Mission auf Leben und Tod
Kapitäns und seiner Leute.
Die Navy SEALs, die Elite-Kampfeinheit, die oftmals fern der Meere eingesetzt wurde, unterlag demselben Ehrenkodex. Und hier war ein ganzes Lager anscheinend bereit, sich hinter einen hoch geachteten Offizier zu stellen, der im Grunde nur getan hatte, was die anderen sich zwar gewünscht, aber nicht gewagt hatten.
Unter Umständen wie diesen neigten viele dazu, den Mund zu halten und nichts zu sagen. Was zweifellos oft geschehen war, wenn die Mannschaft unter Druck stand. In diesem Fall kamen aber noch die hysterischen Medien hinzu, die die Bestrafung der Schuldigen forderten und verlangten, die USA dürften keinesfalls unter denselben gesetzlosen Prämissen operieren wie die Terroristen. Was schön und gut war, falls man nicht zufällig Charlie O’Brien, Frank Brooks oder Billy-Ray Jackson war. Oder einer ihrer wertgeschätzten Freunde.
Wie Admiral Bradfield es so treffend ausdrückte: Hmmmmm. Ein heikles Problem.
Letztendlich hing alles von der Meinung des Judge Advocate General ab, des JAG, der oftmals ein vernünftiger und umgänglicher Marineoffizier war, als Vertreter der Militärgerichtsbarkeit jedoch über jede Operation der Spezialkräfte seinen dunklen Schatten warf.
Ein bis an die Zähne bewaffneter Navy SEAL, dessen Körperkraft eher einem Puma als einem normalen menschlichen Wesen glich, war ein äußerst gefährlicher Zeitgenosse. Jeder von ihnen war mental und körperlich darauf konditioniert, seinen Gegner zu vernichten. Was sehr unangenehm sein konnte, wenn er nicht wusste, mit welchem Gegner er es überhaupt zu tun hatte.
Auf Kriegsschauplätzen wie dem Irak oder Afghanistan trugen die Aufständischen keine Uniform, sie waren bewaffnet oder auch nicht, vielleicht waren sie Spione, vielleicht nicht, vielleicht waren sie nur Späher für ein lauerndes El-Kaida-Kommando, das vielleicht irgendwo in den Straßen eine tödliche Sprengladung anbrachte. Vielleicht aber auch nicht. Navy SEALs mussten gedanklich blitzschnell reagieren können.
SEALs operierten jedoch häufig hinter den feindlichen Linien. Weit, weit hinter den Linien eines unsichtbaren Feindes. Hier herrschten andere Spielregeln für die jungen amerikanischen Soldaten, die fern der Heimat, fern jeglicher Hilfe waren und sich nie eingestehen würden, dass sie Angst hatten. Sie operierten unter einem gewaltigen Druck und bliesen den Einheimischen manchmal einfach nur deshalb den Kopf weg, weil sie die doppelte Anspannung aus Angst und leidvoller eigener Erfahrung nicht mehr aushielten. Diesen jungen Männern erschien der Schatten des JAG besonders dunkel und bedrohlich.
Ihm selbst stellte sich dabei eine unmögliche Aufgabe – zum einen sollte er die Wahrheit herausfinden, die Umstände abwägen und sich in die Lage der SEALs versetzen. Zum anderen musste er versuchen, dem Pentagon gegen die Unterstellungen Al-Dschasiras, der US-Medien und militanter Islamisten den Rücken zu stärken. Aus unzähligen Gründen musste er zum Wohl des US-Militärs gegenüber allen Interessenvertretern rücksichtslose Gerechtigkeit walten lassen.
Der JAG, der nun im Camp Hitmen seiner Aufgabe nachging, befand sich in einer misslichen Lage. Die vorliegende Untersuchung betraf einen ganz besonderen Mann, Mackenzie Bedford, Bester in seinem Kampfschwimmer-Ausbildungsjahrgang, hochdekorierter SEAL-Commander, der von nahezu allen, die unter seinem Befehl gedient hatten, verehrt wurde. Und, schlimmer noch, ein Mann, der versuchen musste, mit dieser furchtbaren Krankheit seines einzigen Sohnes Tommy zurechtzukommen.
Dem JAG, Commander Greg Farrell, gefiel das nicht. Ganz und gar nicht. Er kannte Mack Bedford seit vielen Jahren. Sosehr er sich daher auch bemühte, die Atmosphäre bei den von ihm durchgeführten Befragungen aufzulockern, es wollte ihm nicht so recht gelingen.
Noch enervierender waren die Reaktionen der anderen SEALs, die die Morde miterlebt hatten. Er konnte es in ihren Augen lesen: Du Scheißkerl – du willst unseren Commander vors Militärgericht zerren, und damit das gleich klar ist, von mir kannst du keine Hilfe erwarten.
Greg Farrell wusste, was auf dem Spiel stand. Er hatte mehrere Jahre in der Gerichtsbarkeit der Navy gearbeitet. Er hatte Jura studiert, seine Zulassung als Anwalt erhalten und für eine große Kanzlei in Boston gearbeitet. Nach einer sehr unschönen Scheidung in jungen Jahren hatte er allerdings beschlossen, das alles hinter sich zu lassen und zur Navy zu gehen.
Nach Abschluss der
Weitere Kostenlose Bücher