Mission Munroe. Die Sekte
könnte jedenfalls etwas damit anfangen, aber ich habe einfach nicht die Zeit, mich damit herumzuschlagen. Wenn deine Leute etwas taugen, geht es schneller, wenn sie das erledigen.«
»Wie sieht die Spur denn aus?«
»Hotels.«
»Hotels?« Seine Stimme klang erstaunt.
Sie nickte. »Hotels. Bed-and-Breakfasts. Pensionen. Jugendherbergen. Alles, wo man innerhalb der Stadtgrenzen übernachten kann.«
»Das ist aber ein ziemlich weit gespanntes Netz.«
Sie zuckte mit den Achseln. »Kann sein, kann aber auch nicht sein. Vielleicht besitzen sie eines, vielleicht auch drei Dutzend. Besser jedenfalls, als komplett ohne Netz zu fischen. Ich würde es gerne einfach mal auswerfen. Mal sehen, vielleicht ziehen wir ja etwas an Land.«
»Dürfte eigentlich kein Problem sein.«
»Wie lange wird es dauern, bis wir eine Rückmeldung bekommen?«
»Das weiß ich nicht«, sagte er. »Aber ich kann dafür sorgen, dass sie sich beeilen. Und was hast du vor? Gehst du wieder auf die Ranch?«
»Ich muss unbedingt erst einmal schlafen«, sagte sie. »Ich werde langsam unaufmerksam und unkonzentriert. Aber wenn unsere Gegner nur halb so üble Gestalten sind wie du sagst, muss ich absolut in Hochform sein. Ich kann die Dosis so bemessen, dass ich acht Stunden weg bin – und du hast Zeit zu arbeiten, ohne dir ständig Sorgen um mich zu machen.«
Er verzog das Gesicht.
»Ich habe seit über einer Woche nichts mehr genommen, Miles. Nach einem Mal werde ich nicht gleich süchtig. Du hast die Wahl: Entweder das, oder du verlierst einen ganzen Arbeitstag und riskierst gleichzeitig, dass ich wieder einmal versuche, dich umzubringen.«
»Mit dem Risiko könnte ich leben.«
»Geh arbeiten«, sagte sie. »Und ich gehe schlafen.«
Er gab keine Antwort, daher stand sie auf. Schweigend kehrten sie ins Hotel zurück. Im Zimmer angekommen ging sie zu der Tasche, die zusammengeknüllt am Fußende ihres Bettes lag. Ihr war durchaus bewusst, dass Bradford die Flaschen liebend gerne weggeworfen hätte, solange sie nicht da war, aber genauso klar war ihr auch, dass er das niemals wirklich getan hätte. Sie zog den Reißverschluss auf und durchwühlte die Tasche.
Als sie gefunden hatte, wonach sie suchte, nahm sie eine Flasche und riss das Siegel auf, setzte sie an die Lippen und nahm einen Schluck. Sie erwiderte seinen starren Blick mit einer Spur Trotz und wischte sich einen Rest Sirup aus dem Mundwinkel. »Einen Tag«, sagte sie.
Wie eine süße Versuchung rann der kodeinhaltige Trank durch ihre Kehle. Nicht annähernd so stark oder so süchtig machend wie Hydrocodon oder Morphin, aber trotzdem. Er verfehlte seine Wirkung nicht. Das Opiat brachte Wärme mit sich und außerdem eine sehr willkommene Erleichterung – kein Druck mehr, kein Schmerz und keine Verantwortung, keine Gefühle mehr. Es war ein Rausch, vergleichbar dem Adrenalin, nur dass er die entgegengesetzte Wirkung hatte und sie beruhigte. Wenn Bradford auch nur den Hauch einer Ahnung gehabt hätte, wie viel Kraft Munroe aufbringen musste, um nicht ihr gesamtes Leben in diesem seligen Zustand zu verbringen, er hätte versucht, sie daran zu hindern, hätte vielleicht sogar versucht, ihr die Flaschen gewaltsam abzunehmen.
Aber er hatte es nicht getan. Und jetzt lag sie lächelnd im Bett, schloss die Augen und ließ sich in die Ekstase des Vergessens fallen.
Sie wachte auf, weil Bradford ihre Schulter berührte. Vielleicht auch mehr als nur berührte. Möglicherweise hatte er schon eine Weile daran gerüttelt. Langsam, wie durch einen Schleier, erwachte ihr Bewusstsein, aber die einzige Reaktion, zu der sie in der Lage war, war ein betrunkenes Lächeln. Sie drehte sich auf den Rücken, immer noch lächelnd, immer noch vollkommen benebelt.
Als sie seinen besorgten Gesichtsausdruck sah, musste sie lachen. Sie strich ihm mit dem Finger über die Wange und sagte: »Wie läuft’s?«
»Ich glaube, ich habe gefunden, was du suchst«, erwiderte er.
Sie nickte und presste die Lippen aufeinander, um sich ein Lachen zu verkneifen.
»Vielleicht besorge ich dir erst mal einen Kaffee«, sagte er. »Und eine kräftige Mahlzeit.«
»Bin gleich so weit, muss bloß noch die Nachwirkungen loswerden. Wie lange war ich weg?«
»Fünf Stunden.«
»Da habe ich wohl eine hohe Dosis genommen«, sagte sie, schloss die Augen und wehrte sich gegen den Drang, sich wieder in die Dunkelheit zurückgleiten zu lassen. »Schieß los. Ich bin zwar noch nicht bei hundert Prozent, aber mein Gehirn
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