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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Überführung nach Berlin zu veranlassen, wo er vor Gericht gestellt werden soll.»
    «Mehr nicht?»
    «Was sollte denn sonst noch sein?»
    «Na ja, ich meine nur, das hätten wir auch allein hinbekommen, ohne dass du extra nach Paris kommst. Du sprichst doch noch nicht mal Französisch.»
    «Aber ich bin Mielke schon mal begegnet, Paul. Falls er sich einen anderen Namen zugelegt hat, und davon ist auszugehen, kann ich ihn immer noch identifizieren.»
    «Stimmt. Jetzt fällt’s mir wieder ein. In Hamburg ist er uns knapp durch die Lappen gegangen, nicht?»
    «Genau.»
    «Ziemlich viel Aufwand für einen einzigen Mann. Bist du sicher, dass nicht noch was anderes dahintersteckt?»
    «Wenn Heydrich etwas will, dann bekommt er es auch.»
    «Wie wahr», sagte Kestner. «Na denn. Sollen wir zu Fuß gehen? Wir haben schönes Wetter heute.»
    «Sind wir denn sicher hier?»
    Kestner lachte. «Vor wem? Den Franzosen?» Er lachte wieder. «Eines kann ich dir über die Franzosen sagen, Bernie. Die haben kapiert, dass es in ihrem Interesse liegt, mit uns Fridolins klarzukommen. So nennen sie uns. Ziemlich viele von denen sind sogar ganz froh, dass wir hier sind. Ich sage dir, die haben mehr gegen die Juden als wir.» Er schüttelte den Kopf. «Nein. Von den Franzosen hast du nichts zu befürchten, mein Freund.»
    Anders als Kestner sprach ich kein Wort Französisch, aber es war nicht schwer, sich in Paris zurechtzufinden, weil es an jeder Straßenecke deutsche Hinweisschilder gab. Wie gern hätte ich auch in meinem Kopf einen Wegweiser gehabt, um zu entscheiden, was ich mit Kestner machen sollte.
    Kestners Französisch war perfekt, jedenfalls hörte er sich für meine Fridolin-Ohren wie ein Franzose an. Sein Vater, ein Chemiker, war aus Empörung über die Dreyfus-Affäre mit seiner Familie aus dem Elsass nach Berlin gezogen, das damals weltoffener als Frankreich war. Paul war bei dem Umzug erst fünf Jahre alt gewesen, doch seine Mutter hatte auch danach nur Französisch mit ihm gesprochen.
    «Deshalb bin ich auch hierherversetzt worden», sagte er, während wir Richtung Seine schlenderten.
    «Ich hab mir schon gedacht, dass du nicht wegen deiner Liebe zur Kunst hier bist.»
    Das Hotel du Louvre in der Rue de Rivoli war zwar älteren Baujahrs als das Lutetia, ihm aber nicht unähnlich mit seinen vier Fronten und mehreren hundert Zimmern. Der internationale Ruf als Luxusherberge hatte es zur ersten Wahl von Gestapo und SD gemacht. Die Sicherheitsvorkehrungen waren genauso streng wie in meiner eigenen Unterkunft. In einem provisorischen Wachraum gleich hinter dem Eingang mussten wir uns schriftlich anmelden. Ein SS -Ordonnanzoffizier eskortierte uns durch die Eingangshalle und eine geschwungene Treppe hinauf zu den öffentlichen Räumen, in denen der SD behelfsmäßige Büros eingerichtet hatte. Kestner und ich wurden in einen eleganten Salon mit opulenten roten Teppichen und einer Reihe handgemalter Wandbilder geführt. Wir setzten uns an einen langen Mahagonitisch und warteten. Einige Minuten vergingen, dann traten drei SS -Offiziere ein, von denen ich einen wiedererkannte.
    Das letzte Mal war ich Herbert Hagen 1937 in Kairo begegnet, als er und Adolf Eichmann versuchten, Kontakt zu Hadsch Amin herzustellen, dem Großmufti von Jerusalem. Damals war Hagen Oberscharführer gewesen, und zwar ein ziemlich unfähiger. Jetzt war er Sturmbannführer und Adjutant von Standartenführer Helmut Knochen. Dieser war ein düsterer Typ um die dreißig, also etwa im selben Alter wie Hagen. Der Dritte im Bunde, ebenfalls ein Sturmbannführer, war älter als die anderen beiden, trug eine dicke Hornbrille. Sein Name war Karl Bömelburg und sein Gesicht ebenso dünn und grau wie die Biese an seiner Mütze. Es war jedoch Hagen, der die Leitung der Sitzung übernahm und rasch zur Sache kam, ohne unsere frühere Begegnung zu erwähnen. War mir nur recht.
    «Wir haben Anweisung von Obergruppenführer Heydrich erhalten, Sie in jeder Hinsicht bei der Festnahme des gesuchten kommunistischen Mörders zu unterstützen», sagte er. «Sie müssen sich jedoch darüber im Klaren sein, dass die Lager Le Vernet und Gurs nach wie vor von der französischen Polizei kontrolliert werden.»
    «Ich hatte angenommen, sie würden unserem Auslieferungsantrag stattgeben», sagte ich.
    «Das werden sie auch», sagte Knochen. «Dennoch liegen beide Lager laut den Bedingungen des Waffenstillstands vom 22. Juni in der unbesetzten Zone. Das bedeutet, wir müssen die Franzosen

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