgezogen. Ich möchte Ihnen dieses Manuskript zeigen, Fred, um Ihnen die Denkweise der Regierung vor Augen zu führen.«
Michaels überflog den Text.
… Während des letzten Jahrzehnts ist der Mond das
Hauptziel unseres nationalen Raumfahrtprogramms gewesen…
Ich glaube, diese Errungenschaften sollten uns eine neue Perspektive des Raumfahrtprogramms vermitteln… Wir müssen neue Ziele definieren, die den Gegebenheiten der siebziger Jahre gerecht werden. Wir müssen, auf dem Erfolg der Vergangenheit aufbauend, nach neuen Zielen streben. Aber wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, daß noch viele Probleme auf diesem Planeten zu lösen sind. Das ist nur durch den Einsatz entsprechender Ressourcen möglich. Einen Stillstand des Raumfahrtprogramms darf es nicht geben. Doch wo wir genug Zeit haben und das Universum uns offensteht, sollten wir einen Schritt nach dem andern tun. Bei der Erschließung des Weltraums müssen wir kühn, aber auch überlegt handeln…
Mein Gott, sagte Michaels sich. Wir stecken in Schwierigkeiten.
Er las weiter. Wirtschaftliche Erwägungen dominierten. Der Rotstift führte Regie. Kein Geld mehr für Mondflüge nach Apollo 20. Das Raumstation-Projekt im Grunde auf Skylab reduziert. Alle Entscheidungen für die Zeit nach Apollo und Skylab verschoben – also auf Eis gelegt.
Die Machbarkeitsstudien für das Space Shuttle schienen
davon ausgenommen, aber auch nur, weil Nixon das Shuttle als Minimaloption betrachtete: Wir müssen die Kosten der Raumfahrt substantiell reduzieren… mittelfristig müssen wir kostengünstigere und
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