Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)
Größe, was nicht eben viel war, aber trotzdem recht imposant wirkte. »Ich hatte nicht vor, nächtens an die Türen der Leute zu klopfen, Dummkopf! Morgen ist wieder Markt. Die Menschen müssen essen, und ob du es glaubst oder nicht, sie wollen auch reden, egal, wie viel Angst sie haben. Viel Volk von außerhalb wird hier sein. Scherenschleifer, Kesselflicker, Schuhmacher, Holz wird geliefert und Mehl, die Jäger werden da sein. Einer von ihnen wird etwas vernommen haben. Was sagst du nun dazu, hmm?«
Die sind uns nicht unähnlich , meinte Wargrim trocken, und das war, trotz oder vielleicht auch gerade wegen der dramatischen Umstände, in der sie alle sich befanden, ein erheiternder Gedanke des Baumgeistes.
Mit einem Handzeichen gebot Wenduul Bero, zu schweigen. »Ein tapferer Mann und eine kluge Frau. Ich habe Glück mit meinen Verbündeten. Tut, Hausmutter, wie Ihr gesagt habt, aber seid vorsichtig und bedacht. Unsere Gegner könnten die gleichen Schlüsse gezogen haben. Und wir«, sprach er weiter, dabei mit Wargrim auf Bero deutend, »sehen uns nun das abscheuliche Werk an. Kannst du mich bringen, ohne einen Aufstand zu verursachen?« Bero nickte. »Die Stadt ist wie ausgestorben. Es dunkelt schon und der Nachtwächter des Provosts ist ein alter Kamerad. Das sollte kein Problem sein.«
Bei den letzten Worten hatte sich Wenduul schon umständlich in Bewegung gesetzt und Bero eilte, ihm zu helfen. »Hausmutter«, sprach er im Gehen, »wir werden etwas Zeit benötigen. Ihr haltet die Türen verschlossen und wartet hier auf uns! Euer Dienst an unserer Sache beginnt erst mit dem neuen Morgen, bei Lichte. Habt Ihr mich verstanden?«
»Jawohl, Euer Gnaden.«
»Wendel!«, rief er noch über die Schulter, dann schloss Bero die Türe hinter ihnen.
Auf einer Seite von Wargrim, auf der anderen von Bero gestützt, erreichte Wenduul die Wache des Provosts, einen schmucklosen, soliden Steinbau, mit quadratischem Grundriss und vergitterten Fensteröffnungen, nach kurzer, jedoch für den Erzmagier beschwerlicher Zeit. Nur ein Stockwerk hoch, reichte der Bau jedoch ein gutes Stück unter die Oberfläche, um Platz für die Verliese zu schaffen. Es war noch früh in der Nacht und doch trafen sie kaum eine Menschenseele auf ihrem Weg, denn die Kunde von den Kindsmorden hatte die Stadt durcheilt und die Straßen gleichsam leer gefegt. So machte Bacholder einen unheimlichen Eindruck und Wenduul konnte die Angst der Einwohner spüren. Das Denken und Fühlen der Menschen war unter der Wucht der Ereignisse gleichgeschaltet worden; und genau diese Gleichschaltung allen Sinnens und Trachtens gedachte Wenduul, zu nutzen.
Ein Stechen in seiner Brust ließ ihn abrupt innehalten. »Warte einen Augenblick«, sagte er angestrengt und gehorsam machte Bero Halt.
»Geht es?«, fragte er besorgt, denn das Antlitz des Magiers war grau und sein Atem ging stoßweise.
Wenduul war selbst betroffen von seiner Hinfälligkeit, denn während des Essens hatte er sich nicht schlecht gefühlt und die Tatsache, dass ein kleiner Marsch ihn derart belastete, erhöhte den Druck der Sorgen beträchtlich. Zu Bero aber sagte er, mit selbstgeforderter Forschheit: »Es wird gehen, weil es gehen muss!« Dann konzentrierte er sich auf das Hämmern in seiner Brust und wartete auf einen Einwand Wargrims, der zu seinem Erstaunen dieses Mal nicht kam. So nickte er Bero zu, dass er weitergehen solle und gemeinsam legten sie die letzte Wegstrecke zurück.
Bero klopfte an der schweren Pforte, wiederholte seine Bemühungen nach einer Weile, und als sich immer noch nichts rührte, trat er mit dem Stiefel gegen die Türe, als wolle er sie eintreten. »Areend hört nicht mehr so recht. Eine von vielen Verwundungen«, sagte er, entschuldigend mit den Schultern zuckend. »Ausgezeichneter Wächter!«, keuchte Wenduul mit bemühtem Humor, aber dann hörten sie ein Schlurfen auf der anderen Seite des eisenverstärkten Holzes und schließlich öffnete sich ein kleines Guckloch in Kopfhöhe und ein Ohr, anstelle des zu erwartenden Auges, wurde sichtbar. »Wer da?«, wurden sie angerufen und Bero antwortete sofort. »Ich bin es, Bero. Mach auf, taube Nuss!« Das genügte dem Nachtwächter wohl, den gleich darauf hörten sie, wie schwere Riegel sich bewegten und die Türe sich knarrend öffnete. Ein Lichtstrahl fiel auf das dunkle Pflaster und eine Pike schob sich aus dem Spalt bis geradewegs vor Beros Gesicht. Ungeduldig gab Bero der Tür noch einen weiteren Tritt und schob die
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