Mission Spyflight
drehten sich.
Aaro fuhr hoch. Er war nicht mehr im finnischen Moor, sondern in einem Brettergefängnis jenseits der russischen Grenze. Der Schlaf hatte ihn übermannt, er hatte sich auf den stinkenden Strohhaufen gelegt und war eingeschlummert.
Aber das Geräusch war das gleiche. Aaro stand auf und ging zu seinem Sehschlitz in der Wand. Ja: Das Gerät mit dem Tarnmuster war deutlich auf dem sandigen Gelände zu erkennen. Zwischen dem Flugapparat und dem Hangar standen zehn, zwölf Männer, manche in weißen Kitteln, |193| andere in grünen Militäruniformen. Mindestens zwei von ihnen hatten Sturmgewehre bei sich.
Vor den Torflügeln der Halle stand der dunkelhaarige Russe, den er von dem Mercedeshandel kannte.
Aaro biss die Zähne zusammen. Er wusste, dass er tief in der Tinte saß.
Langsam hob das Gerät ab, einen halben Meter weit, dann setzte es wieder auf. Das Landegestell schrammte über den Boden. Danach stieg das Gerät erneut senkrecht auf. Der Luftstrom der Propeller wirbelte Sand auf und brachte die Männer, die den Start bewunderten, zum Husten. Bald darauf war der Apparat aus Aaros Blickfeld verschwunden, die Männer starrten nach oben und brachen in raue Hurrarufe aus.
Sie haben es zum Funktionieren gebracht, dachte Aaro. Was das für sein Schicksal bedeutete, daran wollte er lieber nicht denken.
Es war heiß, die Vögel sangen im Park, die Frühaufsteher unter den Touristen schlenderten mit ihren Kameras über die Wege, aber Nikos Stimmung hätte nicht gegensätzlicher sein können zu der vermeintlichen Glückseligkeit des sorglosen Sommertages.
Er war überrascht, als ein alter amerikanischer Van mit verdunkelten Scheiben vor ihm anhielt. Der tief grummelnde GMC hatte seine besten Tage längst hinter sich und passte eigentlich nicht besonders gut zu einer Sondereinheit von Zentralkripo und SiPo. Er hätte eher zu einem Hells Angel gepasst, der ein vierrädriges Ersatzfahrzeug |194| brauchte, weil seine Harley gerade in der Inspektion war. Andererseits war das vielleicht gerade angemessen.
Die Tür ging auf und ein dunkelhaariger Mann in Jeans, der trotz der Hitze eine Jacke trug, sah Niko von der Rückbank aus an.
»Niko?«
»Ja«, antwortete Niko und stieg ein. Der Wagen fuhr sofort los, dank der ausgeleierten Federung schwankte er dabei träge.
»Kommissar Maula«, sagte der Mann und gab Niko die Hand.
Der Händedruck war wirklich zupackend, stellte Niko fest. Auch der tätowierte Drache auf dem Handrücken des Kommissars blieb ihm nicht verborgen.
Diese Kerle wussten tatsächlich, wie man sich in Verbrecherbanden einschleuste, dachte Niko beeindruckt. Echte Profis.
|195| DRITTER TEIL
|197| 36
Major Sabalin sah auf die Uhr und spitzte die Ohren. Der General war fast eine Viertelstunde zu spät, aber jetzt hörte man in der Ferne das Geräusch eines Motors. Sabalin blickte auf die roten Kiefernstämme, hinter denen eine Staubwolke zu erkennen war. Ein Blinken verriet, dass ein Sonnenstrahl die Windschutzscheibe traf.
Sabalin richtete den Blick zum Himmel und wischte sich die Schweißtropfen von der Stirn. Die Hitze kündigte ein Gewitter an, aber noch waren die Wolken weit weg. Ihre aschegraue Farbe gefiel dem Major allerdings nicht. Er streckte den Rücken durch, als das schwarze Auto durch das Tor des Stützpunktes rollte, und fragte sich, wie sich das Klima innerhalb von wenigen Hundert Kilometern zwischen Westfinnland und Karelien so sehr ändern konnte.
»Wir haben schon auf Sie gewartet«, sagte Major Sabalin mit einer Art Lächeln, als der General aus dem Fahrzeug stieg. »Willkommen in Karelien.«
General Ruslan Aristow nahm eine dicke kubanische Zigarre aus der Brusttasche, biss ein Ende ab und riss ein Streichholz an. »Ich weiß, wo ich bin. Mein Vater war bei der Eroberung der Karelischen Landenge im Krieg dabei – und ist hier auch geblieben.«
|198| Sabalin fiel keine Antwort darauf ein, weshalb er dem General bedeutete, ihm zu folgen. SmallTalk war nicht seine Stärke und diese Eigenschaft verband ihn mit der Mentalität der Finnen. Auch der General schien nicht in Plauderlaune zu sein. Sabalin beschleunigte die Schritte, um den Zigarrenqualm des Generals hinter sich zu lassen.
»Wie war die Reise von Moskau hierher?«, fragte Sabalin schließlich, als ihm das Schweigen des Generals doch unangenehm wurde.
Der General nahm die Zigarre zwischen seine dicken Finger und blies den Rauch aus den Nasenlöchern. »Reden wir nicht davon. Sie wollten mir etwas
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