Mission Clockwork
überängstlich, wie er selbst zugibt.«
»Der Name sagt mir nichts. Und ich kenne sie alle.«
»Er lebt in Bonn.«
Sie klopfte sich mit dem Finger auf die Wange. Modo schüttelte ungläubig den Kopf und blickte erneut hin. War das möglich? Ihre Hand schien aus Metall zu bestehen. Die Finger waren so gearbeitet, dass sie gekrümmt und bewegt werden konnten, als wären sie aus Fleisch und Knochen. Sie blickte ihren Finger an. Mit einem Schlick fuhr sie plötzlich einen rasierklingenscharfen Nagel aus. Er wirkte lang genug, um seine Kehle aufzuschlitzen.
»Du sagst nicht die Wahrheit.«
Sie kam näher. Modo versuchte, wegzurücken, und strengte sich so sehr an, die Fesseln zu sprengen, dass er spürte, wie eine Ader auf seiner Stirn hervortrat. Die Kratzspuren auf seiner Wange brannten.
Ihre Metallhand streifte leicht über seine Wange. Spinnenartig. Die Spitzen ihrer Fingernägel waren kalt. Dünne Klaviersaitendrähte verbanden ihr Handgelenk mit dem Fleisch ihres Unterarms.
»Es ist unklug, mich anzulügen«, sagte sie sanft. Sie richtete ihren Zeigefinger auf sein linkes Auge und Modo presste sich gegen die Stuhllehne, um vor ihr auszuweichen. »Ich muss wissen, warum du dich für Sachsen-Coburg interessierst. Wer schickt dich?«
»Ich â ich weià nicht«, wimmerte Modo. »Ich nehme nur Ermittlungsaufträge per Post an. Ich ⦠ich treffe meine Kunden nie persönlich.«
Ihr Finger war kaum mehr als einen Zentimeter von seinem Auge entfernt und Modo wusste nicht, ob der Nagel noch ausgefahren war. Jetzt drückte sie die Spitze gegen seinen Augapfel.
Modo entfuhr ein schmerzerfülltes Ãchzen. »Stopp! Tun Sie das nicht! Nein!« Er stieà die Worte hervor. Würde sein Auge aufplatzen? Er dachte an ein Ei, aus dem der Dotter auslief. »Bitte! Bitte! Ich sage Ihnen alles!«
»Wie verständigst du dich mit deinen Auftraggebern?«
»Wie schon gesagt, mittels Briefen.«
»Wann rechnest du damit, dass sie dich wieder kontaktieren?« Bei jedem Wort erhöhte sie den Druck auf sein Auge.
»Aaah! Morgen. Morgen! Man wird einen Brief für mich hinterlegen.«
»Wo?«
»Im ⦠im Red Horn. Zimmer â aaah  â drei.« Er war überrascht, wie gut er sogar lügen konnte, wenn Schmerzen ihm den Verstand vernebelten. »Bitte, nicht. Mein Auge. Mein Auge!«
»Es ist ein schönes Auge«, erwiderte sie. »Es wäre ein Jammer, es blenden zu müssen.«
Sie zog ihren Finger zurück. Modo sog Luft ein wie ein Blasebalg, füllte seine Lungen, als hätte er seit Wochen nicht geatmet. Sein Blick trübte sich, er konnte die Tränen nicht zurückhalten. Er wollte weinen und auf seine Peinigerin einschlagen.
»Was hast du herausgefunden?«, fragte sie.
Er blinzelte so lange, bis er etwas deutlicher sehen konnte. »Dass ich in mein Cottage auf dem Land zurückkehren und die Detektivarbeit an den Nagel hängen sollte.«
Sie lachte. »Selbst in einer aussichtslosen Lage verlierst du nicht den Humor. Wie heldenhaft. Was ich meinte, war: Was hast du über uns herausgefunden?«
»Nur dass es eine Wissenschaftsgesellschaft ist. Das ist alles. Ich stand ganz am Anfang meiner Nachforschungen. Mein Auftraggeber bat mich, die Aktivitäten der Gruppe zu beobachten und mir darüber Aufzeichnungen zu machen.«
Er blinzelte noch ein paar Tränen weg, kniff das linke Auge zu und nutzte nur das unversehrte Auge. Sie wirkte beunruhigt und erstaunlicherweise sogar ein wenig erschrocken.
»Fühlst du dich nicht gut?«, fragte sie.
Er wollte schreien: Was denkst du denn, du Hexe! Du hast mir beinahe das Auge ausgestochen! Stattdessen entgegnete er ruhig: »Ich verstehe nicht?«
»Du hast Flecken auf der Haut und dein Gesicht scheint anzuschwellen.«
Modo spürte, wie seine Knochen sich langsam verschoben, die Muskeln allmählich schlaff wurden. Er konnte sie nicht länger kontrollieren. Das war schon immer so gewesen: Nach ein paar Stunden weigerten sich seine Muskeln, in der fremden Form zu bleiben. Diesmal hatten Schmerzen und Erschöpfung den Vorgang beschleunigt.
Er hustete Schleim aus und als er bemerkte, dass die Frau erschrocken reagierte, tat er es gleich noch einmal, nur lauter. Um die Wirkung noch zu verstärken, würgte er an seinem Speichel und lieà seine Zunge heraushängen.
»Du bist
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