Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
riskantes Unterfangen werden würde. Diese Nacht war die Ruhe vor dem Sturm.
Ruhe.
Munroe holte noch einmal Luft und spürte, wie die Entspannung langsam von ihr Besitz ergriff.
Früh am Morgen erreichten sie Mongomo. Das hektische Durcheinander auf den Straßen befand sich noch im Anfangsstadium. Für ein Dorf am Rande der Zivilisation, fernab jeder Industrie und von riesigen Flächen üppiger Vegetation umgeben, machte Mongomo einen verblüffend modernen Eindruck – beredtes Zeugnis dafür, dass das Geld aus den Erdölvorkommen seinen Weg in den weitläufigen Familienclan gefunden hatte, der den Präsidentenpalast bevölkerte.
Kurz nach acht Uhr hielten sie vor der Polizeiwache der Stadt an, und während Beyard bei den Fahrzeugen blieb und unaufhörlich den lokalen Funkverkehr abhörte, suchten Munroe und Bradford den hochrangigsten verfügbaren Offizier auf. Nach dem Austausch der üblichen Höflichkeiten hielt Bradford, der als Munroes Vorgesetzter auftrat, eine eindringliche Ansprache in einem fremdländisch klingenden Kauderwelsch, und Munroe, die sehr glaubwürdig den jüngeren Untergebenen verkörperte, übersetzte den Unsinn als eine Bitte um Unterstützung. Der Offizier stellte ihnen einen Beamten zur Verfügung, der sie zum Haus von Timoteo Otoro Nchama, stellvertretender Minister für Bergbau und Energie, führen sollte.
Das eingeschossige Gebäude mit viel Abstand zu den Nachbarhäusern lag, rund zehn Meter zurückgesetzt, in einer ruhigen, unbefestigten Straße. Sie mündete am hinteren Ende in einen grünen Fußweg, der zwischen Schlackesteinhäusern hindurch direkt in den Dschungel führte. Munroe fuhr einmal am Haus vorbei und dann, nachdem Beyard sich mit seinem Wagen am Anfang der Straße postiert hatte, brachte sie ihren Führer an seinen Arbeitsplatz zurück. Das hatte nichts mit Höflichkeit zu tun, sondern war eine rein taktische Maßnahme.
Beim zweiten Mal fuhr Munroe einmal bis ganz ans hintere Ende der Straße und kam dann wieder zurück, um direkt vor Nchamas Haus zu parken. Die Tatsache, dass keine Fahrzeuge davor standen, deutete darauf hin, dass der Minister nicht zu Hause war. Das Grundstück war frei zugänglich, sodass sie nicht unbedingt in der Falle saßen, sollte die Begegnung eher unangenehm verlaufen. Aber das bedeutete auch, dass sie von der Straße aus gesehen werden konnten. Die ersten Fußgänger und Nachbarn hatten bereits Notiz von ihnen genommen.
Munroe und Bradford gingen gemeinsam zur Haustür. Dort stellte sie sich an die Hauswand neben die Tür, sodass sie von drinnen nicht zu sehen war. Bradford klopfte dreimal auf das schwere Holz, und sie warteten schweigend ab. Als sie vorhin das erste Mal am Haus vorbeigefahren waren, hatten sie hinter den Fenstern Schemen erkannt, und Beyard hatte bereits bestätigt, dass seither niemand das Haus verlassen hatte. Nachdem noch ein Augenblick verstrichen war, nickte Munroe Bradford zu. Er klopfte noch einmal.
Gerade als er den dritten Versuch unternehmen wollte, ging die Tür auf. Eine ältere Frau in einem abgetragenen Kleid und mit flachen Schuhen blickte ihn desinteressiert und verdrießlich an. Vom äußeren Eindruck her wirkte sie wie ein Haus- oder Kindermädchen, aber es war schwer zu sagen. Sie hätte auch Mutter oder Schwester sein können. Die Frau sprach kein Englisch, und da Bradford keine der hier üblichen Sprachen beherrschte, reichte er ihr seine Visitenkarte und bedeutete ihr, sie mit ins Innere zu nehmen.
Ein paar Minuten später kehrte die Frau zurück und machte Bradford ein Zeichen, dass er ihr folgen solle. Munroe schloss sich an, und obwohl die Frau bei Munroes Erscheinen zunächst einmal verdutzt wirkte, hatte sie nichts dagegen und brachte die beiden kommentarlos ins Haus. Sie waren noch nicht weit gekommen, da kam eine zierliche, blonde Frau in den Flur gestürzt, erstarrte mitten in der Bewegung, riss den Mund auf und brach dann in Tränen aus. Aus dem engelsgleichen Teenager auf dem Highschool-Foto war eine Frau geworden, die deutlich älter wirkte, als sie war.
Eine kurze, unangenehme, von Schluchzern durchbrochene Stille entstand, dann sagte Bradford: »Na, so was, Kleine.« Er trat zu Emily und nahm sie in die Arme. Sie barg ihr Gesicht an seiner Brust, ihre Schultern zitterten bei jedem ihrer hastigen Atemzüge, und Bradford streichelte ihr über den Kopf und sagte, halb flüsternd: »Hey, alles wird gut, alles wird wieder gut.«
Angestrengt lächelnd blickte er zu Munroe hinüber. Von
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