Mission Eureka
sämtliche Fernsehanstalten, die die
Nachricht noch im Frühstücksfernsehen unterbringen wollten, an der
Strippe, und sie wurde von Fragen förmlich bombardiert. Dann läutete
Petrinellis Apparat, seine private Büronummer, die nur einer Handvoll
von Leuten bekannt war. Es war Georges Bilotte, der sich wutschnaubend
erkundigte, ob die Nachricht stimmte. Petrinelli seufzte. Es war noch
nicht einmal hell.
»Vieles davon ist reine Spekulation,
Monsieur le ministre«, sagte Petrinelli, als Bilotte eine Pause machte,
um Luft zu holen. »Aber es könnte durchaus ein Körnchen Wahrheit daran
sein, ja.«
»Wie in drei Teufels Namen konnten die das
rauskriegen?« tobte Bilotte am anderen Ende der Leitung. »Und wieso
hatte ich keine Ahnung davon?« Petrinelli zuckte zusammen und war froh,
als Giovanna ihm den Hörer abnahm. »Eine der Zeitungen nennt als Quelle
Infopress«, sprach sie in den Hörer. »Es war auch jemand von denen
hier, eine Schweizer Journalistin, und die war anscheinend sehr gut
informiert.«
Petrinelli drängte sich an die
Sprechmuschel. »Ich werde herausfinden, wie das passieren konnte,
Monsieur le ministre, und dafür sorgen, daà die Verantwortlichen
bestraft werden.«
»Und zu was soll das, bitte schön,
gut sein?« schnaubte Bilotte. »Also, jetzt hören Sie mir mal genau zu,
Petrinelli. Wenn Sie jetzt nicht auf dem schnellsten Wege Marco Polo da
hochbringen, bevor die Ãffentlichkeit Sturm läuft, und diesen
verdammten Satelliten korrigieren ⦠Vesuvio oder Romeo, oder wie
immer das Ding heiÃt â¦Â«
»Palladio, Monsieur le ministre«, sagte Petrinelli.
»⦠dann wird E UREKA auf der Stelle die Finanzierung einstellen. Alles andere wäre politischer Selbstmord. Also schaffen Sie das Ding hoch!«
Am
anderen Ende der Leitung wurde der Hörer auf die Gabel geknallt.
Giovanna legte auf und sah Petrinelli an. Er war weià wie eine Wand.
Gegen diesen Schock kam selbst seine sorgfältig gehegte Bräune nicht an.
Altenburg
erwachte langsam. Einen Moment lang wuÃte er nicht, wo er war. Das
Zimmer kam ihm fremd vor; doch dann begriff er. Es war nicht bloà das
Zimmer, das ihm fremd war. Es war das verdammte Land, in dem er war.
Samstag früh, und er war immer noch in Salzburg. Er hatte erst die
Maschine und dann den Zug nach München verpaÃt und war im nächstbesten
Hotel abgestiegen. Noch dreimal gestern abend hatte er zu Hause
angerufen, aber jedesmal hatte seine eigene Stimme geantwortet: »Hier
spricht der telefonische Anrufbeantworter von Thomas Altenburg. Im
Moment ist niemand zu Hause. Wenn Sie bitte Ihren Namen und Ihre
Telefonnummer â¦Â« Er hatte es mit der Angst zu tun bekommen.
Marianne war fortgegangen; und sie hatte Claudia mitgenommen.
Er
schaute auf seine Uhr und probierte es noch einmal. Diesmal wurde
abgehoben. Es war Claudia; sie war aufgeregt. Die Fragen sprudelten nur
so aus ihr heraus: »Wo steckst du? Hast du die Zeitungen noch nicht
gelesen? Stimmt es, was sie behaupten? Ist Peter in Gefahr?«
Schlaftrunken
fragte er sie, wovon sie rede. Sie erklärte es ihm. Sein erster Gedanke
war Selbstmitleid: Er hätte es Marianne nicht zu sagen brauchen, hätte
ihr den Schock ersparen können. Noch während er ihr am Telefon die
Sache mit Giovanna gestanden hatte, muÃte jemand anderer die Presse
informiert haben. Er fragte sich, wer das gewesen sein mochte und
warum. Vielleicht jemand, der noch ein wirkliches Gewissen hatte. Und
immer wieder Claudias bange Frage: »Was ist mit Peter?« Er versuchte,
sie am Telefon zu beruhigen; alles sei in Ordnung, sie brauche sich
keine Sorgen zu machen â aber er spürte, daà sie ihm das nicht
glaubte.
Ein kurzer Moment des Schweigens, dann wechselte er das Thema.
»Ist deine Mutter da?«
»Nein.« Es klang mürrisch. Fast trotzig.
»Wo ist sie?«
»Bei Eva. Sie hat eine Nachricht hinterlassen, daà sie dort über Nacht bleiben würde.«
So,
dachte Altenburg, sie hat also die klassische Reaktion der betrogenen
Ehefrau gezeigt; ist zu ihrer Familie zurückgekehrt, zu ihrer älteren
Schwester. Dann kamen wieder tausend Fragen von Claudia, und er sagte
ihr, er würde den nächsten Zug nehmen. Ob sie sich mit ihm im
Kontrollzentrum treffen könne, fragte sie. Ja, das ginge, antwortete
er. Sie wolle ihm in die Augen sehen, und er solle ihr sagen, daÃ
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