Mission Eureka
meine
Tochter Claudia.«
»Hi«, sagte Stephan noch einmal. Dann
drehte er sich um, nahm seine Sachen und seine Sandalen, sagte
»Entschuldigung« und verschwand wieder im Duschraum. Claudia starrte
ihre Mutter einen Moment lang verwirrt und entgeistert an, dann ging
sie mit steifen Schritten ins Wohnzimmer. Marianne blieb in der Diele
stehen und beobachtete sie schmunzelnd, bis Stephan angezogen war. Sie
brachte ihn zum Wagen; ihr war bewuÃt, daà Claudia sie dabei
beobachtete. Stephan schwang sich hinters Steuer und nahm ihre Hände in
seine.
»Sehen wir uns wieder?« fragte er leise.
»Mal sehen. Ãberlassen wir's dem Zufall.«
»Vielleicht an irgendeinem Strand â¦Â«
»Oder in einer Brauerei â¦Â«
Er
lächelte und lieà den Motor an. »Leb wohl, Yvonne«, sagte er und
erwiderte ihren KuÃ. Vielleicht war es nur Einbildung, aber sie
glaubte, aus dem Haus einen Ausruf der MiÃbilligung zu hören. Dann fuhr
der Wagen an, verschwand um die Ecke, und sie wuÃte, daà Yvonne nicht
mehr als eine Erinnerung war.
Sie ging zurück ins Haus
und wuÃte sofort, daà ihre Phantasie ihr keinen Streich gespielt hatte.
Claudia stand im Wohnzimmer, die Hände in die Hüften gestemmt, einen
vorwurfsvollen Ausdruck im Gesicht.
»Mama, also wirklich ⦠ich weià nicht, was ich sagen soll«, murmelte sie.
»Dann sag halt nichts.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin schockiert, ehrlich!«
Marianne
lächelte. »Ich begreife nicht, wieso«, erwiderte sie. »Wenn ältere
Männer sich junge Mädchen angeln, findet keiner was dabei. Ich darf
dich nur an deinen Professor erinnern, auf den du so verrückt warst.«
»Das war was anderes.«
»Und wieso, wenn ich fragen darf?«
Claudia rang hilflos die Hände. »Wenn du das nicht selbst begreifst, dann kann ich es dir auch nicht erklären.«
Marianne
lachte. »Das hört sich an wie früher, als du klein warst. Wenn du mich
gefragt hast, warum du dieses oder jenes nicht sagen darfst, und ich
dann geantwortet habe: âºDarum nicht.â¹ Ist genau dasselbe.«
»Mama,
ich mag nicht, wenn du so sprichst. Ich kann das nicht hören.« Sie
stapfte wütend aus dem Zimmer. Marianne schaute ihr nach und lächelte
milde. Die Selbstgerechtigkeit der Jugend. Sie war genauso gewesen.
Noch vor nicht allzu langer Zeit.
In
Paris begann Goncourt nervös zu werden. Alles lief bestens. Der
Laborkomplex nahm allmählich Gestalt an. Der Rest des Teams würde in
wenigen Stunden eintreffen. Chantal hatte hervorragende Arbeit
geleistet. Das Ergebnis ihrer Arbeit lag in seinem Safe â in Form
eines säuberlich aufeinandergestapelten Packens Waldegg-Aktien. Alles
lief nach Plan; dennoch war er nervös. Seine Erfahrung sagte ihm, daÃ
irgend etwas Unangenehmes passieren würde.
Es
passierte per Telefon, gerade als er sich zum Mittagessen hinsetzte.
Schon an der Art, wie de Groot »Hallo« sagte, spürte er, daà irgend
etwas nicht stimmte. Es klang irgendwie gepreÃt.
»Waldegg ist vor Gericht gegangen«, eröffnete er Goncourt.
»Was?«
»Nachdem
ich es nun geschafft habe, ihn politisch zu neutralisieren, hat er sich
auf eine neue Taktik verlegt. Ich habe es eben erfahren. Er hat eine
einstweilige Verfügung erwirkt.«
Goncourt stieà eine
nicht druckreife Verwünschung aus und legte auf. Er stand auf, ging
quer durch den Raum zu dem Modell und schaute es nachdenklich an. Er
konnte nicht umhin, eine gewisse Hochachtung vor Waldegg zu empfinden.
Mit einem solchen Schachzug hatte er nicht gerechnet. Sicher, er hatte
keine Chance, damit Erfolg zu haben, aber das war auch nicht das, was
Waldegg wollte. Ihm ging es darum, bei E UREKA Unruhe zu stiften und Zeit zu gewinnen. E UREKA würde die Gelder auf keinen Fall freigeben, solange ein
Gerichtsverfahren anhängig war â und die Mühlen der Justiz mahlten
langsam. Bis die Sache endlich zur Verhandlung kam, würde ihm,
Goncourt, wahrscheinlich längst die Luft ausgegangen sein â und
damit dem gesamten Projekt. Es gab nur einen Weg, das zu verhindern. Er
nahm den Hörer ab â¦
Drei Stunden später kreiste
sein Learjet über dem Zürcher Flughafen. 3.000 Meter über ihm konnte er
Waldeggs Flugzeug in der Warteschleife kreisen sehen. Dann gab der
Tower Goncourts Piloten zuerst die Landeerlaubnis.
Er
betrat die VIP-Lounge, seine
Weitere Kostenlose Bücher