Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
würde ich versuchen, zuerst noch ein bisschen mehr in Erfahrung zu bringen. Aber dir geht es womöglich auch an den Kragen, und außerdem kennst du dich hier besser aus als ich. Wie ist deine Einschätzung?«
»Ich finde, du solltest dich auf der Rückbank schlafen legen, und zwar so, dass dich niemand sehen kann«, erwiderte er. »Es gibt noch zwei andere Kneipen, wo ich vertrauenswürdige Bekannte habe. Mal sehen, was ich noch rauskriegen kann.«
Beyards Besuche in den beiden anderen Restaurants erbrachten nicht viel Neues: Ja, die Besitzer kannten Emily Burbank, bekamen sie aber nicht oft zu Gesicht, vielleicht einmal im Jahr. Der Geschäftsführer des La Ferme war sich sicher, dass sie nicht in Bata lebte, sondern in Mongomo. Beide bestätigten, dass vorgestern zwei Männer da gewesen wären und nach einer weißen Frau gefragt hätten, aber sie wussten nicht, warum.
Munroe lag mit geschlossenen Augen, die Arme über das Gesicht gelegt, auf der Rückbank des Peugeot und versuchte, den zahlreichen Sprungfedern, die den Bezug durchstoßen hatten, so gut wie möglich auszuweichen. Wirre Gedanken jagten ihr durch den Kopf, prallten aufeinander, verschmolzen zu etwas Neuem. Sie hatte es nicht mehr länger mit nur einem Rätsel zu tun, sondern mit zweien, vielleicht sogar dreien. Sie holte tief Luft, und mit jedem Atemzug wurde sie ein klein wenig klarer, ein klein wenig konzentrierter, bis sie in der Lage war, ihre neuen Erkenntnisse zu dem, was sie bereits wusste, in Zusammenhang zu setzen. Die neuen Puzzleteile mussten irgendwo passen, sie wusste nur noch nicht genau, wo. Gedankenfetzen lugten aus verborgenen Winkeln ihres Gehirns hervor und zogen sich wieder zurück.
Und dann, plötzlich, doch eine Verbindung. Der Außenminister und der Polizeichef von Malabo – als sie ihnen das Foto von Emily Burbank vorgelegt hatte, da hatten sie eine seltsame Miene aufgesetzt, die nichts anderes als verschleiertes Wiedererkennen gewesen sein konnte. Sie kannten Emily, und zwar persönlich. Ein wichtiges Puzzleteil hatte seinen Platz gefunden. Emily Burbank war die Konstante, sie war die eine Information, die einen Sinn ergab.
Wenn das, was sie heute erfahren hatte, wirklich stimmte, dann war Emily Burbank noch vor sechs Monaten in aller Öffentlichkeit in Bata gewesen. Niemand machte ein Geheimnis daraus, sie versteckte sich nicht und wurde auch nicht versteckt. Dennoch hatte sie während der letzten vier Jahre keinen Kontakt zu ihrer Familie aufgenommen – dabei musste ihr doch klar sein, dass ihre Angehörigen nach ihr suchen würden. Die Spur wurde deutlicher, sicht- und fühlbar, wartete nur darauf, entdeckt und verfolgt zu werden. Falls Munroe irgendwie nach Mongomo gelangen konnte, war Emily in Reichweite.
Doch abgesehen von Emily zerfielen die Ereignisse in lauter zusammenhanglose, wirre Stückchen. Munroe und Bradford waren seit ihrer Ankunft in Malabo permanent beschattet worden. Sie selbst war letztendlich auf dieses Boot verschleppt worden, während Bradford des Landes verwiesen worden war. Die Männer auf dem Boot mussten davon ausgehen, dass sie tot war. Genau das hatten sie mit Sicherheit auch ihren Auftraggebern berichtet, und sei es nur, um ihren katastrophalen Fehler nicht eingestehen zu müssen.
Wenn jetzt allerdings wieder nach ihr gesucht wurde, bedeutete das, dass irgendjemand in der lokalen Militärführung wusste, dass sie noch am Leben war und ihre Suche hier in der Gegend fortsetzen wollte. So unwahrscheinlich und tückisch es auch sein mochte, aber Munroe konnte sich der Möglichkeit nicht verschließen, dass die Männer, die ihr Foto herumzeigten, ihren Aufenthaltsort von jemandem aus ihrer unmittelbaren Umgebung erfahren hatten, von jemandem, der wusste, wohin sie wollte, von jemandem, der sie vom Augenblick ihrer Ankunft in Äquatorialguinea an beschatten lassen konnte.
Die Männer mit dem Foto waren vorgestern in Bata aufgetaucht. Wo war sie vor zwei Tagen gewesen? Irgendwo vor der nigerianischen Küste. Wer von den Menschen, die wussten, dass sie am Leben war, hatte auch gewusst, dass sie nach Bata wollte?
Logan? Ihm gegenüber hatte sie nicht erwähnt, wo sie war oder wo sie hinwollte.
Kate? Kate wusste über praktisch jeden ihrer Schritte genau Bescheid … aber Bata? Nein, davon war nicht die Rede gewesen.
Francisco? Bevor sie bei ihm zu Hause aufgekreuzt war, hatte er keine Ahnung gehabt, dass sie überhaupt in Äquatorialguinea war, also konnte er auch die Beschattung nicht
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