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Mission Munroe. Die Sekte

Mission Munroe. Die Sekte

Titel: Mission Munroe. Die Sekte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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einen Augenblick, die Sicht versperrt, und dann … nichts.
    Logan beschleunigte seine Schritte, schob sich an einer dichten Menschentraube vorbei, wandte sich nach rechts, dann nach links, aber keine Heidi. Er ging langsam im Kreis, spürte, wie die Panik an seinen Nerven zerrte, überlegte krampfhaft, wohin sie gegangen sein konnte. Hatte sie womöglich die ganze Zeit Bescheid gewusst? Hatte sie sich ausgerechnet jetzt entschlossen, ihm zu entwischen? Vielleicht hatte sie ihn ja absichtlich hierhergelockt. Die Menge teilte sich wieder. Eine Sekunde später sah er sie. Drei Meter von ihm entfernt stand sie wie angewurzelt da, die Hände ineinander verkrallt, und starrte geradeaus.
    Logan folgte ihrem Blick und blieb ebenfalls stehen wie vom Donner gerührt. Jeder Muskel, jede Nervenzelle verlangte danach, das zu tun, was Heidi gerade tat, einfach nur dazustehen und die kleine Mädchengruppe mit ihren Tüten und Zetteln anzustarren, die Gesichter zu mustern und nach Hannah Ausschau zu halten. Er wusste, dass sie ganz in der Nähe sein konnte.
    Aber selbst wenn er sie entdeckte, was dann? Sollte er sie einfach schnappen und weglaufen? Und wohin?
    Michael war in der Stadt, dicht dran an den ERWÄHLTEN . Sie war gerade dabei, sich einzuschmuggeln, und sie konnte etwas bewerkstelligen, was weder er noch die anderen schaffen konnten: Hannah sicher außer Landes zu schaffen.
    Im krassen Gegensatz zu all seinen Sehnsüchten, zu jedem
Instinkt und jedem verzweifelten Wunsch, ausschließlich auf sein Vertrauen zu Michael gestützt, drehte Logan sich um und sah Heidi direkt an. Er konzentrierte seine gesamte Enttäuschung auf sie, und als der emotionale Nebel sich gelichtet hatte, kam die Wut. Heidi hätte hier und jetzt das gesamte Vorhaben ruinieren können.
    Sein Verstand schaltete sich ein. Mit schnellen Schritten trat er auf sie zu, war nach wenigen Sekunden bei ihr und zischte ihr ins Ohr: »Was zum Teufel machst du da?«
    Heidi zuckte zusammen, riss den Kopf herum, sah ihn mit ausdrucksloser Miene an. Für sie musste es ein doppelter Schock sein. Zuerst die Mädchen auf der Straße, nur wenige Meter von ihr entfernt, und jetzt er, hier, direkt neben ihr, der sie auf frischer Tat ertappte. Heidi klappte den Mund auf und zu, ohne dass ein Laut herausgekommen wäre. Sie sah lächerlich aus, wie ein Fisch auf dem Trockenen.
    Sie wandte sich wieder den ERWÄHLTEN zu. Logan packte sie am Oberarm, legte ihr den anderen Arm um die Hüfte, um keine unnötige Aufmerksamkeit zu erregen, und drehte sie herum, sodass sie den Mädchen den Rücken zukehrten.
    Er sah ihr direkt in die Augen. Die Wut war ihm anscheinend deutlich anzusehen, denn Heidi stellte jede Gegenwehr ein. Ihre Muskeln wurden schlaff.
    Er schob sie vorwärts, weg von den Mädchen mit den Flugblättern und den herzerweichenden Geschichten, steuerte sie durch die Menge, an den vielen leeren Gesichtern vorbei, setzte einen Fuß vor den anderen, während seine Gedanken außer Kontrolle gerieten. Er winkte ein Taxi herbei und fuhr mit ihr in ihre Unterkunft zurück.
    Während der Fahrt sagte sie kein Wort, und auch Logan
blieb stumm. Er dachte über seine Standpauke nach, überlegte, was er ihr sagen wollte, sobald sie angekommen waren. Wie er erreichen konnte, dass sie ihr starrsinniges Vorhaben ad acta legte.
    Er wusste, wen Heidi da gesehen hatte. Jeder, der auch nur einen Rest Verstand im Kopf hatte, hätte es sehen können. Und noch klarer war ihm, dass es für Heidi ein furchtbarer Schock gewesen sein musste, so plötzlich ihrer Schwester gegenüberzustehen. Hätte Logan dort irgendwo Hannah entdeckt, er hätte für nichts garantieren können. Und das Wissen, dass Hannah tatsächlich hätte dabei sein können , verursachte ihm einen brennenden Schmerz. Genau denselben brennenden Schmerz wie das Wissen um die Tatsache, dass Hannah – wenn sie wirklich da gewesen wäre und irgendeiner der ERWÄHLTEN Heidi gesehen und erkannt hätte – erneut und für alle Zeit verloren wäre.
    Brennender Schmerz.
    Er behielt das alles für sich und gestattete Heidi, ihren eigenen Gedanken nachzuhängen, wie immer sie aussehen mochten.
    Das Taxi hielt vor dem Gasthaus an, und Logan bezahlte. Er brachte Heidi auf ihr Zimmer, und als sie versuchte, ihn auszuschließen, stellte er den Fuß in die Tür. Nachdem ihr klar geworden war, dass sie nicht so einfach davonkommen würde, ließ sie ihn seufzend eintreten.
    Während der Fahrt hatte sich Logans unbändige Wut ein wenig gelegt.

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