Mission Munroe. Die Sekte
zurückzuhalten, anstatt wegen einer Kleinigkeit eine reelle Chance zunichtezumachen. Sollte der Junge ruhig schweigen. Sobald sie die Kennzeichen an Bradford weitergegeben hatte, würde sie den Besuchern auf die Fährte kommen.
Munroe ließ ihre Reisetasche auf dem Rücksitz liegen und folgte Dust ins Haus. Dieses Mal brachte er sie wider
Erwarten nicht in den Alkoven, sondern führte sie die Treppe hinauf in eine kleine, aus Sperrholz gezimmerte Kammer, die einen Teil des Treppenabsatzes in Beschlag nahm. Dust klopfte an, und Elijah bat sie herein. Der Junge streckte den Kopf durch die Tür, winkte Munroe hinein und wandte sich wieder seinen Alltagsaufgaben zu, die sicherlich nicht darin bestanden, darauf zu warten, dass es am Tor der Ranch klingelte.
Das winzige Zimmer war vollgestopft mit Regalen und all dem Krimskrams, den man in einem Arbeitszimmer eben brauchte. Es wurde offensichtlich von mehreren Personen genutzt. Elijah saß an einem improvisierten Schreibtisch auf einem Klappstuhl aus Metall, hatte einen Laptop vor sich und einen Papierstapel daneben. Als Munroe eintrat, erhob er sich und umarmte sie, bevor sie allzu weit in die beengte Kammer eindringen konnte.
Sie sträubte sich innerlich gegen den unwillkommenen körperlichen Kontakt und zwang sich erneut zu einer flüchtigen Erwiderung, während sie ihrem Gegenüber gleichzeitig in der Fantasie allerhand schwere Verletzungen zufügte. Direkt hinter Elijah befanden sich drei Regalreihen, die nur teilweise von einem Vorhang verdeckt wurden, und dahinter Bücher mit Unterweisungen. Deshalb hatte er sich ihr in den Weg gestellt.
Elijah sah immer noch so zerstreut und verwirrt aus wie gestern und deutete auf die Tür, wollte, dass sie gemeinsam wieder hinausgingen.
»Heute Nacht habe ich wieder geträumt«, sagte Munroe und reichte ihm, noch bevor er etwas erwidern konnte, einen Umschlag. »Gott hat mir befohlen, euch das hier zu geben.«
Elijah nahm den Umschlag mit angemessenem Zögern
in die Hand. Sein Blick war lang genug, um Dankbarkeit auszudrücken, und kurz genug, um nicht geldgierig zu erscheinen. Ohne den Umschlag zu öffnen sagte er: »Vielen Dank.« Dann schob er sie zur Treppe. »Der Herr könnte deine Dienste heute gut gebrauchen. Es gibt Bedarf in der Küche, falls du dazu bereit bist.«
»Liebend gern«, erwiderte sie, und obwohl ihr klar war, dass so etwas wie persönliche Bereitschaft bei den ERWÄHLTEN nicht die geringste Bedeutung hatte, lag in diesen beiden Worten mehr Wahrheit als in allem anderen, was sie bisher zu ihm gesagt hatte.
Die Küche befand sich im Erdgeschoss, am hinteren Ende eines langen Gangs hinter der Treppe. Eine stabile Tür, die stets geschlossen war, trennte sie vom Rest des Gebäudes.
Elijah öffnete die Tür, und Munroe trat ein. Hier war es deutlich wärmer als in den anderen Teilen des nur spärlich geheizten Hauses. Das Leben kam schlagartig zum Stillstand. Das Zischen der großen Töpfe, die auf dem riesigen Gasofen vor sich hin köchelten, erschien ihr viel lauter, als es in Wirklichkeit war.
In der Mitte der Küche, von einem extrem schmalen Gang umgeben, befand sich eine notdürftig zusammengezimmerte Kücheninsel, die genügend Arbeitsfläche für die drei Teenager-Mädchen bot, die daran Gemüse schnippelten. An der hinteren Wand sah sie ein paar große Edelstahlspülen mit einem männlichen Jugendlichen. Neben ihm stand ein Mann Anfang dreißig, wahrscheinlich der Küchenchef.
Elijah stellte Munroe vor, auf Englisch und ohne viel zu sagen. Der Anfangdreißiger hieß Hez, vermutlich die Abkürzung für Hezekiah. Der Junge, Jotham, sah nur so lange
zur Tür, wie die kurze Vorstellung in Anspruch nahm, dann drehte er dem Raum den Rücken zu und machte sich wieder an die Arbeit. Die Mädchen lächelten, wenn auch ein wenig verlegen, und rückten ein Stückchen zusammen, um Platz zu machen.
An der Kücheninsel, zwischen Morningstar – Elijahs Tochter, die sie am gestrigen Abend kennengelernt hatte – und einem bislang unbekannten Gesicht namens Sarai, stand Hannah. Sie stellte sich mit dem Namen Faith vor.
In Munroes Vorstellung hätte jetzt der Augenblick der aufsehenerregenden Flucht folgen müssen. Die Guten waren ihrem Ziel endlich nahe genug gekommen, zogen ihre Waffen und brachten das Kind sicher und wohlbehalten vom Gelände.
Theoretisch kein Problem.
Sie brauchte lediglich zu ihrem Wagen zu gehen, den Kofferraum aufzuklappen und mit einer Waffe in der Hand zurückzukommen. Das Tor
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