Mission Munroe. Die Sekte
sie nach außen wirkte.
»Du kannst nach dem Mittagessen deine Sachen packen«, sagte Elijah. Sie nickte, und Elijah fügte hinzu: »So, und jetzt komm doch noch mal her und zeig mir, dass du mit dem Herrn im Einklang bist.«
Hannah erhob sich, beugte sich zu ihm und umarmte ihn. Elijah umfing sie mit den Armen und drückte und tätschelte ihren Po. Schon wieder diese unangenehmen Berührungen.
»Die Bibel sagt: ›Wen der Herr liebt, den züchtigt er‹«, sagte Elijah. »Wir bestrafen dich nur, weil wir dich lieben, und möchten, dass du Jesus dienst, so gut es nur geht.«
So langsam wie möglich kehrte Hannah in die Küche zurück. Das Einzige, was sie dort erwartete, war das verfaulte Gemüse. Es gab also keinen Grund zur Eile. Und Hez konnte sich auch nicht darüber aufregen. Schließlich hatte Elijah sie zu sich gerufen. Mit ein bisschen Glück
hatte Hez das Zeug sogar schon von jemand anders sortieren lassen.
Hannah dachte über Elijahs Worte nach. Und wie jedes Mal, wenn sie zu einem Gespräch gebeten worden war oder sonst eine Neuigkeit erfuhr, suchte sie sich die guten Stellen heraus und hielt sie fest, damit sie sich sagen konnte, dass alles in Ordnung war. Solange sie daran glaubte, ließ sich auch die Übelkeit unter Kontrolle bringen.
Kurz bevor sie die Küchentür aufstieß, hielt sie noch einmal inne, um ihr Antlitz in die richtige Form zu bringen. Ein leises Lächeln, mehr war nicht nötig. Zu viel würde falsch aussehen, und alle würden denken, dass sie noch mehr Ärger bekommen hatte, und das würde dann auch wieder Probleme geben.
Hannah legte die Hand an die Tür und drückte sie auf. Jede Faser ihres Körpers schickte ein stummes Gebet zum Himmel, voller Hoffnung, dass Sunshine die Wahrheit gesagt hatte.
Kapitel 26
Das Gespräch mit Gideon hatte Munroe zwei Stunden gekostet, und so hielt der Peugeot erst am Nachmittag wieder vor dem Tor der Ranch. Das Prozedere war das gleiche wie jedes Mal: Warten vor dem Tor, die langsame Fahrt zum Haus und dann noch einmal warten auf Elijah.
Aber jetzt, beim dritten Mal, war ihr Besuch fast schon Routine geworden, sodass Dust, der Jugendliche, der ihr das Gatter öffnete, bereitwillig auf ihr Angebot zum Mitfahren einging und sich längst nicht mehr so zurückhaltend gab wie zu Anfang. Es war das erste Mal, dass Munroe völlig allein mit einem der jüngeren Bewohner der Oase war. Dutzende Fragen jagten ihr durch den Kopf. Die Fahrt war zu kurz, um auch nur eine davon zu stellen, aber lang genug, um zu versuchen, sich ein wenig einzuschmeicheln.
Munroe hielt die Augen geradeaus auf den Schotterweg gerichtet. Sie wollte ihrem Beifahrer auf keinen Fall das Gefühl geben, unter Druck gesetzt zu werden, wollte die Illusion der Unbedarftheit unbedingt aufrechterhalten. »Du musst etwas Besonderes sein. Nicht jeder darf das Tor öffnen, oder?«
Aus dem Augenwinkel bemerkte sie sein Grinsen. »Ich bin einer der Begrüßer«, sagte er. »Aber das ist eigentlich nichts Besonderes.« Doch in seiner Stimme lag großer Stolz – obwohl er nur ein Handlanger war, der denen das Tor öffnen durfte, die in der Oase bekannt waren. Esteban,
der auch Fremde in Empfang nehmen durfte, genoss da deutlich mehr Vertrauen.
Munroe stellte ihren Wagen neben den Parkbuchten ab, die eigentlich leer sein sollten. Aber sie waren es nicht. Zwar waren die Kleinbusse nicht zu sehen, dafür aber zwei nagelneue Mercedes-Limousinen, schwarz und imposant. Die getönten Scheiben waren beinahe so dunkel wie der Lack. Mit solchen Fahrzeugen konnte man keine fünfzehn Menschen unauffällig quer durch die Stadt transportieren, zumal die klammen Kassen der Oase so etwas nicht einmal ansatzweise hergegeben hätten.
Munroe stieg aus dem Peugeot, stellte sich vor das Heck der beiden Limousinen und starrte die Fahrzeuge an. Sie wollte, dass Dust ihr eine Erklärung gab, ohne dass sie ausdrücklich fragen musste.
Der Junge drehte sich um, sagte »Besucher« und wartete, bis sie ihm folgte.
Wahrscheinlich handelte es sich um Unterstützer, die der Oase Geld und Schutz bieten sollten, und das machte die ganze Sache kompliziert. Je nachdem, wer diese Unterstützer waren und welche Beziehungen sie hatten, konnte sich eine ungeahnte Zahl von Komplikationen daraus ergeben.
Mehr als dieses eine Wort würde sie von Dust jedoch freiwillig nicht zu hören bekommen, und daher war es, wie jedes Mal, wenn ihr ein kleiner Informationsschnipsel in den Schoß fiel, erst einmal besser, sich
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