Mission Ares
Oberfläche zu erkennen, das zur Schaffung solcher Gräben imstande gewesen wäre. Vielleicht war das Wasser verdunstet oder befand sich in unterirdischen Reservoirs.
Das war es, was für sie den Reiz des Mars ausmachte, diese Mischung aus Mondlandschaft und erdähnlichen Witterungsverhältnissen, eine Kombination, die eine
außergewöhnliche Welt ergab: sie glich weder der Erde noch dem Mond, sondern hatte eben die charakteristischen Eigenschaften des Mars.
Doch sie hatte damit nichts zu tun.
Sie hatte schon lange erkannt, daß die Arbeit, die sie
verrichtete, keine glanzvolle, aber wenigstens eine solide Karriere begründete. Ihre Zukunft lag wahrscheinlich in der kommerziellen Geologie, und sie würde ihr Leben auf Ölfeldern oder in Bergwerken verbringen. Sie konnte sich schon einmal auf Hitze und Kälte, Klapperschlangen, Kuhmist und giftige Pflanzen einstellen…
Kurzum: ihr Berufsleben würde todlangweilig werden.
Sie würde Mike nie sehen. Sie interessierte sich nicht einmal für ihre Arbeit. Und inzwischen verbrachte sie ihre Freizeit damit, in der Phantasie geologische Erkundungen auf der pockennarbigen Oberfläche des alten Mars durchzuführen.
Es lief darauf hinaus, sagte sie sich mit vorbehaltloser Offenheit, daß ihr Privatleben seit Jahren stagnierte. Wie ihr Berufsleben.
Irgendwo im Innern spürte sie den Keim einer neuerlichen Entschlossenheit, wie ein Staubkorn, um das eine neue Zukunft sich kristallisiert.
Ich muß näher an diese Mars-Sache ran. Nicht für Mike, nicht einmal für Ben Priest. Für mich.
Vielleicht gab es eine Möglichkeit. Vielleicht erhielt sie im Raumfahrtwissenschaftlichen Laboratorium hier in Berkeley eine Anstellung, in diesem großen weißen Gebäude auf dem Gipfel des Grizzly Peak.
Sie stieg aus dem Bett, grub den Schnellhefter mit Fotos vom Mars aus und widmete sich wieder dem Studium der erodierten Krater.
Donnerstag, 7. Juni 1973
Lyndon B. Johnson-Raumfahrtzentrum, Houston
(das ehemalige Zentrum für Bemannte Raumfahrt)
Phil Stone war der erste, der die Weiterungen von Segers Aussage begriff.
»Mein Gott«, sagte er. »Sie wollen uns zum Mond schicken.
Richtig?«
»Ja. Ja, das ist richtig. Das habe ich vor. Ich will Ihnen eine Saturn V geben und Sie in einen Orbit um den Mond schicken.«
Chuck Jones starrte Seger an, wobei sein breites Gesicht sich vor Erstaunen in Falten legte. »Natürlich wollen Sie das.«
Für lange Sekunden saßen die drei schweigend da.
Stone war wie betäubt; in diesem sterilen, nüchternen Büro, noch dazu am frühen Morgen, vermochte er eine solche Neuigkeit nicht zu verarbeiten.
Skylab B, die zweite Saturnmission im Erdorbit mit der
Arbeitsbezeichnung ›Nasse Werkstatt‹ sollte Stones erster Flug ins All werden. Er hatte sich schon seit Monaten auf die wissenschaftlichen und praktischen Anforderungen der Mission vorbereitet. Und nun wollte Seger alles über den Haufen werfen und ihn zum Mond schicken? Mein Gott.
Seger befingerte die Spange am Revers. »Sie müssen das
größere Bild im Auge haben. NERVA steht wieder auf der
Kippe. Das Testprogramm wurde eingestellt, wodurch
wiederum Mittel für eine Saturn V frei wurden. Und wir
müssen sie nutzen, denn sonst verlieren wir sie. Also will ich sie nutzen, um euch Jungs damit auf eine Mondumlaufbahn zu schicken.«
Stone runzelte die Stirn. »Die Saturn V ist doch gerade für den bemannten Raumflug bestimmt. Wie sollen wir sie dann verlieren?«
Seger zuckte die Achseln. »Wir haben die Kiste zwar gebaut, aber wir haben noch nicht das Geld, um sie auch fliegen zu lassen.«
»Wir können nicht zum Mond fliegen«, knurrte Chuck Jones.
»Wir warten noch immer auf das J-2S.« Stationen für den
Mondorbit waren zwar geplant, doch die Umsetzung würde
noch ein paar Jahre auf sich warten lassen. Zuvor mußte die S-IVB umfassenden Modifikationen unterzogen werden: das modernisierte J-2S-Haupttriebwerk, die Erhöhung der
Nutzlastkapazität, eine automatische Trimmung für den
Schwund in den Brennstofftanks, elektrische Heizdecken und Mylar-Isolierung, zusätzliche Batterien, eine modernisierte Elektronik… »Die beschissene S-IVB hat nicht mal genug Leistung, um aus eigener Kraft auf eine Mondumlaufbahn zu gelangen.«
»Nein, hat sie nicht. Aber die Leistung reicht trotzdem aus.
Sehen Sie.« Seger hatte ein paar Hochglanzbroschüren auf dem Schreibtisch liegen, die er nun verteilte.
Stone überflog sein Exemplar. Es handelte sich um eine
Zusammenfassung
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