Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
verschränkten Armen an den Türpfosten.
Im Inneren war es ziemlich eng – der größte Teil der Geschäftsfläche gehörte zu einem Kleiderladen. Der durch ein paar Stellwände davon abgetrennte Telefonservice bestand lediglich aus einem Tresen und vier dahinter liegenden, kleinen Pressspan-Kabinen.
Wie viele hundert solcher Läden überall in der Stadt profitierte auch dieser hier von der Unfähigkeit der staatlichen Telefongesellschaft, die Wochen, wenn nicht Monate brauchte, um einen Antrag auf einen Telefonanschluss zu bearbeiten. Außerdem verlangte sie für einen internationalen Anschluss eine Kaution in Höhe eines durchschnittlichen Jahresverdienstes.
Munroe nahm die Kabine, die am weitesten vom Eingang entfernt lag, und rief Kate Breeden an. Ohne sich von dem starken Widerhall in der Leitung irritieren zu lassen schilderte sie Breeden, was sie bis jetzt herausgefunden hatte, und teilte ihr mit, dass ihr nächstes Ziel Äquatorialguinea war.
»Weiß Burbank, was du vorhast?«, fragte Breeden.
»Ich habe vor der Abreise aus Europa mit ihm gesprochen. Er weiß, dass ich in Kamerun bin. Außerdem hat er mir einen Babysitter geschickt, also ist er bestimmt auf dem Laufenden. Ich rufe ihn an, sobald ich etwas Genaueres weiß, aber bis dahin wäre das reine Zeitverschwendung, für mich genauso wie für ihn.«
Der Hauptgrund für diesen Anruf war eine Vorsichtsmaßnahme: Solange Munroe in Äquatorialguinea war, würde sie sich regelmäßig einmal pro Woche melden. Sollte das einmal nicht der Fall sein, musste Breeden davon ausgehen, dass etwas schiefgelaufen war. Eine andere Möglichkeit gab es nicht. Breeden bewahrte Munroes Testament und ihre letzten Anweisungen auf. Im Fall der Fälle wusste sie, was zu tun war.
Das Gespräch hatte sechs Minuten gedauert, aber die Frau am Tresen berechnete ihr neun. Munroe legte das Geld für sieben Minuten auf den Tresen und deutete auf ihr Handgelenk. »Ich habe mitgerechnet.«
»Wissen Sie nicht«, gab die Frau zurück, »dass in den Vereinigten Staaten die Uhren anders ticken?«
»Auch in den USA dauert jede Minute sechzig Sekunden«, erwiderte Munroe, »genau wie hier in Kamerun.« Und dann, in der Stammessprache der Frau: »Sie haben Ihr Geld bekommen.«
Als sie wieder auf der Straße waren, sagte Bradford: »Wie viele Sprachen sprechen Sie eigentlich?«
»Steht in meiner Akte«, entgegnete sie trocken.
»Ja, ich weiß.« Er lächelte. »Als grobe Schätzung.«
»Zweiundzwanzig.«
Er stieß einen langen Pfiff aus. »Ist das so eine Art Weltrekord?«
»Noch vierzig dazu, dann würde ich vielleicht irgendwo in die Nähe kommen«, sagte sie. »Manchmal werden Dialekte mitgerechnet, manchmal nicht.«
»Wie machen Sie das? Ich meine, ich spreche sonst nur noch Arabisch. Von jeder anderen Sprache verstehe ich höchstens einzelne Wörter oder irgendwelche Bruchstücke. Wie schaffen Sie das?«
Sie zuckte die Achseln. »Ich weiß auch nicht. Sprachen sind mir schon immer einfach zugeflogen, so lange ich denken kann. Ein segensreicher Fluch oder eine vergiftete Gabe … wenn Sie verstehen.«
»Nein, nicht so richtig.«
Sie wandte sich zu ihm. »Ich habe immer alles verstanden, was um mich herum geredet wurde. Mit sechs konnte ich Englisch, dazu Mokpwe, das war die Stammessprache meines Kindermädchens, das Ibo unseres nigerianischen Fahrers, das Fang der Köchin und des Gärtners und außerdem noch Französisch, die offizielle Landessprache. Irgendwann habe ich angefangen, die unterschiedlichen Dialekte zu sprechen, und das hat die Einheimischen misstrauisch gemacht. Sie haben gesagt, ich sei eine Kinderhexe, weil ich Dinge wusste, die ich nicht hätte wissen dürfen. Sie hatten Angst vor dem Juju.«
»Juju?«
»Die Zauberkraft der Ahnengeister – in diesen Kulturen ist der Aberglaube sehr tief verwurzelt. Ich war jung, ich habe mir nicht viel dabei gedacht – wie gesagt, Sprachen sind mir einfach so zugeflogen –, und ich habe so viel Zeit bei den Einheimischen verbracht, dass das alles irgendwie noch erklärbar war. Aber dann bin ich als Teenager nach Douala gezogen und habe meine Kenntnisse erweitert. Als ich dann innerhalb weniger Monate auch noch Griechisch und Arabisch konnte, ist mir klar geworden, dass ich irgendwie anders bin.«
»Eigentlich erstaunlich, dass Sie nicht bei der NSA, der CIA oder irgendeiner anderen Buchstabensuppen-Organisation gelandet sind.«
»Mir ist aufgefallen, dass auch das in meiner Akte gefehlt hat.«
»Was denn?«
»Die
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