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Mission Munroe. Die Sekte

Mission Munroe. Die Sekte

Titel: Mission Munroe. Die Sekte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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    Die Uhr zeigte nach Mitternacht, als Munroe sich schließlich die letzten von vielen nutzlosen Konversationsschnipseln anhörte. Da endlich trat Bradford zur Tür herein.
    Munroe drehte sich zu ihm um und legte sich bereits die ersten Vorwürfe zurecht. Dann erst nahm sie ihn wahr. Sie stutzte und musste ein Lachen unterdrücken.
    »Wo zum Teufel bist du gewesen?«, sagte sie und lächelte dabei.
    Er hatte sich in alte, zerlumpte Fetzen gehüllt und sah aus wie jemand, der die letzten vier Monate kreuz und quer durch den Kontinent getrampt war. Seine Stiefel waren löchrig und durchgelaufen, und über seiner Schulter hing ein kleiner Rucksack. Das war nicht der Bradford, der am Nachmittag dieses Zimmer verlassen hatte.
    »Im Kreis der Erniedrigten und Verwahrlosten«, erwiderte er. Er streifte den Rucksack ab und hielt ihn weit von sich, als wäre er giftig. Dann ließ er ihn auf den Fußboden fallen. »Es gab einfach keine Möglichkeit, dich anzurufen. Ich bin froh, dass du auf mich gewartet hast. Hoffentlich hast du dir keine Sorgen gemacht.«
    Munroe deutete mit einem Kopfnicken auf seine Aufmachung. »Schieß los«, sagte sie.
    »Wir sind drin«, erwiderte er.
    »Du hast sie gefunden?«
    Bradford zuckte mit den Schultern und setzte ein angeberisches
Grinsen auf. Munroe gönnte ihm diesen Moment. Sie stand auf, setzte sich als dankbares Publikum auf die Bettkante und bedeutete ihm weiterzumachen.
    »Wir wollten ja drei Hotels ein bisschen genauer unter die Lupe nehmen. Zwei davon sind stinknormale, durchschnittliche Unterkünfte«, sagte er. »Nicht viel los. Ruhig. Leer. Sauber. Und irgendwelche Mafia-Typen habe ich dort auch nicht gesehen. Aber wenn ich ein hohes Tier in der Cárcan-Familie wäre und meinen Freunden zuliebe ein Mädchen wie Hannah verstecken wollte, würde ich mich schon fragen, was diese Freunde eigentlich vorhaben. Deshalb würde ich sie irgendwo unterbringen, wo ich sie im Blick behalten kann. Und damit wären wir bei der dritten Unterkunft.
    Dort sieht es ein bisschen anders aus. Das Haus hat drei Stockwerke und grenzt an eine ziemlich düstere Gegend. Anscheinend passen viele der Gäste dort nicht ins übliche Schema des durchreisenden Touristen. Es heißt, dass die Cárcan-Familie dort ihre Kurzzeitangestellten unterbringt. Du weißt schon, Leute, die nur für einen speziellen Auftrag in der Stadt sind, um dann wieder zu verschwinden? Und genau so was haben wir doch gesucht.
    Aber egal, welchen Zweck der Laden hat, er nimmt auch normale Gäste auf. Ich dachte mir, am einfachsten wäre es, wenn ich mir ganz normal dort ein Zimmer nehme. Allerdings war ich dafür nicht angemessen gekleidet. Ein paar Querstraßen weiter habe ich einen jungen Typen getroffen, der liebend gern Kleider und Schuhe mit mir getauscht hat. Für das Gepäck musste ich aber extra bezahlen.« Er schüttelte theatralisch den Kopf und strich mit dem Finger über seinen ausgefransten Hemdkragen. »Ich habe mir die Suiten der Cárcan-Familie angesehen. Das Haus ist ein
heruntergekommener Schuppen, aber die Zimmer sind sauber, und die Türen schließen gut. Im Erdgeschoss gibt es einen kleinen Speisesaal. Metalltische, Klappstühle, lauwarmer Kaffee und Lokal-Fernsehen. Du kennst das, nehme ich an. Ich habe mich eine Weile dort herumgetrieben, bis ich irgendwann ein paar neue Freunde gewonnen habe, und zwar mit Hilfe meines guten alten Reiseführers.«
    Munroe zog eine Augenbraue in die Höhe. Und?
    »Hannah ist wirklich eine ausgesprochen hübsche junge Dame«, sagte er. »Sieht aus wie eine Miniaturausgabe von Logan. Aber die Frau, die sie begleitet …« Bradford verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf.
    Munroe ließ keinerlei Gefühlsregung erkennen. In sachlichem Tonfall sagte sie: »Du hast die Zielperson lokalisiert?«
    »Ich erwarte keine Dankbarkeit«, erwiderte er. »Aber, ja, die Zielperson ist lokalisiert.« Er unterbrach sich kurz. »Und deine neue Frisur … ein Traum.«
    Munroe grinste und erhob sich, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Langsam und träge ging sie auf Bradford zu. Er stand regungslos da, folgte jeder ihrer Bewegungen, bis sie dicht bei ihm stand, den Mund an seinem Ohr. Beinahe berührten ihre Lippen seine Haut.
    »Gar nicht schlecht für einen einzigen Abend«, flüsterte sie.
    Bradfords Nackenhaare standen senkrecht. Munroe ging weiter, an ihm vorbei, und er drehte sich um und folgte ihr, hypnotisiert wie ein Reh im Scheinwerferlicht.
    Sie lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und

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