Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
mit einem eigenen Schlüssel, ausfindig machen. Der Grenzübergang wurde offiziell zwar erst um fünf Uhr geschlossen, doch da der Posten verlassen war, praktisch kein Verkehr herrschte und es bereits Nachmittag war, mussten sie davon ausgehen, dass die zuständigen Beamten bereits Feierabend gemacht hatten. Und es war alles andere als unwahrscheinlich, dass mindestes einer der Betreffenden bereits in sein Dorf zurückgekehrt war und den Schlüssel über Nacht mitgenommen hatte.
Durch die Staubschicht auf Beyards Windschutzscheibe hindurch sah sie, wie er, auf das Lenkrad gestützt, jede ihrer Bewegungen verfolgte. Als sie auf ihn zutrat, stieg er aus. »Drei Schlösser«, sagte sie. »Schalter unbesetzt.« Sie starrte in Richtung Stadt. Irgendwo in diesen Straßen, in einer Bar, einem Hotel oder Restaurant, saß ein Unbekannter und rechnete mit ihrer Ankunft in einer Woche, wartete nur darauf, Meldung zu machen und so dafür zu sorgen, dass sie niemals nach Mongomo kam.
Hätten sie sich für eine andere Verkleidung entschieden oder mehr Zeit gehabt, wäre es vielleicht klüger gewesen umzukehren, nach Westen zu fahren und sich dann irgendwie über die grüne Grenze durchzuschlagen. Hier jedenfalls saßen sie auf dem Präsentierteller wie Zielscheiben auf einem Schießstand, und falls ihre Tarnung als israelischer Militärkonvoi zu durchsichtig war, würden sie das sehr schnell zu spüren bekommen.
Frauen und Kinder näherten sich den Fahrzeugen. Manche versuchten, durch das Beifahrerfenster hindurch Bradfords Aufmerksamkeit zu gewinnen, andere umringten Beyard und Munroe, und alle wollten sie irgendetwas verkaufen. Ein kleiner Junge, vielleicht acht, neun Jahre alt, balancierte eine schmutzige Plastikschüssel mit Bananen auf dem Kopf. Beyard besah sich einen Bund und kramte eine Handvoll Kleingeld aus der Hosentasche. Er ging in die Knie, sodass er auf Augenhöhe mit dem Jungen war, gab ihm das Geld und lächelte Munroe beherzt an. Die Suche nach den vermissten Grenzbeamten hatte begonnen.
Es dauerte dreißig Minuten, bis sie den ersten und noch einmal vierzig, bis sie den zweiten Schlüsselträger entdeckt hatten. Nach zwei Stunden hatten sie auch den dritten aufgetrieben, allerdings so betrunken, dass er nicht einmal mehr in der Lage war, seinen Schlüssel zu suchen, so lange, bis Munroe, die keine Lust hatte, Bestechungsgeld zu zahlen oder abzuwarten, bis das Spielchen zu Ende gespielt war, anfing, ein paar Namen zu erwähnen. Die impliziten Drohungen sorgten dafür, dass der verschwundene Schlüssel schnell wieder auftauchte, und der Konvoi erreichte die Stadt Ebebiyín. Mittlerweile waren wohl selbst die unfähigsten Beobachter auf ihre Ankunft aufmerksam geworden. Falls also jemand auf sie wartete – und dessen war Munroe sich absolut sicher –, hatte der Betreffende zumindest noch nichts darüber verlauten lassen, dass er die tatsächlichen Absichten des Konvois kannte.
Der Ort hatte mehrere tausend Einwohner und war ein Drehkreuz zwischen Gabun, Kamerun und Äquatorialguinea, ein Marktplatz und Knotenpunkt, ein kleines Gitternetz aus überwiegend unbefestigten Straßen, die von weiß getünchten Häusern mit roten Flecken gesäumt wurden. Wie in den meisten ländlichen Orten des Kontinents floss das Leben auch hier ausgesprochen zäh dahin. Es dauerte keine zehn Minuten, dann hatten sie die weit verzweigten, staubigen Straßen hinter sich gelassen und befanden sich auf dem schmalen, aber asphaltierten Band in Richtung Mongomo. Als keine Gefahr mehr durch neugierige Stadtbewohner drohte, bog Munroe von der Straße ab.
Unter dem freien Himmel, den die Asphaltschneise bot, konnten üppige Schlingpflanzen wie entfesselt wuchern und bildeten eine dichte, grüne Wand zu beiden Seiten der Straße. Munroe und Beyard konnten von jedem vorbeifahrenden Auto aus gesehen werden, und so beeilten sie sich, tauschten die kamerunischen Kennzeichen und Papiere gegen äquatorialguineische aus, verstauten die alten hinter den Türverkleidungen und waren schon wenige Minuten später wieder auf der Straße. Ihre Fahrzeuge waren jetzt auf den Staatspräsidenten zugelassen. Sie waren noch achtzig Kilometer von Mongomo entfernt, und angesichts der guten Straßenverhältnisse konnten sie die Stadt am frühen Abend erreichen. Trotzdem wollten sie bis zum Sonnenaufgang warten. Es war besser, für ihren geplanten Besuch einen ganzen Tag vor sich zu haben. Außerdem hätten sie zu viel Aufmerksamkeit erregt, wenn sie in Mongomo
Weitere Kostenlose Bücher