Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
einem schmalen Bett. An der gegenüberliegenden Wand zog sich eine Reihe mit kleinen Fenstern entlang. Licht filterte durch die Scheiben und warf seltsame Schatten in das Zimmer. Er hatte Kopfschmerzen und Hunger. Munroes letzte Worte schwebten als vage Erinnerung durch seinen Geist. Er hatte nicht mit einem Staatsempfang gerechnet, aber ein freundliches »Willkommen zurück« wäre bestimmt nicht zu viel verlangt gewesen. Sicher, er war gegen ihren ausdrücklichen Wunsch nach Kamerun gekommen, aber so viel Feindseligkeit wäre auch nicht nötig gewesen. Andererseits hätte er damit rechnen müssen. Was das Zwischenmenschliche anging, hatte diese Frau wirklich enorme Schwierigkeiten.
Unter anderen Umständen hätte er jetzt bereits am Fenster gehangen, hätte sich einen Eindruck von der Umgebung verschafft und seine Fluchtchancen einzuschätzen gewusst. Vielleicht hätte er sogar schon ein paar Schädel eingeschlagen, einschließlich Munroes. Aber das hier war etwas anderes. Er wollte gar nicht fliehen, er wollte ihr Vertrauen gewinnen, er wollte dabei sein, wenn sie nach Äquatorialguinea zurückging und sich auf die Suche nach Emily machte – er musste dabei sein. Einen Augenblick lang blieb er noch regungslos liegen, dann streckte er die Hand zum Moskitonetz hinaus, um sich das Wasserglas von dem niedrigen Tischchen neben dem Bett zu nehmen, und stellte fest, dass er nicht allein war.
Auf einem Stuhl rechts neben seinem Bett, nur ein, zwei Meter entfernt, saß ein Mann. Sein Gesicht war durch die Falten des Moskitonetzes hindurch nicht genau zu erkennen. Als Bradford sich aufsetzte, um nach dem Glas zu greifen, verfolgte er jede seiner Bewegungen mit den Augen. Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, führte Bradford das Glas an die Lippen. Der Mann sah muskulös und durchtrainiert aus, war etwas größer als er selbst, vielleicht auch ein bisschen älter. Er trug keine sichtbaren Waffen, und seine Sitzposition signalisierte weder Feindseligkeit noch Bedrohung.
Bradford trank mit langen Schlucken, und als er fertig war, beugte der Mann sich nach vorne, stützte die Ellbogen auf die Knie und sagte: »Guten Morgen.«
Morgen. Wie lange war er denn bewusstlos gewesen?
Bradford nickte und hielt das Glas locker in der Hand, damit er es falls nötig als Waffe benutzen konnte. Das hier war Munroes Spiel – er würde abwarten, in welche Richtung es sich entwickelte.
Der Mann fragte: »Wissen Sie, wer ich bin?« Bradford blieb stumm, und der Mann sagte: »Sie sind Miles Bradford, US-Amerikaner, privater Sicherheitsdienstleister, Söldner. Sie assistieren Vanessa Munroe bei diesem Auftrag. So weit korrekt?«
In der Stimme lagen zahlreiche Akzente und, obwohl die Worte neutral klangen, auch eine gewisse Schärfe, die unterschwellig noch etwas anderes transportierte … eine Warnung, vielleicht.
Bradford nickte erneut.
»Ich bin Francisco Beyard: Waffenschmuggler, Drogenschmuggler, Geschäftsmann und Stratege. Mir fällt die Aufgabe zu, über Ihr Schicksal zu entscheiden. Willkommen in meiner Welt.«
Und plötzlich ergab alles einen Sinn. Die fehlenden Jahre in Munroes Biografie und die Art und Weise, wie sie sich auf dem äquatorialguineischen Festland so schnell zurechtgefunden hatte, ohne Geld und ohne Ausrüstung. Sie verfügte über alte Beziehungen, und dieser Mann war eine Figur aus ihrer unbekannten Vergangenheit … »Vanessas« unbekannter Vergangenheit. Bradford schob sich ein Stück nach oben und lehnte sich an die hintere Wand. »Bin ich als Gast hier oder als Gefangener?«
Francisco Beyard erwiderte achselzuckend: »Ich würde Sie nicht als Gefangenen bezeichnen. Eine Flucht aus diesem Zimmer, aus diesem Haus, wäre relativ einfach, und falls Sie sich in den Straßen von Douala verlieren würden, würden Sie mir meinen Job erheblich erleichtern. Sie haben die Sachen mitgebracht, die Vanessa braucht, also können Sie jederzeit gehen. Aber Sie wollen ja gar nicht gehen, Sie sind ja fest entschlossen, mit uns nach Äquatorialguinea zurückzukehren, und darum sitzen wir beide hier in diesem Zimmer und führen dieses«, er unterbrach sich, »dieses Gespräch.«
»Ich würde gern mit Michael sprechen, falls sie in der Nähe ist.«
»Ich fürchte, das ist nicht möglich. Schauen Sie, Mr Bradford …«
»Miles.«
Beyard nickte. »Schauen Sie, Miles, dieses ganze Projekt oder auch das Mädchen, das Sie zu finden hoffen, das ist mir persönlich vollkommen egal. Mein Interesse – mein einziges Interesse –
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