Mission Sphinx: Thriller
schüttelte er voll Bitterkeit den Kopf und warf das Papier mit einer verächtlichen Geste auf den Tisch. »Genauso habe ich mir das vorgestellt. Am Ende wird gar nichts aus der ganzen Geschichte. Und so viele Menschenleben sind sinnlos vergeudet worden. Ohne Zweifel werden sie alle verhaftet und erschossen werden.«
Schellenberg nahm seine Zigarettendose vom Schreibtisch, zog eine heraus, zündete sie an und inhalierte den Rauch langsam, als ob er sich das, was er noch berichten würde, genüßlich auf der Zunge zergehen lassen wollte.
»Es ist eine ziemliche Katastrophe, keine Frage. Und so kurz vor dem Ziel! Skorzenys Männer sind doch schon unterwegs.
Ich lasse sie zurück nach Rom beordern - die Alliierten würden sie ganz sicher vor der Landung abschießen. Aber es gibt leider Kommunikationsprobleme mit Rom. Die Verbindung wird immer wieder unterbrochen. Wir versuchen es natürlich weiter, aber als Vorsichtsmaßnahme habe ich unsere
Nachtkampfflugzeuge, die von Kreta aus das Mittelmeer überwachen, benachrichtigt, daß sie die beiden Dakotas abfangen sollen, bevor es zu spät ist. Wir können nur beten, daß wir den Sturmbannführer rechtzeitig erreichen. Der Führer ist natürlich bitter enttäuscht. Ich habe mit ihm am Telefon gesprochen, bevor du gekommen bist, und seine Stimmung war alles andere als gut, nachdem ich ihn informiert habe. Aber er hat immer noch Hoffnung.«
Canaris starrte Schellenberg an, als ob er wahnsinnig geworden wäre. »Hoffnung? Aber es ist doch alles vorbei, Himmelherrgott.«
»Noch nicht ganz. Tatsächlich fängt der interessante Teil erst an.« Schellenberg lächelte leise.
Canaris sah Schellenberg mißtrauisch an. »Ich kann dir nicht ganz folgen.«
Schellenberg stand auf und kam hinter seinem Schreibtisch hervor. »Das glaube ich dir, mein lieber Wilhelm, aber jetzt ist es an der Zeit, daß du die Wahrheit erfährst. Sicher erinnerst du dich an die erste Regel perfekter Geheimdienstarbeit: Man muß dem Gegner immer einen Schritt voraus sein. Und wie du gleich sehen wirst, habe ich meine beste Karte bis zum Schluß aufbewahrt. Und ich glaube, sie wird dich überraschen.«
Schellenberg ging ans Fenster und blickte auf die zugeklebten Scheiben. Er hatte eine Hand auf den Rücken gelegt, in der anderen hielt er die Zigarette. »Ich denke, daß du auch schon einmal Gerüchte über meinen Agenten Nachtigall gehört hast?«
»Ja, aber nur Gerüchte. Warum?«
»Und was genau wird da geklatscht?«
Canaris zuckte die Achseln. »Daß niemand außer dem Führer und einer Gruppe von engsten Vertrauten aus den obersten Rängen des SD seine wirkliche Identität kennen. Daß er der beste Agent ist, den deine Organisation je ausgebildet hat.
Rücksichtslos. Schlau. Voll engagiert.«
Schellenberg nickte zustimmend. »Das ist nicht übertrieben.
Nachtigall ist tatsächlich einer unserer professionellsten Agenten. Hochintelligent und äußerst phantasievoll.
Vollkommen ruhig unter Druck, zeigt keine Furcht und hat sich der jeweils gestellten Aufgabe stets voll und ganz verschrieben.
Ich glaube, du wirst mir recht geben, wenn ich sage, daß man so auch einen sehr fähigen Attentäter beschreiben könnte?«
Canaris’ Mund wurde plötzlich trocken. »Was soll das heißen?«
»Nachtigall gehört zur Gruppe in Kairo und wird versuchen, dort weiterzumachen, wo Halder und Skorzeny versagt haben.«
Canaris starrte ihn verständnislos an, als Schellenberg fortfuhr. »Ich habe dir doch gesagt, Wilhelm: Was auch immer geschieht, Roosevelt ist unser Hauptziel. Und jetzt ist er unser einziges Ziel. Und Nachtigall ist unsere letzte Karte - unsere letzte Hoffnung auf ein Gelingen unserer Mission. Unser As.«
Canaris war fassungslos. »Aber - wer ist er denn?«
Schellenberg schüttelte den Kopf. »Nicht er - sie, um genau zu sein. Rachel Stern!«
Der Schock stand Canaris ins Gesicht geschrieben.
Schellenberg ließ ihm etwas Zeit, bevor er weitersprach. »Das ist natürlich nicht ihr richtiger Name, aber für den Augenblick wird er reichen.«
»Du machst wohl Witze.«
Schellenberg machte ein beleidigtes Gesicht, kam vom Fenster zurück und setzte sich wieder. »Bei diesem Thema mache ich keine Witze.«
»Aber - aber das ist einfach unglaublich.«
»Da gibt es einige Dinge, die du wissen solltest. Vor dem Krieg war sie bereits unsere Spitzenagentin in Ägypten und hat uns mit unschätzbaren Informationen versorgt - über militärische Einrichtungen, über nationalistische Gruppen, die den
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