Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
nicht wieder aufspringen konnte. Er setzte sich auf den Fahrersitz und musste seine Tür mehrfach mit Wucht zuknallen, bevor er den Motor startete. »Das Haus habe ich für sie gekauft«, fuhr er fort. »Habe es auf ihren Namen eintragen lassen. Das ist ihre Versicherung, damit kann sie in Freiheit leben, falls sie das eines Tages will – du weißt ja, wie es hier läuft. Und jetzt, wo überall in der Umgebung irgendwelche Ölgesellschaften aufgetaucht sind, ist es eine richtig wertvolle, kleine Immobilie geworden.«
Munroe wusste Bescheid. Wenn eine Frau in Äquatorialguinea heiratete, war sie dem Ehemann und seiner Familie verpflichtet, wurde oftmals zu einer Art Besitzgegenstand. Eine Scheidung war zwar theoretisch möglich, stellte in der Praxis jedoch eine unüberwindliche Hürde dar. Das Gesetz bestimmte, dass die Kinder aus der Ehe beim Mann blieben, während die Frau das Brautgeld zurückzahlen musste oder aber ins Gefängnis gesteckt wurde. Und ein Aufenthalt in einem der modrigen, gemischt-geschlechtlichen Gefängnisse des Landes war nicht viel besser als die Todesstrafe.
Das Fahrzeug stotterte vorwärts. »Ich nehme an, du bist meiner Meinung«, sagte Beyard, »dass mein Vertrauen gerechtfertigt und das Haus sicher ist.«
Munroe blickte ihn von der Seite an und verschränkte die Arme. »Ich bin deiner Meinung.« Sie unterbrach sich und wandte sich ihm zu. »Es mögen zwar neun Jahre vergangen sein, aber du hast dich nicht wirklich verändert. Alles hat seinen Preis. Du benutzt sie.«
Er nahm den Blick von dem unbefestigten Pfad, der angeblich eine Straße sein sollte, und sah sie an. »Das habe ich nie bestritten«, sagte er. »Tatsache ist: Ihr macht das nichts aus.«
»Und ihrem Mann, macht es dem auch nichts aus? Er kennt doch mit Sicherheit deine Geschichte, weiß, dass du dieses Grundstück benutzt, weiß, dass du manchmal hier bist, wenn er gerade nicht da ist … Darüber ist er doch bestimmt alles andere als glücklich. Er hätte wahrscheinlich nichts dagegen, wenn du spurlos verschwinden würdest.«
»Ach was«, entgegnete Beyard. »Ich habe die beiden schließlich miteinander bekanntgemacht. Er ist einer meiner besten Freunde.« Er zuckte mit den Schultern. »Es ist, wie es ist, Essa. Meine Beziehung mit Antonia ist seit vier Jahren beendet und, wenn ich das hinzufügen darf, nicht durch ihre Schuld. Ich bin der Verkorkste von uns beiden. Wir haben einen gemeinsamen Sohn, und ganz egal, wie die Dinge im Augenblick stehen, ich will, dass sie glücklich ist. Ob ich sie nun benutze oder nicht, sie hat auf jeden Fall mehr davon als ich, genau wie der Junge.« Er sah sie an. »Zufrieden?«
»Ich denke schon.« Und dann, nach etlichen Minuten des Schweigens: »Weiß dein Sohn eigentlich, dass du sein Vater bist? Siehst du ihn oft?«
»Ja. Und nein, nicht so oft. Als er sieben geworden ist, habe ich ihn nach Paris gebracht. Er wohnt bei Freunden von Antonias Familie und besucht eine der besten Schulen der Stadt. Und ja«, fuhr er als Antwort auf Munroes unausgesprochene Frage fort, »auf meine Kosten. Zweimal im Jahr lasse ich ihn nach Hause fliegen. Er soll zwei Welten zur Verfügung haben, zwischen denen er sich entscheiden kann, wenn er älter wird. Und ich habe vorgesorgt, für den Fall, dass mir etwas zustoßen sollte.« Er schwieg für einen Augenblick. »Du bist doch die Letzte, die sich darüber beklagen darf, wer wen benutzt und wer nicht. Schließlich benutzt du genau jetzt in diesem Moment mich dazu, das zu bekommen, was du willst.«
»Ich habe dir Geld angeboten. Wenn du das nicht haben willst, ist das nicht mein Problem.«
Beyard lächelte wissend, verstehend. »Essa, in deinem anderen Leben, bei anderen Leuten, da haben solche Worte vielleicht eine gewisse Bedeutung – aber nicht zwischen uns beiden. Du weißt doch genauso gut wie ich, dass wir solche Wortklaubereien nicht nötig haben. Wir wissen genau, wie der Mensch funktioniert. Und du benutzt mich doch . Du weißt genau, was ich noch mehr begehre als Geld, und genau damit fütterst du mich, wie mit einer Droge, in kleinen Dosen, so lange, bis ich süchtig bin. Glaub ja nicht, dass ich das nicht weiß. So, wie Antonia mir gestattet, sie zu benutzen, gestatte ich dir, mich zu benutzen. Du und ich, Vanessa, wir sind uns sehr ähnlich.«
Die Straße, die von Beyards Grundstück wegführte, war nicht mehr als ein furchiger Waldweg mitten durch das Unterholz. Immer wieder schnappten Zweige durch eines der geöffneten Fenster
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