Mission Arktis
sich in der CrewKabine um. Delta One saß angeschnallt im Notsitz, bereit, jederzeit mit dem Rest seines Zwölfmannteams auf einen Befehl zu reagieren. Mit ausdruckslosem Gesicht starrte er auf die Schneefelder hinaus.
Jenny folgte seinem Blick. Die roten Gebäude von Omega waren nur noch ein verschwommener Fleck auf dem Eis. Die Sonne stand kurz über dem Horizont. Die Tage wurden länger, es ging auf die Zeit der Mitternachtssonne zu.
Würde dieser Tag je zu Ende gehen?
Seufzend wandte sie sich den Aufzeichnungen zu und wollte gerade weiterlesen, als ein Feuerblitz ihren Blick zum Fenster zurücklenkte.
Der ganze Horizont erstrahlte in einer vom Schnee umwirbelten Flammenrose.
Dann hatte die Explosion sie erreicht. Selbst durch ihre Kopfhörer hörte sie das dumpfe Krachen und spürte es körperlich, als hätte ein Maultier sie gegen die Brust getreten.
Gott … nein … nein …!
Jenny lehnte sich in ihrem Sicherheitsgurt zum Fenster hinüber, die Augen weit vor Schock und Entsetzen. Das war zu schrecklich, sie konnte es nicht glauben. Hohl drangen die Geräusche an ihre strapazierten Ohren. Etwas in ihr schrie auf.
Der Helikopter legte sich schräg und drehte ab. Einen Augenblick konnte sie nicht nach draußen sehen, und sie schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass sie sich getäuscht hatte. Doch dann erschien wieder der feurige Tornado draußen auf den Eisfeldern, eine wirbelnde Flammensäule, die in der Thermik schwankte. Wo früher die Driftstation gewesen war, loderte jetzt ein Feuer, so hoch, dass es fast den davonfliegenden Helikopter erreichte.
Langsam fiel die Flammenkaskade in sich zusammen, verzehrt von Wind und Schnee.
Jennys Gehör kehrte zurück. Überraschungs- und Entsetzensschreie hallten durch die Kabine. Die Männer reckten sich, um besser sehen zu können, und auf ihren Gesichtern spiegelten sich Wut und Schmerz.
Auf der gefrorenen Ödnis unter ihnen klaffte, erleuchtet von den langsam ersterbenden Flammen, ein riesiges Loch, qualmend wie ein arktischer Vulkan.
Von Omega war nichts mehr übrig. Die Driftstation war ausgelöscht, weggeblasen von der Erdoberfläche.
Jenny konnte kaum atmen. Ihr Vater … all die anderen …
Über das Funkgerät schrie Craig in die Kabine: »Verdammt noch mal! Ich dachte, ihr hättet alle Sprengfallen der Russen entschärft!«
»Das haben wir, Sir!«, antwortete ein Sergeant. »Es sei denn … es sei denn, ich habe eine übersehen …«
Jenny bekam immer noch keine Luft. Ihre Augen waren voller Tränen, die sie krampfhaft mit den Wimpern zurückzuhalten versuchte. In allen Gesichtern sah sie ehrliche Überraschung und Bestürzung – in allen, bis auf eines.
Der Anführer des DeltaForceTeams starrte immer noch auf die brennende Landschaft hinaus. Sein Gesichtsausdruck hatte sich nicht verändert, er wirkte noch immer stoisch, ungerührt … und kein bisschen überrascht.
Ihre Blicke trafen sich.
Und da dämmerte Jenny voller Entsetzen, was wirklich geschehen war.
Sie hörte zu, wie Craig den Sergeant herunterputzte. Und sie hörte auch die Lüge in seiner Stimme. Es war eine abgekartete Sache gewesen. Die amerikanischen Teamführer handelten nach der gleichen Devise wie die Russen: Greift euch die Trophäe und hinterlasst keine Mitwisser! Es war eine Säuberungsaktion.
Keine Augenzeugen.
Jenny behielt den Ausdruck schockierten Entsetzens auf ihrem Gesicht und ließ sich nicht anmerken, was sie gerade begriffen hatte. Sie starrte zu Delta One hinüber. Er erwiderte ihren Blick und versuchte, in ihren Augen zu lesen. Solange sie nützlich war, würde sie überleben. Dass sie die InuktitutSchrift kannte, war alles, was zwischen ihr und einer Kugel in den Kopf stand.
Craig heuchelte durch das Funkgerät Beileidsbezeugungen in ihr Ohr. Aber sie stellte sich taub und starrte in ihr Buch.
Aus den Augenwinkeln sah sie den Tanz der Flammen. Tränen rollten ihr über die Wangen – Tränen der Trauer und der Wut. Papa …
Ihre Hand bewegte sich zu ihrem Pistolenhalfter. Noch ein nicht eingehaltenes Versprechen.
Das Halfter war leer.
KAPITEL 17
Feuerprobe
9. April, 19:55 Uhr
Eisstation Grendel
Nachdem man ihn mit vorgehaltener Waffe zurückgebracht hatte, saß Matt nun wieder in seiner Zelle. Seltsamerweise hatte man den Jungen bei ihm gelassen.
Maki lag zusammengerollt auf dem Bett, eingehüllt in einen Kokon von Decken. Vielleicht wollte der Admiral beide, den Jungen und seinen Dolmetscher, in seiner Nähe haben. Matt jedenfalls hatte nichts
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