Mission auf Leben und Tod
nicht anders.
Er sah auf seine Uhr und riss sich von der Welt los, die er so gut kannte, von diesem Küstenabschnitt in Maine, und tauchte ein in die Welt des vorsätzlichen Mordes, einer gnadenlosen, brutalen Welt, in die er nicht hingehörte. Er zog sein Handy heraus und gab 01133 für Frankreich ein, darauf die Nummer, die ihn mit dem Büro in der Seitengasse in Marseille verband, der Abteilung für Attentate, Rauls Welt.
KAPITEL FÜNF
Noch nie hatte Mack Bedford so nahe davor gestanden, die Nerven zu verlieren. Exakt um 10.15 Uhr klappte er das Handy zu; er lehnte an einem Felsen an der Kennebec-Mündung und teilte einem halben Dutzend unermüdlicher Flussuferläufer mit, dass er es einfach nicht konnte. Harry Remson musste sich einen anderen suchen. Er, Lieutenant Commander Mackenzie Bedford, konnte sich nicht sehenden Auges unter die Verbrecher begeben, schon gar nicht unter solche zwielichtigen Ganoven und gedungenen Mörder, die in einer Seitengasse in Marseille hausten. Das konnte niemand von ihm verlangen.
Schon schlimm genug, dass er ein Telefonat geführt hatte, um die Ermordung des nächsten französischen Präsidenten in die Wege zu leiten. Allein das konnte ihm an die zehn Jahre Knast einbringen. Mack stand auf, schob das Handy in die Tasche und ging den Uferpfad zurück. Dann dachte er an seinen alten Freund Harry und daran, was auf dem Spiel stand. Für den Remson-Boss gab es keinen Grund, sich auf das alles einzulassen. Er hatte genügend Geld, er könnte sich einfach in sein Schicksal fügen und die Werft dichtmachen. Es würde sein Leben kaum berühren.
Wahrscheinlich wäre er ohne die Werft sogar besser dran. Ihm gehörte eine wunderbare 23-Meter-Ketsch, die er in Saint Bart in der Karibik liegen hatte, dort könnte er den Winter verbringen, er müsste nicht in Frost und Schnee ausharren und sich mit den Problemen der Schiffbauindustrie in Maine herumschlagen.
Nein, Harry setzte nicht für sich und seine Familie sein Leben aufs Spiel. Seine Frau Jane konnte ganz wunderbar ohne die Werft auskommen. Harry machte es für die Bewohner von Dartford. Er gab zwei Millionen Dollar aus und riskierte eine Gefängnisstrafe, nur damit alle Arbeit, Essen und ein Auskommen hatten. Nicht einen Dollar für sich selbst. Alles für die Stadt. Mit dem Risiko, dass er alles verlieren konnte.
Und da war nun er, Mack Bedford, und schreckte vor einem Telefonat zurück, mit dem er seinen Mitbürgern in Dartford helfen könnte. Zum Teufel, murmelte er und wählte die Marseiller Nummer.
Hier ist Raul. Mr. Morrison?
Richtig, Raul. Mack fühlte sich etwas sicherer. Sein Name war falsch, das Handy konnte nicht zurückverfolgt werden. Ihm konnte nichts geschehen. Im Moment jedenfalls nicht.
Raul kam sofort zur Sache. Er verzichtete auf seinen leichten französischen Akzent und kehrte zu dem Offiziers-Englisch zurück, das man von einem Mann namens Reggie Fortescue erwartete.
»Gut, Mr. Morrison, alter Kumpel, lassen Sie uns diesen Anruf nicht unnötig hinauszögern, das dient ja auch Ihrer Sicherheit, auf die Sie wohl großen Wert legen. Was wollen Sie?«
Mack war erstaunt über die Geradlinigkeit des Engländers, fing sich aber schnell und sagte leise: »Wir wollen jemanden liquidieren.«
»Aha«, erwiderte Raul, als wäre er soeben gebeten worden, jemandem zehn Dollar zu leihen. »Wo hält sich diese Person auf?«
»In Frankreich, wahrscheinlich in der Bretagne.«
»Aha. Sind Sie bereit, uns einen Namen zu nennen?«
»Noch nicht«, antwortete Mack. »Haben Sie für solche Projekte feste Tarife?«
»Einfache Aufträge beginnen bei 300 000 US-Dollar. Abhängig von den persönlichen Sicherheitsmaßnahmen der Zielperson steigt unser Honorar dann an. Kann bis zu einer Million kosten, möglicherweise noch mehr. Ist die Person sehr bekannt?«
»Ja.«
»Dann fangen wir bei einer Million an. Je höher das Risiko, umso höher der Preis.«
»Verstehe. Heißt das, Sie übernehmen das Projekt auf alle Fälle, falls der Preis stimmt?«
»Nicht unbedingt. Wir haben auch schon zwei große Jobs abgelehnt. Die jeweiligen Zielpersonen waren Staatsoberhäupter. Das war uns eine Nummer zu groß.«
»Verständlich. Sind Sie das größte Unternehmen dieser Art?«
»Ja, ich denke schon. Sie fragen wahrscheinlich, weil Sie sich nach Alternativen umsehen wollen. Die Antwort darauf ist ganz einfach: Es gibt keine. Wenn wir die Sache nicht machen, macht es niemand.«
»Raul, Sie sind mir eine große Hilfe, aber Sie werden
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