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Mission Munroe 03 - Die Geisel

Mission Munroe 03 - Die Geisel

Titel: Mission Munroe 03 - Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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Ohren und zusammengekniffenen Augen leerte Munroe das halbe Magazin und schwenkte die Waffe dabei einmal diagonal über das Türloch. Schickte Schüsse da hin, wo sie den Feind, den sie nicht sehen konnte, vermutete. Schüsse, deren dröhnender Widerhall das Ploppen des Gegenfeuers übertönte, das vom Boden aus abgegeben wurde, sodass die Kugeln aufwärts flogen und Splitter aus dem Schreibtisch schlugen.
    Er rollte sich näher, kam angekrochen, auf den Schreibtisch zu.
    Sie sprang auf, glitt mit den Händen voraus über die Tischplatte, um aus seinem Schussfeld zu verschwinden, zählte ihre Schüsse. Jetzt kam es nicht mehr auf Präzision an, sondern darauf, unversehrt zu bleiben. Sie hoffte auf einen Treffer, irgendwo, Beine, Lenden, Gesicht, an irgendeiner ungeschützten Stelle, weil er sich durch Kugeln in die Brust offensichtlich nicht aufhalten ließ.
    Hinter ihr zerplatzten Steine, Stücke segelten durch die Luft.
    Unter ihr splitterte Holz.
    Sie schlitterte weiter, eine Lärm-und-Trümmer-Orgie in Zeitlupe. Sie landete hinter ihrer Zielperson auf dem Fußboden, wechselte im Fallen die Magazine, nervtötend, aber notwendig, verlor wertvolle Sekunden und war trotzdem so schnell, wie man es nur durch langjährige Übung werden konnte.
    Schoss erneut so lange, bis es klickte.
    Ließ das zweite Magazin herausschnappen, vergeudete noch mehr Zeit und schob das dritte in den Schacht, kroch gleichzeitig vorwärts. Zog den Schlitten durch und schob – alles oder nichts – die Schusshand um die Schreibtischecke. Bis sich, nach weiteren sechs Schüssen, die Erkenntnis durchsetzte, dass das Gegenfeuer geendet hatte.
    Sie hielt inne und hörte nichts als ohrenbetäubende Stille. Ihre Ohren waren nicht mehr zu gebrauchen.
    Sie sah den Stiefel ihres Gegners vor sich.
    Schoss darauf.
    Nichts.
    Kam auf die Knie. Schob sich Zentimeter für Zentimeter auf den leeren Türrahmen zu.
    Blickte hinaus und zog den Kopf schnell wieder ein.
    Nichts.
    Noch einmal raus und wieder rein.
    Nichts.
    Kam auf die Füße und trat auf den Flur hinaus.
    Eine Tür wurde geöffnet, und um ein Haar hätte sie im Adrenalinrausch noch einmal geschossen. Ein runzeliges Gesicht mit weit aufgerissenen Augen starrte sie an. Sah vielleicht auch die Pistole.
    Die Tür fiel krachend ins Schloss.
    Idioten. Die Menschen waren Idioten. Warum? Warum musste man unbedingt einen Blick riskieren?
    Munroe wirbelte herum. Sie war immer noch taub, und ihre Augen brannten wie Feuer.
    Lumani war ganz in der Nähe. Vielleicht nicht in diesem Flur, aber trotzdem ganz in der Nähe.
    Wenn er Arben Zwei geschickt hatte, um sie nach draußen zu spülen, dann war er hier – in einem Versteck, von wo er das Hotel oder zumindest den Ausgang genau im Blick hatte.
    Munroe trat zurück ins Zimmer, geduckt, um keinen Schatten auf die Vorhänge zu werfen. Blieb auf dem Weg zum Badezimmer vor der Leiche stehen.
    Er hatte mehrere Treffer abbekommen. Zwei Projektile steckten auf Brusthöhe in seiner Schutzweste, eines in der Wade. Vielleicht war er deshalb gestürzt, aber gestorben war er durch einen Schuss, den sie blindlings abgegeben hatte, wahrscheinlich vom Boden aus. Die Kugel war durch das Kinn in den Schädel eingedrungen und an der Schläfe wieder ausgetreten. Ein Auge und ein Teil seines Gesichts fehlten.
    Munroe kniete sich hin und untersuchte seine Waffe: eine Heckler & Koch USP Tactical, Kaliber 45, mit Schalldämpfer. Sie hätte sie gerne mitgenommen, ließ es aber sein, hätte gerne auch seine Schutzweste gehabt, aber es hätte zu lange gedauert, sie ihm abzunehmen. Sie schob die Matratze beiseite und klopfte an die Badezimmertür.
    »Komm raus, Neeva«, sagte Munroe. »Wir müssen uns beeilen.«
    Die Tür öffnete sich einen Spalt breit, und Neeva spähte vorsichtig heraus.
    »Gehen wir«, sagte Munroe und griff nach den fertig gepackten Taschen neben dem Bett.
    »Du bist verletzt«, sagte Neeva und deutete auf Munroes Oberschenkel und den Riss in der Hose, der den Blick auf Blut und Wunden freigab. Rund um die Löcher hatte sich der Stoff bereits dunkel gefärbt.
    Munroe hielt inne und blickte nach unten. Zum ersten Mal spürte sie den Schmerz, den das Adrenalin bis jetzt ausgeblendet hatte. Flüssigkeit rann ihr über das Bein und tropfte auf den Boden.
    »Im Gesicht auch«, sagte Neeva. Munroe wischte sich mit der freien Hand über die Stirn und die Wange und zog sie blutig wieder zurück.
    »Eine Sekunde«, sagte sie und schob sich an Neeva vorbei ins Badezimmer.

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