Mission Clockwork: Angriff aus der Tiefe
liebreizender Ort ist nun das Ziel unseres Ausflugs?«, wollte Colette wissen.
»Sie haben gleich das Vergnügen, durch Icaria zu flanieren, meine Liebe.«
Als letzter Teil der Ausrüstung fehlte jetzt nur noch der kugelförmige Helm mit kleinen, kreisförmigen Sichtfeldern vorne und an den Seiten. Cerdà, der mittlerweile ebenfalls seinen Aquaanzug angezogen hatte, hielt ihnen zwei Helme entgegen.
»Bevor Sie Ihre Helme gleich einrasten lassen, noch einige Informationen«, ergriff die Kapitänin wieder das Wort. »Jeder Helm ist mit einer Lampe ausgestattet. Die elektrischen Zellen halten acht Stunden. Die Anzüge sind schwer, aber im Wasser fühlen sie sich viel leichter an. Vielleicht werden wir sogar tanzen?« Bei dieser letzten Bemerkung warf sie den Kopf zurück und lachte. So ausgelassen hatte Colette die Kapitänin noch nie erlebt. Es war offensichtlich, wie sehr sie sich auf den Ausflug freute.
»Also, Mr Warkin, ich hoffe, Sie sind ein guter Tänzer«, sagte Colette.
»Ich freue mich darauf, als erster Engländer auf dem Meeresgrund Walzer zu tanzen!«
Bevor Colette etwas erwidern konnte, stülpte ihr Cerdà den Aquahelm über den Kopf. Sie blickte durch das kleine Fenster. Die Scheibe beschlug bereits von ihrem Atem. Ihr Herzschlag verdoppelte sich und sie atmete hektisch, allerdings lief davon das Glas nur noch stärker an. Sie konnte das Blut in ihren Ohren rauschen hören.
Die Kapitänin gab ihnen ein Zeichen, sich in Bewegung zu setzen, und Schritt für Schritt wankte Colette ungelenk mit den anderen in eine kleine Kammer, in der sie zu fünft dicht gedrängt standen. Girona schloss die schwere Tür mit dem Bullauge und drehte ein Speichenrad.
Colette warf Modo einen Blick zu. In seinen Augen schienen dieselbe Furcht und Erregung zu liegen, die sie empfand. Ein Rauschen ertönte, dann breitete sich Kälte von den Fußsohlen über die Knie bis zu den Hüften aus. Als Colette nach unten blickte, sah sie, dass die Kammer sich mit Wasser füllte. Bald schon erreichte es ihre Arme, dann den Hals. Ein Gefühl von Panik kribbelte in ihrem Magen und sie erinnerte sich daran, wie ihr Vater ihr das Schwimmen beigebracht hatte. Kontrolliere immer deine Atmung . Also konzentrierte sie sich darauf, bewusst sehr langsam zu atmen und die Atemzüge zu zählen. Als das Wasser über ihren Kopf stieg, hatte sie sich wieder gefangen. Die Fenster in ihrem Helm wurden klar.
Ein gedämpftes Klacken war zu hören, als Cerdà die Tür vor ihnen öffnete und Monturiol bedeutete Colette und Modo mit einem Wink, ihr zu folgen. Die Lichter der Ictíneo beleuchteten den Meeresgrund.
Bei ihrem ersten Schritt sank Colette in den weichen Boden ein, doch nur wenige Zentimeter tiefer gab es festen Grund und schon bald stand sie sicher. Neben ihrem Fuß lag ein leuchtend orangefarbener Seestern. Sie waren umgeben von knolligen violetten und roten Pflanzen und anderen, die mit Stacheln oder Flaum bedeckt waren. Orangefarbene pilzähnliche Gewächse wogten hin und her. Graue Fische huschten blitzschnell davon. Colette kannte sich mit der Meeresfauna und -flora nicht besonders gut aus.
Sie folgte Monturiol und Cerdà und war überrascht, wie wenig Gewicht der Anzug hier draußen zu haben schien, selbst wenn es immer noch ein wenig mühsam war, sich darin zu bewegen. Modo befand sich direkt hinter ihr und sie winkte ihm und Garay mit schwerer Hand fröhlich zu. Der Meeresboden war gar nicht so flach, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie schienen bergauf zu gehen. In der Ferne schwamm etwas Großes, aber der Lichtkegel ihrer Helmlampe reichte nicht so weit. Was, wenn es ein Hai war? Bilder der sinkenden Vendetta und der Rückenflossen, die das Wasser durchschnitten, schossen ihr durch den Kopf. Ihr Magen krampfte sich zusammen, doch sie fuhr fort, einen Fuß vor den anderen zu setzen.
Nach einem fünfzehnminütigen Marsch erreichten sie einen Wald aus hohen Algen. Kapitänin Monturiol machte halt, kniete nieder und schien zu beten. Cerdà kniete sich neben sie und auch der Genosse Garay schloss sich etwas schwerfällig an. Colette drehte sich um und warf Modo einen Blick zu, auf den er mit einem fast unmerklichen Schulterzucken antwortete. Erst als Colette noch einen Schritt näher an die drei herantrat, sah sie den Grabstein. Narcís Monturiol I. Estarriol lautete die eingemeißelte Inschrift. Es war das Grab des Vaters der Kapitänin. Des Erfinders des Unterseeschiffes. Außerdem gab es noch fünf weitere Grabstätten,
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