Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
wurden sie an ihre Plätze geschoben und festgemacht. Während die Aktion noch in vollem Gang war, ging Munroe hinunter in den Frachtraum, wo sie besser sehen konnte. Es dauerte keine halbe Stunde, bis alle drei Boote samt Ladung vom Meer verschwunden und im Bauch des Schiffes gelandet waren. Erst nach Abschluss der Arbeiten, als alle auf dem Weg zur Treppe waren, wurde sie von den Männern bemerkt.
Das Echo ihrer Schritte verstummte.
Beyard wischte sich die nassen Hände am Hosenhintern ab. »Ich bitte um Entschuldigung, meine Herren«, sagte er. »Darf ich euch unseren Gast vorstellen. Das ist Essa Munroe.«
Mit einem Mal redeten alle durcheinander, eine wilde Mischung verschiedenster Sprachen und Akzente. Beyard hob die Hände, und es wurde still.
»Sieht ganz so aus«, sagte er zu Munroe, »als sei dein Ruf dir vorausgeeilt.« Er zwinkerte ihr zu. »Aus irgendeinem unerfindlichen Grund bist du in diesem Teil der Welt so was wie eine Legende. Ich bin mir sicher, dass die Herren nur zu gerne die Gelegenheit nutzen und herausfinden wollen, ob die Geschichten, die sie gehört haben, auch wirklich wahr sind.«
Beyard stellte ihr sein Team vor, und sie gab jedem die Hand. Die Männer stammten aus vier Ländern – Rumänien, den USA, Südafrika und außer Beyard noch zwei aus Kamerun. Englisch war die Hauptsprache, auch wenn einige es eher schlecht beherrschten und sich ab und zu mit Französisch behelfen mussten.
Während des anschließenden Essens unterhielt Beyard seine Mannschaft mit Geschichten aus vergangenen Zeiten und nahm sich manches Mal auch die dichterische Freiheit der Übertreibung, wo es eigentlich keiner Übertreibung bedurft hätte. Munroe genoss die gute Stimmung und die lebhafte Schilderung von Ereignissen, die sie fast ein Jahrzehnt lang aus ihrem Bewusstsein verdrängt hatte. Beyard blickte sie zwischendurch immer wieder an. Jedes Mal wurde sie dabei rot.
Nach dem Essen wandelte sich die ausgelassene Stimmung und wurde zu ernsthafter Konzentration. Sie würden durch die Nacht nach Norden fahren und mussten vor der Übergabe noch etliche Vorkehrungen treffen. Die Kombüse leerte sich, und eine gespenstische Stille senkte sich über das Schiff.
Jetzt existierte nichts anderes mehr als die Zeit und das Schaukeln der Wellen. Munroe ging kreuz und quer über das Schiff, machte sich mit jedem Winkel vertraut und suchte dann, rastlos und ohne konkrete Aufgabe, nach Beyards Mannschaft. Doch bis auf einen Mann im Cockpit schien kein Crew-Mitglied an Bord geblieben zu sein. An Land war George Wheal Beyards Stellvertreter und auf See sein erster Offizier. Er war Afroamerikaner und hatte früher einmal bei den SEALs gedient, den Spezialeinheiten der US-Marine. Mit seiner Größe von einem Meter achtundneunzig überragte er alle anderen bei weitem.
Sie steckte den Kopf zur Tür hinein und klopfte an. »Darf ich dir Gesellschaft leisten?«
»Na klar, komm rein.« Wheals Stimme besaß einen ähnlich dröhnenden Klang wie die von Boniface Akambe.
Sie setzte sich auf den freien Stuhl neben ihm, und dann blickten sie beide aufs Wasser, während der Kutter die Küste entlang nach Norden stampfte. Schließlich durchbrach Munroe die Stille. »Und? Wie bist du in diesen ganzen Schlamassel hier geraten?«
Wheal ließ seinen Sessel herumschwingen, legte die gestreckten Zeigefinger zusammen und blickte sie über die Spitze hinweg an. »Wenn du in erster Linie gelernt hast, irgendwelche Sachen in die Luft zu jagen, dann hast du im zivilen Leben nicht allzu viele Möglichkeiten. Francisco hat jemanden gesucht, der sich mit Explosionen auskennt, und ich brauchte einen Job. Voilà.«
Sie musterte sein Gesicht und seine schokoladenbraune Haut, dann wandte sie sich zum Meer und lächelte. »Die Einheimischen behandeln dich anders als die anderen, oder?«
Wheal kicherte und fuhr sich über die nicht vorhandenen Haare. »Ja, genau, aber nur so lange, bis sie’s kapiert haben. Zuerst denken sie, ich wäre Beyards Dienstbote, oder, wenn wir durch den Busch gehen, ein Träger. Aber es hat durchaus Vorteile, wenn man ein bisschen größer ist«, sagte er mit einem Lachen, das den ganzen Raum ausfüllte. »Da haben die anderen zumindest ein bisschen Respekt.«
Sie nickte wissend. »Umgekehrt ist es ja kein bisschen anders. Wenn zu Hause von Afrika die Rede ist, haben auch alle bloß irgendwelche Tierfilme und Massaikrieger mit Speeren im Kopf.«
Wheal lächelte. »Ja, genau, umgekehrt ist es genauso.«
Danach saßen
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