Mission Ares
wiederverwendet werden können, indem sie mit Tragflächen, Fallschirmen, wasserstoffgefüllten Ballons, Luftbremsen, Paragleitern und Systemen aus rotierenden Fallschirmen ausgerüstet wurde.
Also hatte Rockwell – der Hersteller von Apollo – zur aller Überraschung das Nachsehen. Als Trostpflaster durfte das Unternehmen ein Programm auflegen, in dessen Rahmen die S-II, die wasserstoffbetriebene zweite Stufe der Saturn, zu einer interplanetaren Zündstufe modifiziert wurde. Weil es sich jedoch um den Part handelte, der von NERVA übernommen werden sollte, war das S-II-Programm bereits redundant, bevor es überhaupt begonnen hatte, und es wurde auch schon die Frage nach dem Sinn dieses Programms gestellt.
Dennoch rechnete Johnson damit, daß Rockwell auf die eine oder andere Art entschädigt werden würde. Die Firma war bereits Anwärter für das große Trägerraketen-Programm, das aus der heutigen Entscheidung resultieren würde, obwohl sie noch nicht einmal verkündet war…
Inzwischen waren die Militärs auf Johnsons Linie
eingeschwenkt, nachdem er ihnen versprochen hatte, sie
würden bei den neuen Skylabs berücksichtigt werden. Dadurch hatten sie die Möglichkeit, an die Missionsziele der alten Bemannten Orbital-Labors anzuknüpfen.
Beim neuen Raumfahrtprogramm handelte es sich um eine
Resultierende des Gleichgewichts der Kräfte, um einen
Kompromiß zwischen den Fraktionen im Weißen Haus und im
Kongreß. Im Grunde nichts Neues, sagte Josephson sich.
Doch es wäre nicht möglich gewesen, ohne daß Michaels
Fäden gezogen, Leute um einen Gefallen gebeten und sich des Geflechts aus politischen Allianzen bedient hätte, das er im Lauf der Jahre geknüpft hatte. Ein nicht so begnadeter Direktor – Thomas Paine zum Beispiel – hätte das niemals zuwege gebracht. Und doch wußte Josephson, daß Michaels’ Arbeit gerade erst begonnen hatte. Michaels war es bisher lediglich gelungen, die Zusage für den Start eines neuen Programms zu erhalten; die Herausforderung lag nun darin, dafür zu sorgen, daß diese Zusage auch für die zukünftige Entwicklung des Programms Gültigkeit hatte.
Fred Michaels kannte Nixon noch aus den Sputnik-Tagen, wo er Eisenhowers Vizepräsident gewesen war. Michaels glaubte, daß Nixon den Symbolgehalt des Raumfahrt-Zeitalters von Anfang an erkannt hatte. »In erster Linie geht es hier um Politik und nicht um Wissenschaft«, hatte Michaels Josephson offenbart, und Josephson sprach diese Erkenntnis nun auf Band. »Das eigentliche Motiv für die Raumfahrt ist Prestige.
Nixon hat das begriffen. In dieser Hinsicht ist er formbar wie Lehm. Ich sage Ihnen, Tim: im Grunde wundere ich mich überhaupt nicht darüber, wie die Dinge sich entwickelt haben.
Alles was er brauchte, war das richtige Argument…«
Vielleicht, sagte Josephson sich. Doch Nixon war auch ein hochintelligenter Pragmatiker, ein Mann, auf dessen
Prioritätenliste die Raumfahrt ziemlich weit unten stand.
Er hätte sich auch dafür entscheiden können, die bemannte Raumfahrt ganz einzustellen.
Und doch, und doch …
Und doch war da noch der liebe alte Jack Kennedy, der wie ein Geist aus seinem Studierzimmer in Neuengland sprach und den Amerikanern unablässig sagte, daß sie besser seien als das pessimistische Bild, das sie von sich selbst hatten: daß es ihnen schließlich gelungen sei, vor den Augen der ganzen Welt Menschen auf den Mond zu schicken; daß sie nicht stehenbleiben, sondern weitergehen und sich im Lichte des feurigen Traums immer wieder neu erfinden sollten – des Traums, dessen lebende Verkörperung Kennedy geworden war…
Und heute schlug die Stunde der Entscheidung. Michaels war zu einer Besprechung mit Agronski, anderen Beratern des Präsidenten und Repräsentanten des Haushaltsausschusses
gebeten worden.
Agronski, so hatte Michaels Josephson gesagt, war gleich zur Sache gekommen. »Sie werden Ihren Mars-Tinnef bekommen, Fred. Gegen meine Überzeugung.«
»Der Präsident hat das Programm genehmigt.«
»Ja.« Agronski wühlte in seinen Unterlagen. »Es stehen noch ein paar Entscheidungen in bezug auf den Umfang und die Kosten aus…«
Michaels grunzte. »Was hat ihn dazu bewogen?«
»Eine Reihe von Faktoren. Vor allem der Punkt, daß es unser Prestige im In-und Ausland beschädigen würde, wenn wir den bemannten Raumflug ganz einstellten.« Er klang zerknirscht.
»Daß die Mars-Mission die einzige Option ist, die sowohl prestigeträchtig ist als auch mit relativ geringem finanziellen
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